
Die SPD prescht vor. Als erste Gruppierung haben die Sozialdemokraten einen Kandidaten für die Lohrer Bürgermeisterwahl im März 2026 präsentiert. Sein Name: Marc Nötscher. Am Freitagabend wurde er im alten Rathaus der Öffentlichkeit vorgestellt. In seiner "Nominierungsrede" ließ der Kandidat durchblicken, wo und wie er als Rathauschef andere Schwerpunkte setzen würde.
Dass Nötscher der Kandidat der SPD sein würde, war seit geraumer Zeit ein offenes Geheimnis. Der 28-Jährige ist seit sechs Jahren Vorsitzender des aktuell 87 Mitglieder zählenden SPD-Ortsvereins, seit diesem Jahr auch Co-Vorsitzender auf Kreisebene. Seit einigen Wochen gehört Nötscher auch dem Stadtrat an. Er ist aber nicht nur Kommunalpolitiker, sondern auch Fußballschiedsrichter. Die Fähigkeiten, die man dabei benötige, seien allesamt auch für das Bürgermeisteramt hilfreich, schlug Nötscher den Bogen vom Fußballfeld ins Rathaus: "Ein guter Schiri weiß, wann er eingreifen muss oder das Spiel laufenlassen kann."
Gute Kommunikation sei auf dem Sportplatz ebenso wichtig wie in der Stadtpolitik. Als Schiedsrichter wie als Bürgermeister müsse man für Fairness sorgen, bei Bedarf aber auch "klare Kante zeigen", sagte Nötscher. Seine Bereitschaft dazu untermauerte er, indem er am Rednerpult die sonst auf dem Fußballplatz bei Verwarnungen und Platzverweisen zum Einsatz kommende gelbe und rote Karte zückte. Ein guter Schiri müsse das Beste aus den Spielern und dem Spiel rausholen, blieb Nötscher im Bild. Das gelte auch für einen Bürgermeister im Rathaus. Er stehe für einen respektvollen Umgang und wolle ein Bürgermeister sein, der nahbar ist, sagte Nötscher schon ganz im Wahlkampfmodus.
Junge Menschen stärker einbinden
Mit Blick auf Themenfelder der Stadtpolitik skizzierte er in seinen Augen bestehenden Mängel und Schwerpunkte, die er als Bürgermeister setzen wollen würde: Durch das jahrelange Aufschieben von Projekten sei in Lohr ein Investitionsstau aufgelaufen. Die Stadt brauche jedoch eine stabile Infrastruktur ebenso wie bezahlbaren Wohnraum.
Besonders am Herzen lägen ihm Familien und die Jugend. "Ich verspreche, dass ich junge Menschen stärker einbinden würde", sagte der ehemalige Vorsitzende des Jugendbeirats. In der Vergangenheit seien etliche Ideen und Wünsche der Jugend von der Rathausspitze trotz gegenteiliger Ankündigungen wieder einkassiert worden.
Das Ehrenamt als "Rückgrat unserer Gemeinschaft" wolle er auch durch eine stärkere Anerkennungskultur stützen und ausbauen, nannte Nötscher ein weiteres Ziel. Dem Wirtschaftsstandort Lohr wolle er mehr Aufmerksamkeit schenken, wozu es eine offene und partnerschaftliche Kommunikation zwischen Rathaus und Unternehmen brauche.
"Lohr liegt mir am Herzen", sagte Nötscher und forderte dazu auf, die Herausforderungen gemeinsam anzupacken. Neben viel Applaus erhielt der Kandidat reichlich Lob von der Parteiprominenz. Ronja Endres, seit April alleinige Landesvorsitzende der Bayern-SPD, sagte, dass Lust und Freude an der Demokratie am besten an der Basis erzeugt werden könnten, also in der Kommunalpolitik. Umso wichtiger sei es, einen "hervorragenden Kandidaten" wie Nötscher zu haben.
"Junger Bursch, reifer Typ"
Der Bundestagsabgeordnete Bernd Rützel bezeichnete Nötscher als "jungen Burschen aber reifen Typen", verwurzelt in der Stadt und "immer da". Wie Rützel hob auch die Landtagsabgeordnete Marina Fehlner die Bedeutung der politischen Arbeit vor Ort für das Bewahren der Demokratie hervor. Entscheidungen und Agieren der Kommunalpolitik bestimmten das Bild der Bürger vom Zustand im Land unmittelbar.
Sven Gottschalk, SPD-Fraktionsvorsitzender im Kreistag, bezeichnete Nötscher als "menschliches Juwel", schon in jungen Jahren klar positioniert und "eine Lohrer Persönlichkeit". Thomas Nischalke, Fraktionsvorsitzender der SPD im Stadtrat, skizzierte, was ein Bürgermeisterkandidat mitbringen müsse: anpacken statt jammern, Erfahrung in politischen Ämtern sowie im Ehrenamt, Führungsqualität und die Fähigkeit, zuzuhören und ausgleichend zu wirken. Deswegen gehe man mit Nötscher ins Rennen.
Grund für frühe Präsentation
Dass die SPD ihren Kandidaten bereits jetzt präsentiere, liege daran, dass man viel Zeit haben wolle, um in der Öffentlichkeit das Profil von Partei und Kandidat darzustellen, erklärte Nischalke. Nötscher selbst erklärte gegenüber der Redaktion, dass man auch möglichen Stadtratskandidaten für die Wahl 2026 ein deutliches Signal habe geben wollen.
Als Bürgermeisterkandidat wird Nötscher sicher nicht der Einzige bleiben. Schon länger steht fest, dass für die CSU 2026 wie schon 2020 Dirk Rieb antreten wird. Bei den Grünen ist der designierte Kandidat Clemens Kracht. Er war am Freitag zusammen mit einigen anderen Grünen Gast bei der Präsentation Nötschers, was die Nähe der beiden politischen Gruppierungen in Lohr belegte.
Bei den Bürgermeisterwahlen 2014 und 2020 waren die Grünen noch mit dem derzeitigen Amtsinhaber Mario Paul ins Rennen gegangen, jeweils mitgetragen von der SPD. Doch die Grünen und Paul haben sich über die Jahre merklich entfremdet. Die SPD, so ist zu hören, hatte daraufhin bei Paul angefragt, ob er für die Genossen kandidieren wolle. Doch Paul lehnte ab. Ob sich der Amtsinhaber 2026 als unabhängiger Kandidat für eine weitere, dann dritte Amtsperiode bewerben wird, ist offen. Paul hat angekündigt, sich im März 2026 dazu zu äußern.
Die SPD, so erklärte Nötscher gegenüber der Redaktion, habe 2026 auf jeden Fall mit einem eigenen Kandidaten ins Rennen gehen wollen. Dass er dann der mit Abstand jüngste Bewerber für das Lohrer Bürgermeisteramt sein dürfte, wertet der 28-Jährige nicht als Nachteil: Es gehe darum, dass die Kandidaten eine breite Auswahl böten und die Gesellschaft widerspiegelten. Und ohnehin wolle er nicht durch sein Alter, sondern durch Argumente überzeugen, so Nötscher.
Als Kandidat präsentiert ist er nun zwar, jedoch noch nicht offiziell nominiert. Das soll in der ersten Jahreshälfte 2025 in der Stimmkreiskonferenz erfolgen. Vorher lassen es die Regularien nicht zu.