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Arnstein
Ein Franzose und das Reinheitsgebot: Warum der neue Bender-Brauer Valère Bonnin die deutsche Bierkultur so schätzt
Personalkrise überstanden: Im Mai hatte Susan Schubert in ihrer Arnsteiner Brauerei drei offene Stellen. Jetzt sind Brauer und Braumeister gefunden. Auch die Geschäftsführung stellt sich neu auf. 
Das Sudhaus der Brauerei Max Bender in Arnstein: Hier verrichtet Valère Bonnin seit Juli sein Tagwerk.
Foto: Silvia Gralla | Das Sudhaus der Brauerei Max Bender in Arnstein: Hier verrichtet Valère Bonnin seit Juli sein Tagwerk.
Felix Hüsch
 |  aktualisiert: 12.10.2024 02:39 Uhr

"La loi de pureté bavaroise": So würde man das Bayerische Reinheitsgebot wohl am treffendsten ins Französische übersetzen. Ein Stück weit war es auch dieses seit 1516 bestehende Kulturgut, das Valère Bonnin letztlich zu den Braukesseln der Brauerei Max Bender in Arnstein führte.

Bonnin kommt ursprünglich aus dem Juragebiet, einer Region Frankreichs, die im Osten an die Schweiz grenzt. "Aufgewachsen in Poligny, besuchte ich dort eine Lebensmittelschule, die anfangs nur auf Milchprodukte spezialisiert war und sich bald breiter aufstellte", erzählt der 32-Jährige. Er machte dort eine Ausbildung und war im Qualitätsteam eines Schlachthofes angestellt. Anschließend machte er so etwas wie das französische Pendant zu einem Bachelor in Biotechnologie mit Spezialisierung in fermentierten Getränken.

Über Monaco und Lyon nach Arnstein

Sein damals wachsendes Interesse zur Fermentation trug dazu bei, dass sich Bonnin heute im Brauwesen zuhause fühlt. "Ich habe als Brauer in der 'Brauerei von Monaco' angefangen und dort viereinhalb Jahre gearbeitet", beschreibt er seine ersten Berührungspunkte mit der Branche. Danach ging es von Monaco weiter nach Lyon zu einer Brauerei namens "Nepo" –  größentechnisch vergleichbar mit der Bender-Brauerei. "Nepo" wurde damals neu aufgebaut und stellte Bonnin als ersten Brauer ein. 

In Lyon arbeitete er sowohl im Keller als auch im Sudhaus. Auch zuvor in Monaco gab es neben ihm nur einen weiteren Brauer, wodurch er mehrere Bereiche abdeckte. "Er kennt die Bierbereitung vom Sudhaus bis zur Abfüllung", kommentiert Susan Schubert – Inhaberin der Brauerei Max Bender – die Vita ihres neuen Mitarbeiters.

"In Deutschland gibt es viel mehr Tradition drumherum."
Valère Bonnin, neuer Brauer in Arnstein

Die französische und die deutsche Brautradition beschreibt Bonnin als sehr verschieden. "Das Feld ist sehr jung. Erst vor ein paar Jahrzehnten gab es einen Boom, aus dem viele Mikrobrauereien entstanden", sagt Bonnins Freundin Luisa, die alle seine Aussagen aus dem Französischen ins Deutsche übersetzt. In Frankreich hatte Bonnin irgendwann mehr oder weniger alles gesehen. "In Deutschland aber gibt es viel mehr Tradition drumherum und ich bekam einen ganz anderen Blick auf den Herstellungsprozess und die Prozedur", sagt Bonnin.

Valère Bonnin arbeitete zuvor in einer Brauerei in Monaco und anschließend in Lyon. An der deutschen Brautradition reizt ihn vor allem der spezielle Herstellungsprozess.
Foto: Silvia Gralla | Valère Bonnin arbeitete zuvor in einer Brauerei in Monaco und anschließend in Lyon. An der deutschen Brautradition reizt ihn vor allem der spezielle Herstellungsprozess.

Reinheitsgebot als Grundbaustein der Braukultur

Den wohl größten Unterschied spielt das Reinheitsgebot. "Da es das in Frankreich nicht gibt, hat man dort viel mehr Möglichkeiten, mit Zutaten zu spielen. In Deutschland ist das nicht möglich und somit eine spannende Herausforderung, verschiedene Sorten zu kreieren", erklärt Bonnin.

So lockte die Begeisterung für die deutsche Braukultur den jungen Franzosen im Sommer 2024 nach Deutschland, genauer gesagt nach Main-Spessart. Ein weiterer Grund für den Umzug nach Unterfranken ist Bonnins Freundin. Sie hat sieben Jahre in Lyon gelebt, kommt aber eigentlich aus Kitzingen und wohnt in Zell am Main im Landkreis Würzburg, wo die beiden jetzt gemeinsam wohnen. 

Mit der Kommunikation in der Brauerei war es erst nicht leicht, sagt Bonnin, der aktuell nach jemandem sucht, der ihm ein paar Stunden die Woche Deutschunterricht geben kann. Mit Händen und Füßen habe die Verständigung mit dem vorherigen Brauer Robert Keller aber irgendwie funktioniert. Hilfreich ist, dass in seinem Beruf oft mit ähnlichen Maschinen und Geräten gearbeitet wird. "Die Fachkenntnis ist eben die Basis", betont Susan Schubert. "Wenn er sein Handwerk nicht könnte, wären wir verloren."

