
Eine die Welt bewegende Wahl ist soeben über die Bühne gegangen: die des Präsidenten der USA. Eine andere, zumindest Lohr bewegende Wahl, wirft schon jetzt ihre Schatten voraus: die des Bürgermeisters der Stadt am 8. März 2026. Dazu zeichnet sich ab, dass die Lohrerinnen und Lohrer die Wahl zwischen mindestens drei, eher jedoch vier Kandidaten haben werden.
Die Präsentation des ersten Bewerbers für den Chefsessel im Lohrer Rathaus steht unmittelbar bevor. An diesem Freitag, 15. November, will die SPD ihr Geheimnis lüften, das freilich kaum mehr eines ist. Jedenfalls macht in der Lohrer Stadtpolitik schon seit geraumer Zeit die Aussage die Runde, dass Marc Nötscher für die Genossen ins Rennen gehen soll.

Der 28-Jährige war erst vor wenigen Wochen für den auf eigenen Wunsch aus dem Stadtrat ausgeschiedenen Sven Gottschalk ins Gremium nachgerückt. Bei der SPD ist Nötscher jedoch schon seit vielen Jahren engagiert, aktuell beispielsweise als Co-Kreisvorsitzender, Mitglied im SPD-Bezirksvorstand und schon seit sechs Jahren als Vorsitzender des Lohrer SPD-Ortsvereins.
Nötscher schweigt noch
Seine Kandidatur auf das Bürgermeisteramt wollte Nötscher, der beruflich Geschäftskundenberater bei einer Genossenschaftsbank ist, in einem Telefonat mit der Redaktion noch nicht bestätigen. Man habe sich darauf verständigt, vor der offiziellen Kandidatenvorstellung am Freitag nichts dazu zu sagen. Doch alles andere als Nötscher wäre bei dieser Präsentation eine Überraschung.
Dass die SPD bei der Wahl 2026 erstmals seit 2008 wieder einen eigenen Kandidaten ins Rennen schicken würde, war abzusehen. Allein schon deshalb, weil die Genossen im Stadtrat nicht zuletzt deshalb Sitze eingebüßt hatten, weil sie keinen eigenen Kandidaten als Zugpferd auf der Liste hatten.
Mario Paul war 2014 zwar als gemeinsamer Kandidat von Grünen und SPD präsentiert worden, konnte jedoch nur eine Liste als Spitzenkandidat anführen. Das war die der Grünen. Zu diesen habe er eine hohe Affinität, begründete der parteilose Paul damals seine Entscheidung.

