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Karlstadt
"Die Freude daran nicht verlieren": Was sich zwei angehende Lehrkräfte vom Start ins Referendariat erhoffen
Viele Vorurteile ranken sich um den Job und die lange Ausbildung, der Mangel an Nachwuchs ist groß. Zwei junge Leute berichten, wie es ist, Lehrer oder Lehrerin zu werden.
Stefanie Kranz und Henrik Dürr werden zum Schuljahresstart den zweiten Teil der Lehrer-Ausbildung, das Referendariat, beginnen. Derzeit mangelt es gerade an Grund- und Mittelschulen an Nachwuchskräften.
Foto: Tabea Goppelt | Stefanie Kranz und Henrik Dürr werden zum Schuljahresstart den zweiten Teil der Lehrer-Ausbildung, das Referendariat, beginnen. Derzeit mangelt es gerade an Grund- und Mittelschulen an Nachwuchskräften.
Tabea Goppelt
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:38 Uhr

Wir sind ein Team und wir bleiben cool: Vor buntem Hintergrund stehen diese beiden Sätze auf Papier. Stefanie Kranz und Henrik Dürr, beide angehende Grundschullehrkräfte, halten sie in die Kamera. Dürr hat diese Klassenregeln für den ersten Schultag vorbereitet, der auf eine Art auch der erste Schultag der beiden ist. Sie beginnen in diesen Tagen ihr Referendariat; so nennt sich die Zeit des Berufseinstiegs. Zwei Jahre lang sammeln die beiden nach dem Studium noch praktische Erfahrungen und müssen sich weiteren Prüfungen stellen. Warum diese beiden Sätze auch symbolisch für ihren Start in den Lehrerberuf stehen können und was sie sich von der Zeit des Referendariats erhoffen, erzählen sie im Interview.

"Ich bin erblich ein bisschen vorbelastet", sagt Dürr über seine Berufswahl. Seine Mutter ist ebenfalls Grundschullehrerin und weitere Familienmitglieder seien im pädagogischen Bereich tätig. "Ich glaube, man kann die Kinder in dem Alter noch sehr viel voranbringen. Die Arbeit mit den Kindern macht einfach sehr viel Spaß und es ist das, was mir liegt." Bei Stefanie Kranz verlief der Weg ganz anders: "Nach dem Abi habe ich gesagt: Jetzt bin ich aus der Schule raus, ich will nie wieder in die Schule." Sie absolvierte deshalb ein Bachelorstudium in Germanistik und Sportwissenschaften. Erst eine bekannte Grundschullehrerin warb Kranz als Helferin für Sportfreizeiten und fürs Theater an.

Für den Lehrerberuf musste die 28-Jährige anschließend noch einmal sechs Semester Studium dranhängen und Didaktik, Pädagogik sowie die Examensvorbereitung nachholen; außerdem belegte sie das Unterrichtsfach evangelische Religionslehre. Dürr studierte direkt Grundschullehramt mit den Unterrichtsfächern Sozialkunde, Mathe, Deutsch und Sport. Über ihr Studium sagen sie: Die Praktika waren am nützlichsten für den späteren Job und hätten mehr sein können – insgesamt kommen die beiden jeweils nur auf knapp drei Monate.

Ein voller Stundenplan plus Hausaufgaben für die Nachwuchskräfte

Beide sammelten allerdings schon Vorerfahrung: Dürr war nach dem Studium für mehrere Monate als sogenannte mobile Reserve im ganzen Landkreis unterwegs. Er hat dabei verschiedene Schulen unterstützt, in denen Lehrkräfte fehlten. "Ich hatte 15 Unterrichtsstunden auf drei Tage in der Woche aufgeteilt. Das war schon heftig. Ich hätte mir am Anfang auch nicht mehr zugetraut. Vor 20.30 Uhr habe ich den Laptop eigentlich nie zugemacht", sagt der 23-Jährige. Etwa 28 Unterrichtsstunden entsprechen einer Vollzeitstelle als Grundschullehrkraft.

Kranz war als sogenannte Drittkraft an der Grundschule Thüngen eingesetzt, ebenfalls mit 15 Stunden. "Hauptsächlich aufgrund des Lehrermangels. Ich habe alles gemacht, von der Betreuung einzelner Kinder in der Klasse bis hin zur Klassenaufteilung in Kleingruppen mit Parallelunterricht. Natürlich auch Vertretung, wenn jemand krank war, oder Begleitung bei Ausflügen."

"Ich hatte 15 Unterrichtsstunden auf drei Tage in der Woche aufgeteilt. Das war schon heftig. Ich hätte mir am Anfang auch nicht mehr zugetraut."
Henrik Dürr, angehender Grundschullehrer, über seine Erfahrung als Vertretungskraft

Ihr Stundenplan ab dieser Woche ist voll: Zehn Stunden pro Woche hospitieren sie bei ihrer Betreuungslehrkraft, beobachten also den Unterricht. Acht Stunden halten sie eigenverantwortlichen Unterricht. Beides müssen sie dokumentieren. Zweimal die Woche treffen sie sich in einer Gruppe aus etwa 15 Referendaren, dem sogenannten Seminar. Im zweiten Jahr übernehmen die Referendare bereits die Leitung einer Klasse; außerdem gibt es Lehrproben. Mitte August wurde ihnen mitgeteilt, an welchen Schulen sie anfangen werden: Dürr in Gemünden, Kranz in Karlstadt.