Braumeister Sebastian Graper kommt für Paul Seubert

Als neue Personalie im Team der Arnsteiner Brauerei ist Bonnin in guter Gesellschaft. Neben Robert Keller ging mit dem ehemaligen Braumeister Paul Seubert ein weiteres Bender-Urgestein in den Ruhestand. Die Lücke, die Seubert hinterlässt, schließt nun Sebastian Graper aus dem hessischen Schlüchtern. Der 46-Jährige machte seine Lehre als Brauer und Mälzer bei der inzwischen geschlossenen Binding-Brauerei in Frankfurt. Nebenbei machte er seinen Meister.

Gut einen Monat hat Graper noch mit Seubert zusammengearbeitet, der ihn in Arnstein einarbeitete. "Das lief absolut problemlos. Er hat mir alles erklärt und ich konnte fragen, was ich wollte. Er steht mir jetzt auch noch zur Verfügung, da man nach so kurzer Zeit nicht alles in- und auswendig kennt", meint Graper.

Das Team steht wieder: Braumeister Sebastian Graper, Brauer Valère Bonnin, Brauerei-Inhaberin und Geschäftsführerin Susan Schubert und Geschäftsführer Rolf Grieshober (von links) stoßen auf den Neustart an. 
Foto: Silvia Gralla | Das Team steht wieder: Braumeister Sebastian Graper, Brauer Valère Bonnin, Brauerei-Inhaberin und Geschäftsführerin Susan Schubert und Geschäftsführer Rolf Grieshober (von links) stoßen auf den Neustart an. 

Rolf Grieshober ist neu in der Geschäftsführung

Auch die Tinte unter dem Vertrag des neuen Mannes in der Geschäftsführung ist inzwischen trocken. "Spätestens zum 1. Februar werde ich voll dabei sein", erzählt Rolf Grieshober im Büro von Susan Schubert. Die wird selbst weiter Geschäftsführerin der Arnsteiner Brauerei bleiben, jedoch ab jetzt eher im Hintergrund mitwirken. Grieshober ist gelernter Diplom-Ingenieur und war zuvor knapp 15 Jahre Betriebsleiter in einem mittelständischen Schweinfurter Unternehmen der Industriebranche.  

"Frau Schubert gibt mir die Chance, noch stärker unternehmerisch tätig zu werden", so Grieshober. Sein Interesse am Brauwesen kommt nicht von ungefähr. Gastronomie und Belieferung seien schon von klein auf eine Leidenschaft von ihm gewesen. "Ich habe mir auf feierlichen Veranstaltungen schon immer eine Kellnerschürze geschnappt und unterstützt", erinnert sich der 43-Jährige aus Reiterswiesen, einem Stadtteil von Bad Kissingen. 

Verjüngtes Team mit neuen Ideen

Vor allem der Getränkezweig habe es Grieshober angetan. Auf einer Feierlichkeit vor über einem Jahr kam Susan Schubert mit ihm ins Gespräch. "Seine Einstellung war keine Schnellschussentscheidung. Das Verhältnis ist gewachsen und hat sich über die Zeit gefestigt", so die Inhaberin der Brauerei, die vor wenigen Monaten noch Gerüchte entkräften musste, ihre Brauerei würde bald schließen.

"Er beherrscht das Handwerk und sieht, was gefordert ist."
Susan Schubert über ihren neuen Brauer Valère Bonnin

Dementsprechend zufrieden blickt Schubert auch auf die Anfangsphase ihres neuen Personal-Trios zurück. Die sei besser verlaufen als erwartet. "Herr Graper ist gut eingelernt worden und bei Herrn Bonnin hatte ich erst Bedenken, dass die Sprachbarriere mit den Kollegen zu groß sein könnte. Das ist aber bemerkenswerterweise nicht der Fall. Er beherrscht das Handwerk und sieht, was gefordert ist", so die 73-Jährige. Für sie ist somit klar: "Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg."

Geht es nach Schubert, soll mit dem deutlich verjüngten Brauerei-Team nach dem Generationenwechsel erstmal alles weiterlaufen wie bisher. Sie meint, dass es Ruhe in den Betrieb bringe, wenn erstmal jeder seine Sachen macht. "Es kommen aber auch Vorschläge auf, wie man im nächsten Jahr Dinge anders oder besser machen könnte. In den nächsten Monaten kann noch viel besprochen werden, bevor es in die Vorbereitung der nächsten Saison geht. Ich bin ja nicht aus der Welt", so Schubert.

 
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Kommentare
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  • Alexander Götz
    Frau Schubert sieht aber für ihre 73 Jahre noch sehr rüstig aus, Respekt😂😂
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  • Ralf Eberhardt
    Viel Erfolg in Arnstein! Jeder Betrieb, der noch von jemand geleitet wird, dem die Unternehmung am Herzen liegt, ist Gold wert! Ein Prost auf den Mittelstand!
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  • Ewald Schuhmann
    ... Billing-Brauerei in Frankfurt?

    Gemeint ist doch sicherlich die Binding-Brauerei!
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  • Felix Hüsch
    Hallo Herr Schuhmann,

    vielen Dank für den Hinweis, wurde korrigiert.

    Felix Hüsch (Autor)
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