Als Lohrer Polit-Neuling gewann er 2014 deutlich gegen Amtsinhaber Ernst Prüße (CSU). 2020 folgte die Wiederwahl. Gleich im ersten Wahlgang setzte sich Paul gegen seine beiden Mitbewerber Dirk Rieb (CSU) und Michael Kessel (Bürgerverein) durch.
Bei der Wahl 2026 jedoch, das dürfte sicher sein, wird Paul weder für die SPD noch für die Grünen antreten.
Stattdessen werden die Grünen aller Wahrscheinlichkeit nach Clemens Kracht, den Vorsitzenden ihrer Stadtratsfraktion, ins Rennen schicken. Der 54-Jährige jedenfalls bestätigte seine Ambitionen gegenüber der Redaktion. Jedoch schränkte der Vertriebsleiter eines Sonnenschutzherstellers und ehemalige Kommandant der Lohrer Feuerwehr ein, dass die finale Entscheidung noch nicht gefallen und noch manches zu klären sei.
Grüne "definitiv" ohne Paul
Geklärt ist zwischen den Grünen und Paul, dass das bereits länger offenkundige Zerwürfnis zwischen beiden Seiten eine erneute Bürgermeisterkandidatur Pauls für die Grünen undenkbar macht. "Das wird definitiv nicht mehr passieren", sagt Kracht und spricht davon, dass sich die Grünen und Paul "politisch nicht mehr verstehen". Das sei auch nach verschiedenen Gesprächen für beide Seiten klar.
Mario Paul bestätigt dies seinerseits. Er sehe "mit den Grünen keine Grundlage mehr für eine Zusammenarbeit". Dass es zwischen den Grünen und Paul knirscht, war immer wieder deutlich geworden, am deutlichsten wohl vor drei Jahren, als es im Stadtrat um die Frage ging, wie sich die Stadt Lohr zum geplanten Neubau der B26n positioniert.
Aufgrund des sichtbaren Zerwürfnisses zwischen Paul und den Grünen war zuletzt spekuliert worden, dass der Amtsinhaber für die Wahl 2026 auf die Liste der SPD wechseln könnte. Hatten ihn die Genossen 2014 doch mit ins Amt getragen. Noch Anfang 2023 hatten sowohl Paul als auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Nischalke erklärt, dass eine Kandidatur Pauls für die SPD eine Option sein könnte. Zwischenzeitlich, so ist zu hören, hat es auch Gespräche gegeben. Aber Paul und die SPD fanden offenbar nicht zusammen.
Doch wie will Mario Paul sein Amt über 2026 hinaus fortführen, wenn er weder für die SPD noch für die Grünen antritt? Eine Kandidatur für eine der anderen im Stadtrat vertretenen Fraktionen kann derzeit wohl als ausgeschlossene gelten. Bliebe nur noch, dass Paul als unabhängiger Kandidat ins Rennen geht. Die Hürden dafür wären recht niedrig: Als amtierender Bürgermeister gälte Paul als "privilegierter Wahlvorschlag". Als solcher bräuchte er nach Auskunft des Landratsamtes lediglich zehn Unterstützerunterschriften, um antreten zu können. Wäre Paul nicht bereits Bürgermeister, würde er 180 Unterschriften für eine unabhängige Kandidatur benötigen.
Paul: Entscheidung im März
Verschiedene Insider der Stadtpolitik sagen, dass sich Paul bereits recht deutlich in die Richtung geäußert habe, als Unabhängiger antreten zu wollen. Gegenüber der Redaktion hält sich der Bürgermeister jedoch noch bedeckt: Seine ganze Konzentration liege aktuell auf der Aufgabenfülle, die sein Amt mit sich bringe, sagt der 49-Jährige. Ob und in welchem Konstrukt er 2026 wieder antreten werde, habe er "noch nicht entschieden". Er werde sich im März 2025 offiziell dazu äußern.
Vor gut einem Jahr hatte Paul gegenüber der Redaktion anklingen lassen, sich nach dann zwei Wahlperioden auch eine berufliche Zukunft außerhalb des Rathauses vorstellen zu können. Als Beispiel nannte der promovierte Politikwissenschaftler den Forschungs- und Lehrbetrieb an einer Hochschule, aber auch eine Beratertätigkeit etwa auf dem Feld der Stadtentwicklung.
Allerdings, so hatte Paul damals gesagt, sei eine Fortsetzung des Bürgermeisteramtes sein "Plan A". Die Tätigkeit im Chefsessel des Rathauses sei faszinierend und verantwortungsvoll, verlange aber auch eine "hohe Schlagzahl". Damals, im März 2023, betonte Paul, dass er weit davon entfernt sei, sich zu fragen, ob das Bürgermeisteramt noch das Richtige für ihn sei.
Davon, dass das Lohrer Bürgermeisteramt das Richtige für ihn wäre, ist Dirk Rieb überzeugt.
Riebs zweiter Anlauf in Lohr
Der heute 47-Jährige war bereits 2020 der Bürgermeisterkandidat der CSU – und er wird es 2026 wieder sein. Gegenüber der Redaktion erklärt Rieb, dass er vom Vorstand des Lohrer CSU-Ortsverbandes bereits einstimmig aufgefordert worden sei, sich als Kandidat zur Verfügung zu stellen. Seine Bereitschaft dazu hatte Rieb schon vor einem Jahr signalisiert. Die offizielle Nominierung werde jedoch erst im kommenden Jahr sein, sagt Rieb.

Für den Verwaltungsfachwirt wird es bereits die dritte Bürgermeisterkandidatur sein. 2011 war er in Wasserburg am Bodensee als externer Kandidat der CSU ins Rennen gegangen, jedoch knapp gescheitert. 2020 dann unterlag Rieb in seiner Heimatstadt Mario Paul. Seither ist Rieb Lohrs zweiter Bürgermeister. Die dabei gesammelte Erfahrung und seine Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung hätten ihn bestärkt, sich erneut um den Chefsessel zu bewerben, sagt Rieb.
Kein fünfter Kandidat in Sicht
Davon, dass es über die sich abzeichnenden vier Kandidaten hinaus bei der Lohrer Bürgermeisterwahl 2026 noch weitere Bewerber oder gar Bewerberinnen geben wird, ist aktuell eher nicht auszugehen. Für den Bürgerverein, der 2020 noch einen Kandidaten ins Rennen geschickt hatte, sagt Eric Schürr, dass sich dies für 2026 nicht abzeichne. Man werde anders als vor sechs Jahren auch nicht aktiv suchen.

Damals habe man vor allem deshalb sogar per Annonce nach einem Kandidaten gefahndet und diesen schließlich in Michael Kessel gefunden, weil man den Lohrern die Möglichkeit habe bieten wollen, zumindest zwischen drei Bewerbern zu wählen. 2026 hingegen werde es auch ohne den Bürgerverein drei oder vier Kandidaten geben, so Schürr. Deswegen habe das Thema beim Bürgerverein derzeit keine Priorität. Er selbst jedenfalls stehe nicht für eine Kandidatur zur Verfügung. Auch sonst habe man derzeit niemanden im Blick.
Für die FDP erklärt Stadtrat Peter Sander, dass man "Stand heute keinen eigenen Bürgermeisterkandidaten" aufstellen werde. Dass sich daran noch etwas ändere, sei sehr unwahrscheinlich. Man werde nicht aktiv nach einem Bewerber suchen.
Ob die Freien Wähler dafür sorgen könnten, dass am Ende fünf Bürgermeisterkandidaten auf dem Wahlzettel stehen? Dafür gibt es nach Aussage der langjährigen Frontfrau Brigitte Riedmann derzeit keine Anzeichen.