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Lohr
Erstmals seit gut 60 Jahren: Lohrer Karfreitagsprozession abgesagt
Das traditionelle Ritual, das alljährlich Tausende von Menschen in die Stadt zieht, fällt heuer aus.
Rund 10 000 Menschen säumten im vergangenen Jahr die Straßen bei der Karfreitagsprozession, die auf eine mindestens 363-jährige Tradition zurückblickt. Erstmals seit dem Ersten Weltkrieg fällt sie heuer aus.
Foto: Roland Pleier | Rund 10 000 Menschen säumten im vergangenen Jahr die Straßen bei der Karfreitagsprozession, die auf eine mindestens 363-jährige Tradition zurückblickt. Erstmals seit dem Ersten Weltkrieg fällt sie heuer aus.
Roland Pleier
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:15 Uhr

Sie hat eine Tradition von mindestens 364 Jahren und lockt alljährlich Tausende von Menschen in die Stadt. In diesem Jahr aber wird die Lohrer Karfreitagsprozession nicht stattfinden.

Darauf einigten sich Stadtpfarrer Sven Johannsen und Joachim Salzmann, der Vorsitzende des Förderkreis Lohrer Karfreitagsprozession am Montagvormittag. "Wir haben uns heute noch zweimal kurzgeschlossen", erläuterte Salzmann auf Nachfrage der Redaktion. Zunächst war beabsichtigt, die Gruppenobleute einzubinden – also jene, die eine der 13 Stationen betreuen. "Aber dann hat uns die ganze Sache überholt. Die Absage ist der Situation geschuldet", führt Salzmann aus. Die "Situation" ist natürlich der Corona-Katastrophenfall.  

Auf Geheiß des Bischofs und Ministerpräsidenten

"Das war jetzt nicht mehr unsere Entscheidung,", verdeutlichte Johannsen. "Das wurde verordnet." Nachdem der Würzburger Bischof Franz Jung am Montag alle Gottesdienste ausgesetzt und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder den Notstand ausgerufen hat, sei keine andere Wahl mehr geblieben. 

Laut Karl Anderlohr, einem profunden Kenner der Lohrer Stadtgeschichte und speziell der Karfreitagsprozession, dürfte die Prozession letztmals in den 1950er Jahren ausgefallen sein – wegen Regens. "Damals gab's das öfters." Erst mit zunehmender Zuschauerzahl habe man sie auch bei widrigem Wetterbedingungen durchgeführt.

Wenn die Träger fehlen ...

In den Kriegsjahren zur Zeit des Nationalsozialismus, so Anderlohr, sei sei es sicher schwierig gewesen. Er geht davon aus, dass es kleinere Prozessionen in gekürzter Version mit weniger Stationen waren - zumal in Kriegszeiten auch Träger gefehlt hätten. Schwer vorzustellen auch, dass es 1945 eine Prozession gegeben hat, als der Einmarsch der US-amerikanischen Streitkräfte Anfang April unittelbar bevorstand.

Was die Kontinuität im Ersten Weltkrieg angeht, gebe es zwar Leute die kolpotieren, sie habe unentwegt stattgefunden, so Anderlohr weiter. Er aber glaube das nicht. "Es muss Pausen gegeben haben", ist er sich sicher. Nicht anders wäre zu erklären, dass der damalige Stadtpfarrer 1919 aufgerufen habe, "nachdem die Prozession jetzt wieder stattfindet" die Figuren zu säubern und Träger zu rekrutieren. 

"Es ist ein Jahreshöhepunkt, der fehlt – das ist das ideelle", bewertete Joachim Salzmann die Situation. Wirtschaftlich werde es sich bei den Gaststätten bemerkbar machen. Weitere Folgen gebe es nicht. "Für uns als Aktive ist es kein großer Aufwand: Wir haben keine Struktur. Die Obleute wissen bescheid. Sie fällt halt einfach aus."

 
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