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Arnstein/Schweinfurt
Corona-Impfschaden – und dann? Wie Thomas Weigand gegen seine Autoimmunerkrankung und Behörden kämpft
Vor einem Jahr trat Thomas Weigand an die Öffentlichkeit. Der 49-Jährige vermisst die Aufarbeitung der Pandemie, der VdK klagt für ihn auf Anerkennung als Impfgeschädigter.
Thomas Weigand war Fitnesstrainer. Dann ließ sich der Arnsteiner gegen Corona impfen – und ist seitdem krank. Sein Impfschaden ist ärztlich bestätigt, doch die offizielle Anerkennung bleibt ihm verwehrt.
Foto: Daniel Biscan | Thomas Weigand war Fitnesstrainer. Dann ließ sich der Arnsteiner gegen Corona impfen – und ist seitdem krank. Sein Impfschaden ist ärztlich bestätigt, doch die offizielle Anerkennung bleibt ihm verwehrt.
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 09.11.2024 02:31 Uhr

Was soll er noch tun? Die Verzweiflung steht Thomas Weigand ins Gesicht geschrieben. Seit dreieinhalb Jahren leidet der 49-Jährige aus Arnstein (Lkr. Main-Spessart) an einer schweren Autoimmunerkrankung, sein Körper spielt verrückt. Blutungen und permanente Schmerzen peinigen ihn.

Mit den Corona-Impfungen hat er sein altes Leben verloren

Aus der Bahn geworfen hat ihn die Corona-Impfung. Eine Klinik hat den Impfschaden bestätigt, mehrere Ärzte sehen einen klaren Zusammenhang. Die Techniker Krankenkasse hält es für "unstrittig, dass er durch die Covid-19-Impfung schwer erkrankt ist". Doch eine offizielle Anerkennung bleibt ihm verwehrt, die Krankenkasse verweigert eine Spezialtherapie. Mit Klagen versucht ihm der Sozialverband VdK zu helfen.

Vor einem Jahr hat diese Redaktion erstmals über seinen Fall berichtet. Seitdem ging es weiter abwärts. Eine Aufarbeitung der Corona-Pandemie? Thomas Weigand vermisst sie – und ärgert sich darüber. Er fühlt sich von Politik und Behörden ignoriert. Er, der sich im Frühsommer 2021 möglichst schnell impfen ließ, weil er den Fachleuten vertraute. Der weder zu Impfgegnern noch zu Verschwörungstheoretikern gehörte.

Selbst wenn die Impfung den meisten Menschen genützt hat: "Bei Einzelnen wie mir hat sie großen Schaden angerichtet", sagt der gelernte Industrie- und Versicherungskaufmann. Er hat fast alles verloren – erst die Gesundheit, dann Job und Partnerin. Mittlerweile lebt er von Bürgergeld, ist notdürftig in Schweinfurt untergekommen. Nichts wünscht er sich sehnlicher als ein "normales Leben".

"Ich weiß nicht, wie lange ich das noch durchhalte."
Thomas Weigand, schwerkranker Impfgeschädigter

Sein Alltag heute: "Ich wache frühmorgens mit höllischen Schmerzen am ganzen Körper auf und muss die ersten Tabletten nehmen. Dann kann ich mich nur hinlegen." Weigand braucht stärkste Schmerzmittel. Bis Mittag habe er Luftnot und einen "wahnsinnigen Druck im Kopf", kann sich nicht konzentrieren. Einmal hat er Durchblutungsstörungen, dann wieder bricht er Blut oder hat es im Stuhlgang. Der Hausarzt und ein Blutlabor bestätigen: Die gesundheitliche Situation für Thomas Weigand ist lebensbedrohlich.

Er hofft auf eine Therapie mit Apheresen – die Krankenkasse bezahlt sie nicht

Alles fing an mit Schmerzen im Bein und einem Arterienverschluss nach der ersten Corona-Impfung. Nach der zweiten Impfung und dem "Booster" verschlechterte sich sein Zustand weiter. Ein Dutzend Kliniken hat er abgeklappert, helfen konnten ihm die Ärzte nicht.

Der 49-Jährige hofft auf eine Therapie mit sogenannten Apheresen – genau genommen Immunadsorptionen. Grob vereinfacht handelt es sich dabei um Blutwäschen, mit der Autoantikörper aus der Impfung entfernt werden. Es gibt immer mehr Fälle von Autoimmunerkrankungen, für die das Verfahren erfolgreich eingesetzt wurde. "Das wäre wirklich hilfreich, anstatt mich mit Schmerztabletten vollzustopfen."

