
Die archäologische Grabung bei Duttenbrunn im Frühjahr/Sommer 2023 schlug Wellen in den überregionalen Medien. Die zahlreichen Skelettfunde ließen aufhorchen. Für die Forscherinnen und Forscher waren weitere Funde fast noch spannender: Große Steingebäude, die so gar nicht ein das Bild eines einfachen karolingischen Dorfes passen. Den Winter über forschte das Team des Archäologischen Spessartprojekts dazu, nun präsentieren sie erste Erkenntnisse bei einer Tagung am 17. und 18. Mai in Zellingen. Christine Reichert vom Archäologen-Team berichtet im Interview über ihre Forschungsarbeit.
Christine Reichert: Wirkliche Schätze sind immer eine Definitionsfrage: Allgemein als Schatz wird immer etwas vermeintlich Wertvolles, etwa Gold, bezeichnet – das haben wir natürlich nicht gefunden. Kleine Schätze für die Archäologie haben wir aber schon entdeckt: etwa die Befunde, die eindeutig aus der Karolingerzeit stammen. Es wurde alles fotografiert, gezeichnet, vermessen und katalogisiert; die Gräber sind alle dreidimensional aufgenommen worden. Die Auswertung übernehmen hauptsächlich die Archäologen und Archäologinnen, die bei der Grabung dabei waren.
Reichert: Um festzustellen, ob beispielsweise eine Scherbe aus der Karolingerzeit stammt, brauchen wir Vergleichsfunde aus anderen Grabungen. Während der Grabung wurde bereits festgehalten, in welcher Erdschicht die Funde lagen. Dadurch lassen sich die Funde datieren. Viel ist auch Berichtsarbeit, damit später Forschende auf den Erkenntnissen unserer Grabung aufbauend weiterforschen können. Wir haben kein Labor, können jedoch Analysen von Holz oder Skeletten an andere Einrichtungen abgeben. Einen Großteil der Dokumentation machen Fotografien aus. Wenn alle Aufnahmen ausgerechnet sind, soll ein digitales Modell entstehen, sodass man den Eindruck bekommen könnte, man steht im Grabungsfeld drin.

Reichert: Naturwissenschaftliche Datierungsmethoden funktionieren gut an organischen Materialien. Bei Holz lässt sich über Dendrochronologie, die Jahrringsanalyse, das Alter feststellen. In einem Brunnen haben wir Holzreste gefunden, vermuten aber nicht die Karolingerzeit, sondern eher 18. Jahrhundert. Der Brunnen kann schon früher dort gewesen sein, ist aber bis zu dieser Zeit genutzt worden. Genauso ist es mit den Knochen: Die könnte man über die Radiokarbonmethode datieren lassen. An ein paar Proben haben wir das bereits getestet und es kam tatsächlich ein frühmittelalterlicher Zeitraum heraus. Die Methode ist allerdings nicht punktgenau, sondern bringt einen Spielraum von etwa 150 Jahren mit sich. Diese Datierungen zeigen jedoch, dass wir mit der Karolingerzeit auf jeden Fall auf der richtigen Spur sind. Wir haben keine Hinweise auf eine andere Zeit.
Reichert: Die Karolingerzeit finden wir nicht so häufig, gerade einen solchen Reinbefund wie in Seehausen. Die in der Karolingerzeit besiedelten Bereiche wurden meist in späterer Zeit wieder überbaut. Die Menschen damals haben an Orten gebaut, die klug gewählt waren.

Reichert: Das Spannende an der Tagung ist, dass die Ergebnisse von Seehausen in einen größeren Zusammenhang gestellt werden. Es wird Vorträge von forschenden Kolleginnen und Kollegen aus anderen Regionen geben, ein Bericht dreht sich beispielsweise um die englische Karolingerzeit.
Reichert: Wir haben verschiedene Theorien, was wir in Seehausen überhaupt vor uns haben – das ist noch nicht ganz klar. Was wir recht sicher sagen können: Wir haben es bestimmt nicht mit einem kleinen Dorf zu tun. Es ist keine weitere Grabung angedacht, sondern es geht rein um die Auswertung der Befunde. Wo es konkret hingeht, kann ich noch nicht sagen.

Die Tagung im Pfarrheim in Zellingen (Schulplatz 7) steht allen Interessierten offen und beginnt am Freitag, 17. Mai, um 14 Uhr. Weiter geht es am Samstag, 18. Mai, von 9 bis etwa 18 Uhr. In Vorträgen berichten Experten, Expertinnen und Ehrenamtliche von der Grabung und über die Karolingerzeit. Alle Vorträge können auch einzeln besucht werden. Je nach Wetterlage soll es Exkursionen zur Ausgrabung oder ins Museum geben. Näheres unter www.spessartprojekt.de