Die Karlstadter Initiative "CO2-Diät" hat ihr Ziel überdeutlich erreicht. Vor einem Jahr hatten sich die Teilnehmer vorgenommen, für fünf Prozent weniger CO2 verantwortlich zu sein. In Wirklichkeit haben sie gut 22 Prozent weniger verursacht. Norbert Scholz als Hauptinitiator sagt: "Sicherlich hat die Corona-Krise durch verringerte Reisen einen erheblichen Anteil an der Ersparnis."
Vor einem Jahr startete die Initiative mit 20 Teilnehmer aus Main-Spessart, vorwiegend aus Karlstadt. Nach einem Jahr sind nun 23 Personen dabei. Gemeinsam reduzierten sie ihren CO2-Ausstoß von 241 Tonnen im Vorjahr auf 187 Tonnen heuer. Zur Ermittlung des CO2-Fußabdrucks wird der Rechner des Umweltbundesamts herangezogen.
Diejenigen, die sich der Initiative "CO2-Diät" angeschlossen haben, scheuen sich in der Regel nicht, ihren CO2-Fußabdruck öffentlich zu machen. Hauptinitiator Scholz betont dabei, es gehe nicht darum, möglichst niedrige Rekorde zu erreichen. Ziel ist vielmehr, jährlich fünf Prozent weniger Klimagas rauszupusten. Maßstab dafür ist logischerweise der Einstiegswert – egal wie hoch. Neueinsteiger sind jederzeit willkommen.
Ergebnis mehr als halbiert
Ein Beispiel für einen extrem hohen Einstiegswert ist der Karlstadter Andreas Schneider. Er hatte 2019 mit 31 Tonnen CO2 den mit Abstand stärksten Fußabdruck hinterlassen. Flüge – darunter einer nach Neuseeland – waren der Grund dafür. Das Ergebnis hat er heuer mit 14 Tonnen mehr als halbiert. Damit steht er in der Teilnehmerliste aber immer noch ganz oben. Das habe ihn überrascht, sagt er. Die hohe Zahl lasse sich damit begründen, dass er nicht im Homeoffice ist, sondern meist mit dem Auto zur Arbeit auf dem Heuchelhof fährt. Beruflich war er viel unterwegs, darunter mehrmals auf Dienstreise nach Berlin.
Auch Jonny Schindler aus Retzbach gehört mit 10,4 Tonnen zu den stärkeren Verursachern. Er sagt, er benutze in einem Radius von fünf Kilometern praktisch nie das Auto, hat auch keine Flugreise unternommen und esse wenig Fleisch. Die Ernährung schlägt bei dem CO2-Rechner deutlich zu Buche. Die Hauptlast resultiere daraus, dass er als Einzelperson ein Haus mit 140 Quadratmetern Wohnfläche beheizt.
Zwar nehmen Kathi und Benedikt Kaufmann auf dem Weg von Karlstadt nach Würzburg zur Arbeit ausschließlich den Zug, fuhren nur etwa 7000 Kilometer mit dem Auto, haben ein neu gedämmtes Haus und heizen teilweise klimaneutral mit Holz, doch schlagen sich bei ihnen Anschaffungen deutlich in der Bilanz nieder. Bei drei Kindern kauften sie einen größeren Gebrauchtwagen, die 30 Jahre alte Waschmaschine wurde gegen eine sparsamere ausgetauscht und ein Trockner angeschafft. Die Produktion solcher Geräte kostet Energie. So landen die beiden ähnlich wie im Vorjahr bei rund acht bis zehn Tonnen CO2.
Ein Hund oder eine Katze machen viel aus
Zu denen, die auf der CO2-Skala weit unten stehen, zählen Gisela und Manfred Kleinwechter in Karlstadt. Sie hatten 2019 jeweils rund acht Tonnen verursacht, heuer nur noch maximal 5,5. Sie berichten von 22 Prozent Ersparnis beim Heizen. "Wir haben die Raumtemperatur um ein Grad reduziert auf 21 Grad und haben die Nachtabsenkung um eine Stunde vorgestellt. Das heißt, dass wir uns abends in Decken einkuscheln." Außerdem haben sie, wo immer es geht, auf Bioprodukte umgestellt, kaufen überwiegend regional und saisonal. Das macht sich laut dem CO2-Rechner des Umweltbundesamts deutlich bemerkbar.
Nicht einberechnet haben sie ihren Hund. Nach einer Studie der Technischen Universität Berlin verursacht ein 15 Kilo schwerer Hund in 13 Lebensjahren mehr als acht Tonnen CO2. Der Forschungsleiter vergleicht: "Die 8,2 Tonnen CO2 entsprechen 13 Hin- und Rückflügen von Berlin nach Barcelona oder fast der Menge, die bei der Produktion eines Luxusautos der Mittelklasse, wie zum Beispiel eines Mercedes C250, emittiert wird." Grund ist der (Billig-)Fleischkonsum der Hunde. Hinzu kommen in den 13 Jahren rund eine Tonne Kot und knapp 2000 Liter Urin.
Die sparsamste Teilnehmerin der "CO2-Diät" ist die Mutter von Norbert Scholz, Lieselore Scholz. Die 92-Jährige lebt in einem Mietshaus, das vor fünf Jahren komplett gedämmt wurde. Norbert Scholz schildert: "Als tief sparsame Frau, die kaum eine Lampe länger als absolut notwendig anlässt, dreht sie auch ihre Heizung erst auf 19 Grad, wenn sie das Zimmer betritt. Kriegserfahrungen prägen sie, sodass sie all dies nicht als Einschränkung empfindet. Zwei kleine Zugreisen in diesem Jahr sorgten dennoch für eine von 4,05 minimal auf 4,2 Tonnen gestiegene CO2-Bilanz."
Von der Heizung der anderen profitiert
Vom Mietsblock profitiert auch Teilnehmerin Judith Säger. Sie lebt in Berlin im ersten Stock: "Bei uns laufen Rohre durch die Wohnung, die von Herbst bis März heiß sind. Dadurch müssen wir nur wenig heizen." Im Erdgeschoss wird geheizt und im zweiten Stock ebenfalls. Das verzerrt natürlich die Berechnung etwas. Denn benötigt wird die Energie fürs Heizen doch, wenn auch in einem anderen Stockwerk. Vier Personen wohnen in der WG auf 108 Quadratmetern. Judith Säger besitzt zwar einen VW-Bus, meldet ihn aber im Winter ab und nutzt ihn im Sommer nur alle zwei Wochen zu einem Wochenendausflug nach Brandenburg. Ansonsten verleiht sie ihn an Freunde. Wie viele andere in Berlin nimmt sie hauptsächlich das Fahrrad, isst vorwiegend vegetarisch und bekommt dabei noch etliche "gerette" Lebensmittel über Foodsharing oder Foodsaving.