Für die neue Marktheidenfelder Disco gehen die Lichter aus, noch bevor der erste Tanz begonnen hat: Der Plan, zusammen mit dem Hagebaumarkt ein neues „Lichtspielhaus“ zwischen Nordring und Karbacher Straße zu bauen, lässt sich mit den bisherigen Partnern nicht verwirklichen.
Auch der Baumarkt ist betroffen
Noch dramatischer: Damit steht der Baumarkt selbst auf der Kippe, denn er wurde mit einem „vorhabenbezogenen Bebauungsplan“ genehmigt. Im Klartext: Nur wenn beide Projekte wie beantragt verwirklicht werden, darf gebaut werden, erklärt dazu das Landratsamt auf Anfrage der Main-Post. Demzufolge müsste der Bauantrag für den Baumarkt zum vierten Mal in die Stadtratssitzung.
Nach eineinhalb Jahren Verhandlungsdauer bestätigen alle Beteiligten der Redaktion das ergebnislose Ende ihrer Gespräche. Beide Seiten konnten sich angesichts ständig steigender Kosten nicht auf einen Pachtvertrag verständigen.
Die Verhandlungspartner
Verhandelt haben für die Marktheidenfelder Baumarkt Immobilien GmbH (MBI) die Geschäftsführer Klaus Mill (Frammersbach) und Karsten Reiss (Wertheim). Beide betreiben in ihrer Heimat bereits Hagebaumärkte. Initiator ist Helmut Viering, Seniorchef der Udo Lermann GmbH (Marktheidenfeld) und Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der MBI. Die Udo Lermann GmbH stellt das Grundstück für das Bauvorhaben.
Ihnen gegenüber stand Sascha Beeger, Betreiber der Disco „Lichtspielhaus“. Als, wie er sagt, neutraler Berater, fungierte Sebastian Dosch, Chef der Dosch Design Kommunikationsagentur GmbH in der Marktheidenfelder Kirchgasse.
In der Kostenfalle
Laut Viering und Mill haben die Verhandlungen im November 2014 begonnen. Im Februar 2015 erhielt die MBI vom Stadtrat die Grundsatzgenehmigung für den Bau eines Baumarkts und einer Disco. Zuvor war Viering zweimal im Stadtrat damit gescheitert, nur den Baumarkt bauen zu wollen. Die Mehrheit sorgte sich um bestehenden Betriebe, hatte Kritik an der Verkehrsanbindung oder fürchtete eine neue Welle von Filialistenansiedlungen in der Stadt.
Doschs Vorschlag sollte den Knoten durchschlagen
Als jedoch Dosch den Vorschlag einbrachte, die Disco aus der Altstadt auf das Gelände des Baumarkts zu verlagern, stimmte das Gremium zu. Denn Beeger kämpft schon lange mit den Einschränkungen seines Disco-Standorts. Er zog sich immer wieder den Unmut von Anwohnern zu. So war es das erklärte Ziel aller, das „Lichtspielhaus“ in ein weniger konfliktträchtiges Gebiet zu verlagern. Der Gordische Knoten schien also mit dem Doppelbau durchschlagen zu sein. Beide Unternehmen hätten profitiert.
In Vorgesprächen kamen die MBI-Vertreter und Beeger überein, dass MBI den Baumarkt und den Disco-Rohbau mit einem Tanzsaal von bis zu 500 Quadratmetern erstellen sollte. Beeger hätte den Innenausbau übernehmen und später das Gebäude pachten sollen. Beide Seiten vereinbarten laut Viering einen „einfachen, also kostengünstigen“ Bau.
Hohe Auflagen für Schall- und Brandschutz
Allerdings zeigte sich schnell, dass die Auflagen für Schall- und Brandschutz „weit über die Grenzen dessen hinausgehen, was bei einem normalen Rohbau vorzusehen ist“, erklärt Viering. Am Ende hätten sich die geschätzten Kosten in etwa verdreifacht. Die Folge: Auch die Pacht wäre deutlich teurer geworden.
Zwischenzeitlich seien zwischen Beeger und MBI auch Alternativen diskutiert worden: eine Verkleinerung der Disco, der Bau durch Beeger selbst, der Einstieg weiterer Gesellschafter in die Disco, eine umsatzabhängige Pacht statt einer festen Miete... Nach monatelangen Verhandlungen, die aus Sicht der MBI „fair, transparent und nachvollziehbar“ geführt worden seien, habe Beeger am 6. April das Vorhaben abgesagt.
Zu diesem Zeitpunkt hatten die Beteiligten schon mehrstellige Beträge in Gutachten und Pläne investiert. „Das so euphorisch gemeinsam angegangene Projekt ist leider gescheitert“, bilanziert Viering. Dabei habe die MBI „alles in ihren Kräften stehende und wirtschaftlich nur einigermaßen vertretbare getan, um die Disco zustande zu bringen“.
Beeger sucht eine Alternative
Sascha Beeger hätte sich ebenfalls den Erfolg gewünscht, wie er mitteilt. Ursprünglich seien ihm von MBI wirtschaftliche Eckdaten zugesagt worden, „die für uns darstellbar waren“. Aber im Verlauf der Verhandlungen seien die Vorstellungen der Hagebau-Betreiber über die Miete derart angewachsen, „dass unter diesen Bedingungen kein wirtschaftlicher Betrieb möglich ist“.
Beeger erklärt aber, noch weitere Optionen zu haben. Er sei „optimistisch, eine zufrieden stellende Lösung“ für den Standort zu finden. Auch MBI will an seinem Projekt festhalten. So haben inzwischen die Erdarbeiten für den Baumarkt begonnen. Viering geht – anders als das Landratsamt – davon aus, dass er den Markt bauen darf. Zeitgleich sucht MBI einen neuen Interessenten für die Disco, denn schließlich habe man dafür eine Baugenehmigung.
Stadt ist wenig begeistert
Die Stadt Marktheidenfeld ist von dieser Entwicklung nicht begeistert. Hauptamtsleiter Heinz Matschiner sagt dazu, dass das für den Stadtrat wichtige Ziel, die Disco aus der Altstadt zu verlegen, nicht erfüllt sei. Matschiner geht deshalb davon aus, dass sich der Rat bald wieder mit dem Projekt befassen wird. Der Ausgang dieser Debatte wird von allen Seiten mit Spannung erwartet.