
Damit Pedelec-Fahrerinnen und -Fahrer und solche, die es werden wollen, sicherer werden, dafür fand am Montag in der Gemündener Scherenberghalle ein E-Bike-Kurs statt. Wie man denn am besten auf ein Pedelec aufsteige, wollte ein Teilnehmer wissen. Eine durchaus berechtigte Frage, so Uwe Friedel, Vorsitzender der Gebietsverkehrswacht Gemünden. Früher sei man es gewohnt gewesen, auf das fahrende Rad aufzusteigen: Einen Fuß auf das Pedal, antreten und dann erst das andere Bein über das Rad schwingen. Friedel: "Wer das bei einem eingeschalteten Pedelec macht, der landet auf dem Boden." Das Rad fahre einem einfach unter dem Hintern weg. Stattdessen solle man entweder den Motor ausgeschaltet lassen, bis man sitzt oder sich erst auf den Sattel setzen und dann anfahren.
Friedel hat schon vielen Kindern zum Fahrradführerschein in der vierten Klasse verholfen. Diesmal jedoch stand er vor acht Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die ihre Schulzeit lange hinter sich haben; manche seit teilweise über 70 Jahren. Und auch die Prüfung für den Autoführerschein ist bei allen lange her. "Zu der Zeit", so Friedel, "gab es noch keine Kreisel oder Spielstraßen." Es mache also Sinn, einen Ausflug in die Theorie zu unternehmen. Welche Schilder markieren einen gemeinsamen Rad- und Fußweg? Muss ich diesen benutzen und was darf ich in einer Fußgängerzone?
Uwe Friedel plädiert für das Tragen eines Fahrradhelms auch auf Kurzstrecken
Daneben plädierte Friedel vor allem für das Tragen eines Fahrradhelms. "Auf Kurzstrecken," so der Experte, "wird oft der Helm weggelassen." Dabei passierten laut Unfallstatistiken dreiviertel aller Unfälle innerorts. Der schnelle Weg zum Bäcker oder Briefkasten könne so schnell mit Verletzungen oder sogar dem Tod enden. Wer mit dem Rad oder Pedelec einen Unfall habe, lande fast immer im Krankenhaus.

Dagegen sei die Sichtbarkeit heutzutage meist kein Problem mehr. Jedes E-Bike sei in der Regel mit guten Lampen ausgestattet; lediglich bei der Bekleidung sieht er Defizite. Helle Farben, am besten in Neongelb, das in der Natur nicht vorkommt, und Reflektoren seien der Schlüssel für gute Sichtbarkeit.
Dennoch sollten Radfahrer und Radfahrerinnen immer mit den Fehlern der anderen rechnen. Zu besonderer Vorsicht rät er bei Lastkraftwagen. "Die Fläche, die man vom Steuer aus nicht sieht, ist größer als die, die man sieht." Und auch bei Autos würden die Bereiche zwischen den Fenstern immer größer und die Sicht schlechter.
Verschiedene Modelle konnten ausprobiert werden
Neben der Theorie kam die Praxis nicht zu kurz. Sascha Wagner vom E-Bike-Center aus Sackenbach hatte einige Modelle zum Ausprobieren mitgebracht. Selbst wer bereits ein Pedelec habe, so Wagner, solle sich nicht scheuen, damit ein Fachgeschäft aufzusuchen. Oft merke man erst nach einiger Zeit, dass die Ergonomie nicht perfekt passe. Er rät zu kleinen Anpassungen, die schrittweise erfolgen sollten. Wagner: "Gegen einschlafende Hände kann man erstmal die Griffe austauschen. Erst danach kommt der Umbau des Lenkers an die Reihe." Wer sich an die neue Bremsanlage schlecht gewöhnen könne, für den gebe es immer noch Pedelecs mit Rücktritt. Die Pflege, so der Radexperte, unterscheide sich nicht wesentlich von einem unmotorisierten Rad: Kette fetten und Luftdruck regelmäßig kontrollieren seien die wichtigsten Tätigkeiten.
Eine Teilnehmerin Mitte 70 hat schon ein Pedelec. Doch sie sei bereits gestürzt und habe seitdem große Angst. "Mir war beim Kauf nicht bewusst, dass das Rad so viel wiegt und sich so schwer fahren lässt", sagte sie. Sie wollte im Parcours unter Anleitung üben und so sicherer werden. Auch der Mittsechziger Peter Weidner und seine Frau haben seit einem knappen Jahr bereits je ein Pedelec. Es sei ein ganz anderes Fahren. "Bremse, Gewicht, Kurvenverhalten, Geschwindigkeit, wir haben uns auf den ersten 200 Kilometern noch nicht daran gewöhnt", meinte er.
Geschützter Raum machte das Üben leichter
In der in der Halle aufgebauten Parcours konnte an diesem Tag geübt werden. Slalom, dosiertes Bremsen, langsames und einhändiges Fahren. Wolfgang Weinig, Beirat in der Vorstandschaft der Gebietsverkehrswacht, bedauerte, dass so wenige Menschen die Gelegenheit zum Üben nutzen. "Viele haben ja schon ein Pedelec, aber man sieht, dass alle noch Schwierigkeiten haben." Immerhin trauten sich die Leute, hier überhaupt zu fahren. Das sei auch dem Parcours in der Halle geschuldet.
"Wenn wir das draußen machen", so Friedel, "dann fährt niemand." Zu groß sei die Scham, im Alter noch mal bei einem Fahrradkurs mitzumachen. Die Teilnehmenden hätten Angst, dass jemand sie beim Üben beobachtet. Auch in Lohr sei man daher beim letzten Kurs in eine Tiefgarage ausgewichen. "Es ist wichtig, dass wir den Übenden einen vor Blicken geschützten Bereich bieten." Eine Teilnehmerin bestätigt dies. Ihre Nachbarin würde sich "das Maul zerreißen und lästern, was das Zeug hält". Sie ist froh, dass sie hier niemand sehen kann.