Die Stadt Marktheidenfeld will ihr Verhältnis zu ihrem ehemaligen Ehrenbürger Hermann Gradl nun endgültig klären. In der Stadtratssitzung am Donnerstag steht eine Beschlussfassung dazu auf der Tagesordnung. Der gebürtige Marktheidenfelder Gradl gilt mit seinen Landschaftsmalereien als Lieblingsmaler von Adolf Hitler. Er stand auf der sogenannten Führerliste von 1939. Die darauf vermerkten Persönlichkeiten profitierten vom Wohlwollen der braunen Machthaber. Von Gradl ist bekannt, dass er eine Begegnung mit Adolf Hitler als "den Höhepunkt seines Lebens" bezeichnete.
Durfte so jemand Ehrenbürger der Stadt Marktheidenfeld sein? Soll nach ihm eine Straße in Marktheidenfeld benannt sein? Die Verteidiger von Gradl sehen in ihm allerdings einen unpolitischen Maler, den sich lediglich die braunen Ideologen der NS-Zeit zunutze gemacht hätten. Gradl könne schließlich nichts dafür, dass Hitler Gefallen an dessen Bildern gefunden habe, so die Argumentation.
Ehrenbürgerwürde ist mit dem Tod bereits erloschen
Gradl wurde 1955 die Ehrenbürgerwürde der Stadt Marktheidenfeld verliehen. Auf Nachfrage bei der Verwaltung der Stadt geht es in der Sitzung am Donnerstag nicht darum, Gradl diese wieder zu entziehen, denn sie ist automatisch mit dessen Tode im Jahr 1964 erloschen. Doch eine nachträgliche Distanzierung ist möglich.
Auch über die Frage einer Umbenennung oder einer Umwidmung der Marktheidenfelder Gradlstraße soll entschieden werden. Es gibt den Vorschlag, die Gradlstraße nach Jakob Gradl, Hermann Gradls Vater, zu benennen. Dieser war Bezirkshauptmann des damals noch selbstständigen Landkreises Marktheidenfeld, was ungefähr der Funktion des heutigen Landrats entspricht. Er war ebenfalls Ehrenbürger von Marktheidenfeld.
Die Stadt hat sich zu dieser Thematik fachlichen Rat geholt. Die Studentin Susanne Bayer hat zu der Verstrickung von Hermann Gradl in den Nationalsozialismus eine Masterarbeit für die Universität Würzburg, Fachbereich Kunstgeschichte, erstellt. Die Ergebnisse ihrer Arbeit werden in der Sitzung vorgestellt.
Was sagen die Anwohner der Gradlstraße?
Was aber sagen die, die es betrifft: Die Anwohner der Gradlstraße? Möchten Sie, dass ihre Straße umbenannt wird? An dem verschneiten Mittwochmorgen sind einige Anwohner zuhause und gesprächsbereit. So wie die junge Familien-Mutter, die namentlich nicht genannt werden möchte, aber inhaltlich das vertritt, was sich die meisten Befragten an diesem Morgen wünschen: Das alles so bleibt, wie es ist.
Die meisten scheuen sich vor den Kosten, die durch eine Adressänderung entstehen würden. "Wer bezahlt das?", fragt sich Anwohner Travis Beard. Angefangen von der Aufschrift auf der Mülltonne, über den Personalausweis, die Versicherungen bis zum Haustier, das umgemeldet werden muss.
Bei seiner Nachbarin, Monika Schwierzy, sind Straßenname und Hausnummer in geschwungener Schrift auf einem metallenen Schild an der Hauswand montiert. Auf die Ummontage des Schildes würde sie gerne verzichten.
Auch Andrea Dürr, seit Ende 2022 Seniorenbeauftragte der Stadt Marktheidenfeld, wohnt in der Gradlstraße. Sie ist an diesem Morgen schon auf der Straße unterwegs. Auch sie plädiert dafür, eine Lösung zu finden, durch die die Anwohner keine Kostenbelastung hätten. "Hier wohnen auch einige, die sich das nicht leisten könnten", sagt sie.
Vielleicht gebe es ja auch die Möglichkeit, die Straße auf einen anderen "Gradl" umzuprägen, so zum Beispiel auf Johann Baptist Gradl, von 1965 bis 1966 Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, schlägt sie vor. Dann könnte das Straßenschild mit einem kleinen Hinweisschild ergänzt werden. Fertig.
Wissen um Gradl hat unangenehmes Gefühl hinterlassen
Eine größeren Austausch über das Thema gibt es aber innerhalb der Gradl-Straßen-Anwohner wohl bisher nicht. So bekennt ein Anwohner, dass er von der Diskussion über den Namensvetter seiner Straße bis zu diesem Tag noch nichts mitbekommen hat. Allerdings findet er, dass das Thema auf der Prioritätenliste der dringenden Themen weit hinter dem Ukrainekonflikt und der Klimakrise anzusiedeln sei.
Auch der Familie ein paar Häuser weiter, die erst vor ein paar Jahren ihr Haus in der Gradlstraße gebaut hat und nach Marktheidenfeld kamen, sagte der Name zunächst nichts. "Wir haben dann erst einmal nachrecherchiert, wer Hermann Gradl war", erzählt die junge Frau. Das Wissen um seine Person aber habe dann doch ein schlechtes Gefühl hinterlassen, in der nach ihm benannten Straße zu wohnen.
und wichtigere Probleme .
Da stehen sich die Parteien nur gegenseitig selbst im Wege , anstatt in vielen Dingen endlich einmal gemeinsam Verantwortung zu tragen und " Nägel mit Köpfen " zu machen .