Ehrenbürger Hubert Schuster merkt man sein Alter nicht an. Geistig wie körperlich ist der hoch gewachsene Gemündener Bub topfit. Dabei wird er am Sonntag 85 Jahre alt. 30 Jahre lang saß Schuster für die SPD im Stadtrat und kann aus dieser Zeit einiges erzählen. Einer der Bürgermeister etwa, die er erlebt hat, habe ihn vor Stadtratssitzungen gern um Rat gefragt – um dann in der Sitzung das genaue Gegenteil zu tun. Bis 2014 war Schuster Stadtrat, die Gemündener Kommunalpolitik verfolgt er weiter aufmerksam. Sein Fazit zur aktuellen Situation in Gemünden: "Es müsste mehr passieren."
Einer, der was bewegt habe, auch wenn er damit Schulden machte, war aus Schusters Sicht Hans Michelbach. Ihm gegenüber sei Michelbach auch nie laut geworden. Mit der Fraktion der CSU, die mit dem Bürgermeister alles durchgedrückt habe, was dieser wollte, habe er zwar inhaltlich oft im Clinch gelegen: "Bei Sperenzchen war ich dagegen." Wenn es um die Sache gegangen sei, um Gemünden, sei er dafür gewesen. Wenn es mit dem Durchdrücken nicht geklappt habe, habe der damalige CSU-Fraktionsvorsitzende die anderen gar tyrannisiert, wie er es nennt. Aber nach der Sitzung habe man sich auch mit den CSU-Stadträten wieder vertragen. "Es gibt verschiedene Meinungen, aber es geht ja um die Stadt", sagt der Jubilar.
Die Kindheit Schusters war nicht einfach
Schuster, Jahrgang 1939, wohnte als Kind und junger Mann in der "Alten Brauerei" in der Bahnhofstraße. 1945 mussten sie ein Jahr raus, weil die Militärregierung sich dort einquartierte. Sein Großvater Johann Schuster machte als der Schiffbauer von Gemünden Schelche für Fischer und Holzkähne für Treideltransporte auf dem Main. Vater Anton, der nach dem Krieg erst in Gefangenschaft war, verkaufte Versicherungen. Als "Bub vom Toni" habe er bei wöchentlichen Überfahrten und Märschen nach Massenbuch beim Betteln Kartoffeln und Äpfel bekommen.
Von 1953 bis 1956 machte Schuster eine Lehre als Möbelschreiner in Lohr. Danach arbeitete er bis 1971 als Betriebsschreiner beim Gemündener Landmaschinen-Hersteller Mörtl. Als er 1960 seine Frau Charlotte, eine geborene Mehler aus Karlburg, heiratete, zogen sie zunächst auf das Betriebsgelände, weil er zugleich auch Hausmeister war. 1969 bauten sie in der Sudetenstraße.
Schuster machte Karriere bei der Deutschen Bundesbahn
1971 wechselte der Gemündener zur Deutschen Bundesbahn und fuhr zunächst bis 1976 Bus, damals Betriebszweig der Bahn. Danach begann eine erstaunliche Karriere. Er wurde zunächst zum örtlichen Personalrat für Würzburg und Gemünden gewählt und 1982 zum Bezirkspersonalrat mit Dienstort Nürnberg. Das bedeutete für ihn morgens um 5 Uhr in den Zug nach Nürnberg und abends um 7 Uhr, halb acht wieder Ankunft in Gemünden.
Bis dahin war er gern auf die Jagd gegangen. Sein Schwiegervater hatte ein Revier in Karlburg. Jetzt war dafür keine Zeit mehr. Seinen Jagdschein verlängerte er weiterhin, seine sieben Gewehre und die Pistole verkaufte er erst voriges Jahr.
Nach jahrelangem täglichen Pendeln nach Nürnberg wurde Schuster 1994 gar zum Personalrat für ganz Bayern mit Dienstort in München. Anfangs pendelte er nun täglich dorthin, aber dann kaufte er eine Wohnung und fuhr nur noch wochenends heim. Weil Montag Stadtratssitzung war, fuhr er immer dienstags nach München. Nebenbei war er Mitglied im Hauptpersonalrat der Bahn in Bonn.
Umgestaltung des Huttenschlosshofes sein größter Verdienst
Als sein größtes Verdienst sieht er die von ihm angestoßene Umgestaltung des Huttenschlosshofes samt Remise. Den ganzen Hof habe er ohne Planer gestaltet, er habe die Entwürfe für den Brunnen und die Pflasterungen gemacht, außerdem die Ausschreibungen und die Spendersuche. Alles ehrenamtlich. "Das war mein Hobby."
Auch sonst brachte sich Schuster ein, etwa beim Bau des THW-Gebäudes (jetzt Gemündener Fördergemeinschaft Hochwasserhilfe) oder 19 Jahre als Schatzmeister beim ESV. Er war zudem Vorsitzender des Seniorenbeirats, dem er jetzt nach dem plötzlichen Tod von Martina Dittmeier als zweiter Vorsitzender wieder vorsteht. "Ich habe immer so was gebraucht", sagt er. Seit 2015 ist er Ehrenbürger.
Schuster war bei der Abspaltung des PSV vom KSC dabei
Als Kind und Jugendlicher betrieb er Kanurennsport, war später Schiedsrichter im Verband. Als es zu Differenzen innerhalb des KSC kam, gründete Schuster mit Mitstreitern den heutigen PSV Langenprozelten, wobei PSV früher nicht für Paddelsport, sondern für Postsportverein stand. Zunächst hatte der PSV seinen Sitz in Hofstetten, Schuster agierte als Kassier. Außerdem war er etwa Sprecher des Beirats für das Museum im Huttenschloss.
Schuster hat mit seiner vor gut drei Jahren verstorbenen Frau vier Kinder, sieben Enkelkinder und drei Urenkel. Jetzt muss er zu Hause alles allein machen. "Gekocht habe ich schon immer gern." Auch Weihnachten, wenn das Haus voll ist, koche er.
Das Gassigehen hält Hubert Schuster fit
Jeden morgen um 6 Uhr geht er mit Hund Arco, einem Rhodesian Ridgeback, über den Saalesteg und läuft nach Schönau und zurück. Die Spendenaktion für den neuen Steg hatte selbstverständlich er mit ins Leben gerufen.
An seinem Geburtstag will er erst mit der Familie und abends mit der Clique, die jeden Sonntag ausgehe, feiern.