Weigand selbst kann einen fünfstelligen Betrag für stationäre Apheresen nicht aufbringen. Doch die Techniker Krankenkasse lehnt eine Übernahme ab. Sie stellt die Wirksamkeit der Blutwäschen bei Post-Vac-Syndrom und beim Long Covid-Syndrom infrage. Nach der vom VdK eingereichten Klage dürfte die Sache vor dem Sozialgericht landen. Ebenso die Frage nach dem Schwerbehindertengrad.

Und auch die offizielle Anerkennung als Impfschaden – verbunden mit finanzieller Entschädigung – wird wohl vor Gericht verhandelt. Das Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS) hat eine Anerkennung abgelehnt. Weigand empfindet das als "Farce". Der Zusammenhang seiner Erkrankung mit der Impfung sei offensichtlich, belegt durch Antikörper-Analysen aus dem Blutlabor, bestätigt von Ärzten und einer Klinik.

Doch die Behörde, die in Bayern für Impfschäden zuständig ist, sieht keinen Kausalzusammenhang zwischen Impfung und Autoimmunerkrankung. Ärztlich untersucht wurde Weigand nicht mehr, das ZBFS entschied nach Aktenlage. Fast ein Jahr musste Weigand auf diesen für ihn enttäuschenden Bescheid warten. Der VdK hat dagegen geklagt.

Impfschäden: Nur ein Bruchteil der Anträge wird anerkannt

Die Behörde ist äußerst restriktiv bei der Anerkennung von Corona-Impfschäden. 2851 Anträge sind bayernweit laut ZBFS eingegangen, 2439 seien bis Mitte Oktober bearbeitet worden – darunter nur 145 Anerkennungen gegenüber 2218 Ablehnungen.

Thomas Weigand kämpft weiter – für sich und andere Impfgeschädigte, die durch das Raster fallen. Aber langsam, sagt er, schwänden ihm die Kräfte. Ausgerechnet ihm, der vor der Erkrankung als Personal- und Fitnesstrainer anderen in die Spur half. In seiner Verzweiflung hat er sich auch an Vertreter der Schweinfurter Kommunal- und Landespolitik gewandt. Sie hätten Unterstützung versprochen, doch bewirkt hätten sie nichts. Der 49-Jährige ist frustriert, vermisst auch hier eine ernsthafte Aufarbeitung der Pandemie.

Zu gerne würde er die Spirale nach unten anhalten. Nur wie? Einen Job zu finden in seiner Situation – praktisch unmöglich. Noch hat Thomas Weigand Hoffnung, auf eine Therapie, auf seine Selbstheilungskräfte. Und doch spürt er Angst und Erschöpfung: "Ich weiß nicht, wie lange ich das noch durchhalte."

 
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  • Klaus B. Fiederling
    mein ganzes Mitgefühl gilt auch den geplagten und gepeinigten Herrn Thomas Weigand.
    So manch ein Facharzt sollte endlich mal zugeben, dass es vielleicht mit weniger impfen für manch einen der vielen Leidensgenossen von Herrn Weigand besser gehen würde. Ich hatte im Frühjahr Lungenentzündung + Embolie kurz nach meiner 3. Coronaimpfung. Wenn man die Ärzte fragt, ob dies von zu viel impfen auch kommen kann, will niemand einem eine richtige Antwort geben, ja könnte, hm weiß nicht... Auf jedenfall ist für mich die Impfung für die Zukunft passee.
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  • Peter Koch
    "Alles fing an mit Schmerzen im Bein und einem Arterienverschluss nach der ersten Corona-Impfung."
    Danach hätte es nun wirklich keine zweite und dritte Impfung geben dürfen. Wer hat denn das, mit Wissen um die Unverträglichkeit, verbrochen?
    Leider hilft so eine Apherese wohl nicht, meint das offizielle Presseorgan der Ärzteschaft.
    https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/142782/Post-COVID-Kein-belegbarer-Nutzen-von-Apherese-und-Sauerstofftherapie
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  • Peter Fischer
    Der von Ihnen referenzierte Artikel bezieht sich auf eine Form der Apherese (HELP-APHERESE), bei der Autoantikörper nicht entfernt werden. Im Artikel der Main-Post ist aber von einer Immunadsorptionsapherese die Rede, die das kann.
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  • Peter Koch
    Es finden sich zum Begriff Immunadsorptionsapherese im Internet keinerlei Hinweise, dass die Behandlung etwas nützt.
    https://www.igel-monitor.de/igel-a-z/igel/show/immun-apherese-zur-behandlung-von-long-post-covid.html
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  • Peter Fischer
    Doch, z.B. hier: https://www.nature.com/articles/s41380-023-02084-1
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  • Jens Lattke
    Es ist ein Armutszeugnis unserer Regierung, dass solche Menschen hängen gelassen werden. Jeder Fall mit dem so umgegangen wird bestätigt die Impfgegner massiv. Und Herr Lauterbach kehrt derweil weiter unter den Teppich. Das ist erbärmlich.

