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Gemünden
Die ehemalige Disco Non-Stop in Gemünden lebt noch
Vor ihrer Schließung hatte die Gemündener Diskothek ein Schmuddelimage. Als Spielothek, zum Fußballschauen und Billardspielen sowie für 80er-Partys ist das Non-Stop aber weiterhin geöffnet.
Neulich war bei einer 80er-Party im Non-Stop in Gemünden richtig was los, freut sich Juniorchef Patrick May.
Foto: Björn Kohlhepp | Neulich war bei einer 80er-Party im Non-Stop in Gemünden richtig was los, freut sich Juniorchef Patrick May.
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 09.02.2024 02:32 Uhr

Es könnte jederzeit wieder losgehen in der ehemaligen Diskothek Non-Stop am Schutzhafen in Gemünden. Die Discokugeln hängen über der Tanzfläche, die Nebelmaschine ist startklar, es ist alles noch wie früher. Aber seit etwa 20 Jahren liegt die Disco im Dornröschenschlaf. Zumindest teilweise. Denn der Betrieb als Spielothek hat nie aufgehört. Gäste können sich zudem zum Fußballschauen an die gewundene Disco-Theke setzen und sich an Billardtischen und urigen Flippern austoben. Und kürzlich zog zum ersten Mal nach Corona mit einer, wie man sich in Gemünden erzählt, sehr gut besuchten 80er-und-90er-Party tatsächlich wieder Disco-Stimmung ein.

Bei discotypisch schummrigem Licht erzählen Betreiber Reno May, 60, und sein Sohn Patrick, 34, wie das früher war mit der Diskothek und warum das Disco-Treiben ein Ende fand. Reno Mays Mutter Annelies Frenzel und Stiefvater Günther Frenzel, die schon in Bad Brückenau eine Disco betrieben hatten, ließen sich seinerzeit nach Gemünden locken und bauten eine der größten Discos im Landkreis. Von Anfang mit dabei war ein Spielothek-Bereich. Im Sommer 1988 war Eröffnung. Es gab neben dem Disco-Bereich einen Raum für die Spielothek, einen für Rollschuh-Disco und ein kleines "Kino" mit mehreren aufsteigenden Sitzreihen und einem großen Fernseher. "Das war der größte, den es damals gab", sagt Reno May. Sein Bruder betrieb die Disco in Bad Brückenau weiter.

"Die Disco lief von '88 bis '92 sehr gut."
Betreiber Reno May

Bis auf Montag war am Anfang jeden Tag Disco-Betrieb, und sonntagnachmittags gab's obendrein Kinderdisco. "Die Disco lief von '88 bis '92 sehr gut", erzählt May. Es gab einen Pizzaofen, Pommes und Burger. Die Gäste kamen aus dem ganzen Landkreis und sogar aus der Aschaffenburger Gegend. Früher hingen UV-beleuchtete Kunststoff-Eiszapfen über der Theke und gaben dem Ganzen den Flair einer Kristallgrotte. Die sind jetzt eingelagert.

Im Non-Stop herrscht nostalgisches Flair.
Foto: Patrick May | Im Non-Stop herrscht nostalgisches Flair.

Im Januar 1990 war das Non-Stop, dessen Logo noch immer dasselbe wie vor 32 Jahren ist, sogar Schauplatz eines Weltrekords: Der 19 Jahre alte DJ Armin Muthig aus Rieneck legte 43,5 Stunden nonstop Platten im Non-Stop auf. In einem Interview klagte der DJ aber damals schon darüber, dass die Jugendlichen an Wochenenden lieber in die Discos in den größeren Städten strömen, und dass auf dem Land "zu viel getrunken und zu wenig getanzt" werde. Betrunkene hätten dem damaligen Non-Stop-Stamm-DJ regelmäßig Schläge angedroht, falls er nicht die gewünschten Songs spielt.

Und so ließ das Publikumsinteresse auch in Gemünden allmählich nach. Die Rollschuhdisco mit eigenem DJ-Pult lief nur bis 1990, dann wurden auf den Marmorboden vier Billardtische gestellt und stehen dort heute noch. Hinten stehen die urigen Flipper, an den Wänden hängen zur Deko alte Spielautomaten. 1995/96 wurde renoviert. Ins "Kino" kam eine Bar aus Balken von alten Scheunen, die aber kaum geöffnet hatte, weil dort extra Personal gebraucht würde. Ab 1996 war nur noch freitags und samstags Disco, erzählen die Mays.

