
Es ist, als wäre er hier schon jahrelang tagtäglich aus- und eingegangen: Auf die Nachfrage, ob er schon einen Schlüssel für die Kirche hätte, antwortet Johannes Augustin nur wortlos mit dem Griff in seine Jackentasche. Keine Minute später ist das Eingangsportal der Friedenskirche offen und der junge Pfarrer steigt die Stufen zum Altarraum im ersten Stock empor.
Angekommen in dem mit Holzboden und Holzbänken gemütlich wirkenden Raum, bleibt er kurz im Mittelgang stehen. Als "Wohnzimmer" werde die Kirche wegen ihrer warmen Atmosphäre mit dem vielen Holz wohl auch liebevoll bezeichnet, erzählt Augustin.
Zurück ins Unterfränkische
Ein schöner Gedanke, der ihm auch das Ankommen leicht macht. Denn seit September sind das "Wohnzimmer" und die angrenzenden Räume der Friedenskirche in Marktheidenfeld sein neuer Arbeits- und Wirkungsplatz. Am 22. September wird Augustin hier feierlich mit einem Gottesdienst eingeführt. Gleichzeitig findet seine Ordination zum Pfarrer statt. "Ich freu mich sehr auf den Tag, auch weil die Gemeinde auf diese Art und Weise ihren Wunsch ausspricht, mich als Pfarrer zu wollen", erklärt er.
Wie er letztlich nach Marktheidenfeld kam? "Ich wollte zurück ins Unterfränkische", erzählt er. In Bad Mergentheim geboren, verbrachte Augustin seine ersten Lebensjahre in Abtswind im Landkreis Kitzingen, danach zog die Familie in den Landkreis Bad Kissingen nach Oerlenbach, wo er auch seine Schulzeit verbrachte. "Nach der Schule habe ich ein sehr spannendes und abwechslungsreiches freiwilliges soziales Jahr in München an der Rezeption des CVJM-Jugendgästehaus gemacht", erzählt er. Dass er danach ein Theologiestudium in Erlangen und Greifswald beginnen würde, war nicht immer sein erklärtes Ziel gewesen.
Aufgewachsen in einer Pfarrers-Familie - Augustin ist Sohn von Pfarrer Robert Augustin und Pfarrerin Adelheid Augustin aus der Kirchengemeinde Hammelburg - wollte er zwischendurch alles werden - außer Pfarrer. "Das hat sich aber im Laufe der Zeit geändert und ich habe gemerkt, dass ich auch hier meinen ganz eigenen Weg gehen kann und will." Von Vorteil sei zudem gewesen, dass er durch die Tätigkeiten der Eltern genau wusste, worauf er sich einlasse.
"Marktheidenfeld hat uns vom ersten Besuch an gut gefallen"
"Ich habe mich sehr bewusst für diesen Weg entschieden", so Augustin. Weil man als Pfarrer viel mit Menschen zu tun habe, es ein sehr sozialer Beruf sei und mit dem Horizont des Glaubens zudem eine spirituelle Ebene dazu käme.
Zuletzt war Augustin als Vikar in Königsbrunn bei Augsburg tätig. Seit Anfang des Monats nun wohnt der 30-Jährige mit seiner Frau und seinem sieben Monate alten Sohn in Marktheidenfeld unweit der Kirche. "Marktheidenfeld hat uns von unserem ersten Besuch an gut gefallen, mit seiner schönen Altstadt und der tollen Umgebung", erzählt er. Besonders gut gefällt ihm der Ausblick vom Kreuzberg hinunter auf die Stadt und ins Maintal.
Dass die Stelle nach dem Weggang von Pfarrer Töpfer so lange vakant war, hat ihn nicht abgeschreckt. Im Gegenteil: "Ich war beeindruckt davon, wieviel die Kirchengemeinde trotz der langen Zeit am Leben hält, was da alles läuft." Dadurch habe er auch gemerkt: "Das ist keine One-Man-Show hier. Hier ist das Miteinander wichtig."
Glaube als Kraftquelle
Insofern hat er auch noch keine konkreten Pläne und Vorstellungen im Gepäck, sondern möchte zunächst einmal ankommen und sehen und hören: Was ist schon gewachsen? Was könnte noch wachsen?
Inwiefern ihn zunehmende Kirchenaustritte und schwindendes Personal beschäftigen, ja besorgen? "Es muss jeder für sich selbst entscheiden, ob er sich für unsere Angebote öffnet", so Augustin. Als seine Aufgabe aber sehe er es, davon zu erzählen, positiv auf die Menschen zu wirken, offen und einladend zu sein. "Ich wünsche mir, dass möglichst viele Menschen Jesus Christus begegnen, ihn als Kraftquelle spüren und so zum Segen für andere werden. "