    Ich war definitiv ein Befürworter der Impfung. Aber gemachte Fehler müssen aufgearbeitet und dokumentiert werden – nicht um einzelne zur Rechenschaft zu ziehen, sondern vor allem um zu lernen. Denn es wird wieder solche Fälle geben. Und nur wenn unsere Gesellschaft und Politik verantwortungsvoll mit solchen Situationen umgeht, kann man einer Administration aus vertrauen. Das ist aktuell definitiv nicht der Fall.

    Und ja, die Politik hat sich hingestellt und gesagt "es gibt keine Impfschäden". Verantwortung bedeutet: einstehen wenn es sie eben doch gibt. Die Leute nicht hängenlassen die einem vertraut haben.
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  • Roland Meder
    Lieber Thomas Weigand,
    trete gerne mit mir in Kontakt brian.meder@live.de
    Ich habe ein breites Netzwerk verschiedenster Therapeuten und Aerzte, die dir helfen koennen.
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  • Peter Fischer
    Was bei der Diskussion um Impfschäden meist vergessen wurde, ist die Tatsache, dass diese Schäden auch durch eine Infektion aufgetreten wären. Natürlich ist die Impfung nicht risikolos, aber im Vergleich zu einer Infektion stellt sie doch das geringere Risiko dar. Wer zur Entwicklung einer Autoimmunreaktion neigt, kann diese mit auch entwickeln, wenn sein Immunsystem mit dem Spikeprotein des Virus konfrontiert wird, nicht nur bei Konfrontation mit dem durch die Impfung gebildeten.
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  • Paul Schüpfer
    Das insofern hier irrelevant, als auch Geimpfte erkranken können, dann also sogar ein doppeltes Risiko derartige Symptome zu bekommen.
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  • Peter Fischer
    Nein, das ist ein Irrtum. Denn die genetische Disposition, eine Autoimmunreaktion zu entwickeln, ist ja entweder gegeben, oder nicht gegeben. Warum sollte also das Risiko doppelt so hoch sein? Man hat ja nur einen Satz Gene.
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  • Paul Schüpfer
    Wie bitte? Weil man nur einen Satz Gene hat ist das Risiko nicht höher, wenn man erkranken kann wegen Impfung oder Infektion? Das sollten Sie noch mal genauer ausführen. Vielleicht ist das mit dem doppelt so hoch auch falsch ausgedrückt. Lässt man sich impfen kann man auf zwei Arten erkranken, statt nur auf eine. Ist dann nicht auch das Risiko höher?
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  • Peter Fischer
    Mein Punkt ist, dass es dem Immunsystem egal ist, woher das Spike-Protein stammt, von der Impfung oder vom Virus. Es wird in beiden Fällen mit Autoaggression reagieren, wenn man genetisch entsprechend veranlagt ist.
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  • Ralf Eberhardt
    Die Politik hat über Corona schon längst das Gras der Historie wachsen lassen. Fehler gemacht? Ja, aber nur zu Teil - und natürlich waren wir in einer Ausnahmesituation. Also weiter im Programm, jetzt im Ampelmodus, damals in großer Schwarz-Weiß(oder Rot)-Koalition. Und die Institutionen - Behörden, aber auch Ärzte - bleiben auf dem Manifest der Nicht-Existenz von Impfschäden. Hier ist die Anerkennung eines Impfschadens durch Ärzte bei Herrn Weigand eine ungewöhnliche Ausnahme. Allerdings ändert das dennoch nichts daran, dass er von maßgeblichen Seiten alleine gelassen wird. Traurig, aber Fakt.
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  • Gregor Ziems
    Ich wünsche dem Herrn viel Kraft und Durchhaltevermögen.
    Ob man jetzt für oder gegen die Impfungen war, die damaligen Maßnahmen für sinnhaft oder nicht gehalten hat, eine unabhängige Aufarbeitung dieser Zeit wäre doch in all in unserem Interesse.
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