1. Stefanie Kranz: Es wird stressig, aber man bekommt viel Unterstützung

Stefanie Kranz findet: Ohne Unterstützung aus dem Kollegium geht es nicht. Die Kiste mit Materialien hat sie von der Grundschule geschenkt bekommen, an der sie in den letzten Monaten als Vertretungslehrkraft arbeitete.
Foto: Tabea Goppelt | Stefanie Kranz findet: Ohne Unterstützung aus dem Kollegium geht es nicht. Die Kiste mit Materialien hat sie von der Grundschule geschenkt bekommen, an der sie in den letzten Monaten als Vertretungslehrkraft arbeitete.

"Ich mache mir keine großen Sorgen, weil man sich im Seminar mit den anderen Lehramtsanwärtern unterhalten kann und ich in der Schule nur positive Erfahrungen gesammelt habe. Ich glaube, dass man viel Unterstützung bekommt. Das Referendariat ist aber schon Arbeitsaufwand. Es ist nicht so, dass man da eine Stunde nach der Schule nachmittags noch arbeitet und dann das Thema durch ist. Man hat Unterrichtsbesuche und wenn es an die Lehrproben geht, hat man eine Klassenleitung und muss sich parallel auf Prüfungen vorbereiten. Ich glaube, ohne Unterstützung aus dem Kollegium geht es gar nicht. Allein schafft man es einfach nicht. An den Schulen habe ich mich mit vielen Referendaren und Referendarinnen unterhalten. Sie haben auch alle gesagt: Es ist stressig, aber man schafft das schon. Mit Angst sollte man nicht reingehen. Es ist nicht einfach, es ist viel Arbeit, das muss einem bewusst sein. Wenn man viel miteinander spricht, muss sich nicht jeder immer wieder von Neuem einarbeiten. Als Lehrer bist du allein vor deiner Klasse, aber am Ende des Tages ist es alles Teamarbeit. Die ganze Schulorganisation, gemeinsam Ausflüge planen. Ich hatte nie das Gefühl, dass irgendwer allein ist. Ich möchte aus dem Referendariat viel mitnehmen, vor allem im engen Austausch mit den anderen Referendaren und Referendarinnen – darauf freue ich mich tatsächlich auch. Und ich möchte die Frage klären, woher man Material bekommt. Wo finde ich etwas zu meinem Thema, ohne dass ich eine Stunde suchen muss?"

2. Henrik Dürr: Die Freude nicht verlieren, auch wenn es ein Haufen Arbeit wird

Die Regeln für den Klassenraum und ein Kennenlernspielt hat Henrik Dürr schon vorbereitet. Die Arbeit mit den Kindern macht ihm viel Spaß – deshalb will er sich nicht anmerken lassen, wenn es mal stressig ist.
Foto: Tabea Goppelt | Die Regeln für den Klassenraum und ein Kennenlernspielt hat Henrik Dürr schon vorbereitet. Die Arbeit mit den Kindern macht ihm viel Spaß – deshalb will er sich nicht anmerken lassen, wenn es mal stressig ist.

"Mir ging es nach dem Studium so, dass ich viel Wissen hatte, aber von der Praxis nicht die größte Ahnung. Deswegen kam mir das mit der Anstellung als mobile Reserve gerade recht. Mit der Erfahrung im Rücken fühle ich mich gut vorbereitet. Das dauert einfach ein bisschen, bis man einen Fundus für die Unterrichtsstunden hat. Ich habe die Erwartung ans Referendariat, dass man da ein paar Tipps und Tricks an die Hand bekommt. Damit es für den Alltag erträglicher ist: Bis spät in die Nacht zu arbeiten ist natürlich nicht top, wenn der Unterricht früh um acht wieder losgeht. Wie kann ich mir das so angenehm wie möglich gestalten? Ich hatte da im vergangenen Jahr schon Probleme und bin an die Grenzen gekommen. Dadurch habe ich mich aber auch weiterentwickelt. Dafür ist es dann auch wichtig, dass man Kontakte knüpft. Die Teamarbeit ist das A und O. In erster Linie ist wichtig, dass wir Erfahrungen sammeln, positiv wie negativ. Ansonsten vor allem die Freude daran nicht verlieren, auch wenn es ein Haufen Arbeit wird. Da müssen wir durch und dann diese Ausbildung erfolgreich abschließen. Die Kinder sind ja mehr oder weniger ein Spiegel von dir selbst: Wenn du den Unterricht verbittert hältst, haben die Kinder da auch keinen Spaß daran. Die eigentliche Arbeit mit den Kindern macht sehr viel Spaß. Ich habe bisher die Erfahrung gemacht, dass man sich im Kollegium gut hilft. An vielen Schulen, an denen ich unterrichtet habe, war das Kollegium super und konnte als Konstrukt viel auffangen. Ich hoffe, dass das an meiner Referendariatsschule ähnlich sein wird, aber da habe ich gar keinen Zweifel."

 
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