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BN-Gutachten zu Fürstenwald: Was hat sich im Verfahren um die Kahlschläge im Hafenlohrtal bewegt?
Mit einem Gutachten hat der Bund Naturschutz Ende 2023 Kahlschläge im Vogelschutzgebiet im Privatwald des Löwenstein'schen Park öffentlich angeprangert. Was seit dem passiert ist.
Naturfrevel oder Waldumbau:  In einem derzeit laufenden Verwaltungsverfahren soll geklärt werden, inwiefern die Bewirtschaftung in Teilen des Privatwalds im Fürstlich Löwenstein'schen Park im Einklang mit den Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes erfolgt. (Symbolbild)
Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa | Naturfrevel oder Waldumbau:  In einem derzeit laufenden Verwaltungsverfahren soll geklärt werden, inwiefern die Bewirtschaftung in Teilen des Privatwalds im Fürstlich Löwenstein'schen Park im Einklang mit den ...
Lucia Lenzen
 |  aktualisiert: 25.02.2024 03:34 Uhr

Mit einer groß angelegten Pressekonferenz hatte der Bund Naturschutz (BN) im Dezember 2023 Alarm geschlagen. Der Vorwurf: Auf einer Fläche von mindestens 327 Hektar habe es im Fürstlich Löwenstein'schen Park im Hafenlohrtal Kahlschlag oder kahlschlagähnliche Eingriffe gegeben. Um die Eingriffe in dem betroffenen Gebiet, dem Vogelschutzgebiet "Hochspessart", zu bewerten, hatte der BN ein Gutachten in Auftrag gegeben. Laut dem seien im betreffenden Waldgebiet Verstöße gegen das Bundesnaturschutzgesetz und die Vogelschutzrichtlinie festgestellt worden.

Was hat sich seit dem getan? Auf Nachfrage beim Landratsamt Main-Spessart erläutert Pressesprecher Markus Rill, dass das diesbezügliche Verwaltungsverfahren noch laufe. Derzeit sei aber sichergestellt, dass in der im Vogelschutzgebiet liegenden Waldfläche keine Hiebsmaßnahmen durchgeführt würden, die die Erhaltungsziele des Vogelschutzgebiets beeinträchtigten.

Positive Gespräche zwischen Behörden und Eigentümerfamilie laufen

Das vorrangige Ziel sei, sicherzustellen, dass die zukünftige Bewirtschaftung der betroffenen Waldfläche im Einklang mit den Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes erfolgt. "Zurzeit laufen diesbezüglich positive Gespräche zwischen den beteiligten Behörden Landratsamt Main-Spessart, Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Karlstadt, Höhere Naturschutzbehörde und der Eigentümerfamilie", so der Pressesprecher. Einen weiteren Kommentar zum laufenden Verfahren könne man derzeit nicht abgeben.

Für die Eigentümerfamilie erläutert Florian Pfeuffer von der Fürstlich Löwenstein'schen Forstverwaltung, dass man sich mit einer öffentlichen Aussage zurückhalten möchte. Auch, um den guten Weg, auf dem man sei, nicht zu gefährden. 

Welche Reaktionen kamen bei der BN-Kreisgruppe an?

Erwin Scheiner, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Main-Spessart, beschäftigt das Thema schon seit 2016. Damals hatte der BN erstmals Klage eingereicht. Was ist seit Dezember 2023 passiert? "Es fanden Gespräche mit den Behörden, allerdings ohne den BN statt", so Scheiner. Der BN habe aber ein Schreiben von Landrätin Sabine Sitter erhalten, in dem sie zu einem Gespräch einlädt. Dieses Angebot wolle man annehmen und mit dem Landratsamt einen Termin vereinbaren. Dass es derzeit keine Hiebsmaßnahmen im Vogelschutzgebiet gibt, bewertet der Vorsitzende als kleinen Erfolg.

Von Seiten der Bevölkerung habe der BN seit der Veröffentlichung viel Zustimmung erfahren. "Die Leute haben uns auch ermuntert, hart zu bleiben. Nach dem Motto: Jeder muss sich an die Gesetze halten", so Scheiner.

Keine Regelung zum Kahlschlag im bayerischen Waldgesetz

In der Diskussion um das Thema Kahlschlag kritisiert der BN auch, dass es im bayerischen Waldgesetz keine Regelung zum Kahlschlag gibt. So sei dieser nicht verboten und es gebe kaum rechtliche Handhabe dagegen vorzugehen. Der BN fordert aus diesen Gründen ein Kahlschlagsverbot im Waldgesetz.

Auf Nachfrage beim Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus erläutert Pressesprecher Martin Hecht, dass für Kahlschläge ein sogenanntes „Vermeidungsgebot“ gilt. Sie seien nur zulässig, wenn eine sachgemäße Waldverjüngung nicht behindert werde. Zudem gebe es verschiedene Sondersituationen. So müssten zum Beispiel im Schutzwald Kahlhiebe vorab von der zuständigen Forstbehörde genehmigt werden, einen Schutzstatus genössen auch Natura-2000-Gebiete, darunter fallen auch sogenannte SPA-Gebiete (Special Protection Areas: besondere Schutzgebiete), also auch Vogelschutzgebiete wie das im Hafenlohrtal.

Ein starres, generelles Kahlhiebsverbot hingegen würde vielen Einzelsituationen – gerade im Klimawandel – nicht gerecht, so Hecht. So würde beispielsweise der Waldumbau mit dem Zukunftsbaum Eiche stark behindert. Denn gerade für die Verjüngung der lichtbedürftigen Eichen könnten Kahlhiebe (in angepassten Dimensionen) durchaus sinnvoll und zielführend sein. "Neben der Waldverjüngung kann auch bei der Bekämpfung von Borkenkäferbefall ein Kahlhieb notwendig sein. Vor diesem Hintergrund halten wir die bestehenden Regelungen für zeitgemäß", so Hecht.

BN: Bayerische Staatsregierung trägt eine Mitverantwortung

Ralf Straußberger, Waldreferent des Bund Naturschutz, entgegnet, dass das Problem beim Nachwachsen von jungen Eichentrieben in der Regel nicht das fehlende Licht sei, sondern der Totalverbiss durch Rehe. Gerade im Spessart vermehre sich die Eiche auf natürliche Weise meist nur hinter Zaun. Hier müsse die Politik auf Verbesserungen drängen, so Straußberger. Zudem gebe es im Spessart auch Beispiele für Eichenverjüngungen, die in Buchenwald-Lücken auf nur rund 3000 Quadratmeter hochgewachsen seien. Als Beispiele nennt er Bereiche im Forstbetrieb Rothenbuch und im Stadtwald Lohr.

Zum Thema Schutzgebiet-Status erläutert der Waldreferent: Für das Vogelschutzgebiet (SPA Spessart) hätte es eine Verträglichkeitsprüfung im Sinne der Schutzziele und eine Beteiligung der Verbände und der Öffentlichkeit geben müssen, bevor die Maßnahmen durchgeführt werden. Diese Prüfungen/Beteiligungen habe es aber nicht gegeben.

 
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