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Die jungen Leute fuhren lieber nach Würzburg. Hinzu kam, dass Schlägereien den Ruf des Non-Stop ruinierten. Ständig habe die Polizei anrücken müssen, "weil es vor der Tür rundging", erzählt Reno May. Getrunken habe das Klientel in der Disco sowieso nichts. Die Stadt habe aufgrund der Vorkommnisse strenge Auflagen erlassen, etwa Funkstille ab zwei Uhr, so dass sich der Betrieb irgendwann nicht mehr lohnte. Um 2000 herum zogen Annelies Frenzel, deren Mann inzwischen verstorben war, und ihr Sohn die Reißleine.

Kurze Wiederbelebung im Jahr 2002

Nach einer Pause sollte es im September 2002 mit zwei neuen Veranstaltern weitergehen, geplant war eine Öffnung freitags und samstags für zunächst drei Monate. Aber nach genau einem Wochenende war schon wieder Schluss. Gleich am ersten Abend wurde vor dem Non-Stop ein Security-Mann krankenhausreif geschlagen. Frenzel und May übernahmen noch einmal für ein paar Wochenenden selbst das Ruder, es gab eine Motto-Party "Mexico olé" mit Ponchos und Sombreros. Aber dann war wirklich Schluss. Nur die Spielothek lief weiter – und Frenzel startete noch ein Taxiunternehmen.

Juniorchef Patrick May vor dem Non-Stop.
Foto: Björn Kohlhepp | Juniorchef Patrick May vor dem Non-Stop.

Am Rande der ersten "Tanzinsel" auf der nahen Steinwiese startete Patrick May einen Versuchsballon mit einer After-Show-Party. Das war noch nicht das Gelbe vom Ei. Aber der Non-Stop-Veteran DJ Svenson und DJ Franky boten damals an, für eine 80er-und-90er-Party aufzulegen. Unter dem Namen "Back to the Roots", der Schriftzug ist im Stil des 80er-Jahre-Klassikers "Zurück in die Zukunft" gestaltet, fand die seither bis zu vier Mal im Jahr statt. Das Publikum dabei sei zwischen 40 und 70 und bringe mitunter die eigenen Kinder mit, erzählen die Mays.

"Der Ansturm war sehr geil."
Juniorchef Patrick May

Statt der Eiszapfen hängen jetzt Fahnen von Bierherstellern und Fußball-Trikots um die Theke herum. Die Nebelmaschine und weitere Disco-Geräte seien alle tausend Mal repariert, sagt Reno May. 1980 kam er mit seiner Familie nach Unterfranken. Weil sie in ihrer alten Heimat eine Metzgerei betrieben hatten, suchten sie nun eigentlich wieder nach einer solchen oder nach einem Landgasthof. Stattdessen übernahmen sie 1982 zunächst das "Tanzcenter Sinntal" (später "Rocktown") in Bad Brückenau und kamen dann eben nach Gemünden.

Im Raum für die Rollschuh-Disco stehen seit über 30 Jahren Billard-Tische und Flipper.
Foto: Björn Kohlhepp | Im Raum für die Rollschuh-Disco stehen seit über 30 Jahren Billard-Tische und Flipper.

Reno May ist weiterhin Tag für Tag im Non-Stop, das die erste Spielothek in Gemünden war. Weitere folgten bekanntlich. Man verstehe sich aber nicht als Konkurrenz. Nur seien die Auflagen immer strenger geworden. Seine Mutter war bis zu ihrem Tod 2016 voll dabei. Das zugehörige Taxiunternehmen war schon 2013 verkauft worden.

Das Non-Stop soll eine Webseite erhalten

Auch künftig soll der Schwerpunkt auf der Spielothek liegen, sagt Patrick May, der so alt ist wie das Non-Stop. Mehr disco-ähnliche Veranstaltungen als die 80er-Partys oder gar ein Wiederbeleben der Disco soll es nicht geben. Dafür plant er neben dem vorhandenen Facebook- und Instagram-Auftritt des Non-Stop eine Webseite. Und er will das Non-Stop als Ausgehlocation zum Kickern und Dartspielen mit dem Flair einer alten Disco bekannter machen. Wie viele Gäste bei der Party neulich da waren – in Gemünden war man überrascht –, möchte er nicht verraten, und sagt nur so viel: "Der Ansturm war sehr geil."

 
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