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Bleifreie Munition: Darum zögern Jäger mit der Umstellung
Alljährlich verenden in Europa Millionen von Vögeln durch bleihaltige Jagdgeschosse. In den Staatswäldern sind sie demnächst verboten.
Eine Jägerin legt die Büchse zum Schuss an.
Foto: Björn Kohlhepp | Eine Jägerin legt die Büchse zum Schuss an.
Karl-Heinz Haase
Karlheinz Haase
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:36 Uhr

Die Jagd mit bleihaltiger Munition verursacht vor allem bei Greifvögeln entsetzliche "Kollateralschäden". Der Landesbund für Vogelschutz berichtet von Schätzungen, denen zufolge in der EU jährlich eine Million Vögel an Bleivergiftung sterben und weitere drei Millionen nicht-tödliche Vergiftungen erleiden. Betroffen sind besonders Aasfresser wie die in Unterfranken vorkommenden Arten Mäusebussard Habicht, Rotmilan, und Rohrweihe, aber auch Adler und alle Geierarten.

Sie nehmen das Gift der Geschosse auf, weil Innereien – der Aufbruch – der erlegten Tiere zurückgelassen werden. Die Aufnahme erfolgt aber auch über angeschossene und nicht gefundene Wildtiere. Einige Bundesländer haben bleihaltige Büchsenmunition bereits vollständig verboten. Bayern lässt sich etwas mehr Zeit. Als erster Schritt ist in den bayerischen Staatsforsten ab dem 1. April die Jagd nur noch mit bleifreier Munition erlaubt. Das betrifft in Unterfranken den zentralen Spessart, die Gegend um das Sindersbachtal, den Gramschatzer, Guttenberger und Irtenberger Wald, die Haßberge, den Steigerwald, aber auch kleinere Waldstücke.

"Präzision ist beim Schuss das A und O"

Außerhalb dieser Staatsforsten dürfen Bleigeschosse zunächst weiterhin verwendet werden. Und noch sind viele Jäger zurückhaltend mit der Umstellung auf andere Materialien wie Stahl, Kupfer oder Metalllegierungen. "Aber das ist im Kommen", sagt Ernst Kunesch. Er ist Vorsitzender des Jägerprüfungsausschusses Unterfranken, berät das Landratsamt Main-Spessart in Jagdfragen und fungiert als Jagdberater der Kreisgruppe im Bayerischen Jagdverband. Weshalb auch er selbst noch mit Blei schießt, erklärt er zunächst so: "Die sofortige Tötungswirkung ist noch nicht ausreichend nachgewiesen."

Auf nähere Nachfrage erklärt er: "Auf 100 Meter Entfernung darf ein Schuss maximal drei Zentimeter daneben liegen. Präzision ist das A und O." Beim Zielen auf ein Reh versuche der Jäger, den Schuss leicht hinterm Schulterblatt zu platzieren, dann sind Herz und Lunge getroffen und der Tod tritt sofort ein. Ein Geschoss aus einem anderen Material aber fliegt anders, trifft also etwas weiter oben oder unten als erwartet.

Links eine Schrotpatrone, rechts eine Kugelpatrone, wie sie in Jagdgewehren zum Einsatz kommen.
Foto: Ernst Kunesch | Links eine Schrotpatrone, rechts eine Kugelpatrone, wie sie in Jagdgewehren zum Einsatz kommen.

Unterschied zwischen Büchse und Flinte

Prinzipiell gibt es zwei unterschiedliche Geschossarten: Kugeln und Schrot. Schrot wird mit Flinten verschossen. Sie haben einen innen glatten Lauf. Bis zu 200 kleine Kügelchen "spritzen" beim Schuss ein wenig auseinander und verteilen sich im Zielbereich. Damit lassen sich kleinere Tiere erlegen wie zum Beispiel Hase, Kaninchen, Fuchs, Waschbär, Gänse und Enten. Durch die Streuung ist die Jagd auf bewegte Ziele leichter beziehungswiese überhaupt erst möglich. Schrot wird verwendet auf Entfernungen bis maximal circa 60 Meter.

Bei der Büchse dagegen wird eine einzige Kugel abgefeuert. Die übliche Schussentfernung liegt bei rund 100 Metern. Der gezogene Lauf einer Büchse weist schraubenförmig in das Laufinnere geschnittene oder gepresste Züge auf, deren Verlauf den Projektilen eine Eigenrotation um ihre Längsachse, den Drall, verleiht, sodass das Geschoss eine saubere Flugbahn beschreibt. Andernfalls würde es sich in der Luft überschlagen. Auch wenn traditionell von Kugeln die Rede ist, werden mit der Büchse längliche Projektile in Form von kleinen Torpedos verschossen – auf größeres Wild wie Reh, Wildschwein der Hirsch.

Gewehr muss auf neue Munition eingeschossen werden

Jeder verantwortungsvolle Jäger sollte vor dem Beginn der Jagdzeit am 1. Mai mit der Büchse probeschießen, empfiehlt Kunesch. Das wäre auch eine Gelegenheit, um auf die neue Munition umzusteigen. "Bei der Büchse muss das Zielfernrohr neu justiert werden, da macht ein Klick auf eine Entfernung von 100 Metern einen Unterschied von einem Zentimeter aus", erklärt der Jagdexperte.

Flinten müssen nicht eingeschossen werden wegen der Streuwirkung des Schrots. Aber bei ihnen muss der Lauf beispielsweise für Stahlmunition ausgelegt sein, muss robuster sein. Das wird behördlicherseits getestet. Jede Waffe in Deutschland  muss staatlich beschossen werden – mit doppelt so starker Ladung wie normal. Dies geschieht zum Beispiel im Beschussamt in Mellrichstadt. Kunesch weiß, dass viele Jäger noch bleihaltige Munition haben, die sie erst verbrauchen wollen. "Aber die Akzeptanz bei den Jägern nimmt absolut zu."

Auch Wasservögel sind gefährdet

Ab 15. Februar 2023 wird EU-weit die Verwendung von Bleischrot in Feuchtgebieten verboten. Denn bei Wasservögeln erfolgt die Aufnahme von Bleischroten auch durch Gründeln, wobei sie das Blei als Magensteinchen aufnehmen oder mit Nahrung verwechseln. Bei Greifvögeln spielt auch das äußerst saure Magenmilieu eine besondere Rolle: Dadurch können Blei-Ionen von den aufgenommenen Bleipartikeln abgelöst und in den Blutkreislauf aufgenommen werden.
Quelle: LBV
 
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  • K. D.
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  • H. S.
    Ich verstehe diese Diskussion absolut gar nicht!
    In der Elektronik und Elektrotechnik ist z.B. das Löten mit Blei inzwischen verboten, obwohl damit nur Menschen in Berührung kommen, die definitiv auf dieses Thema geschult sind.
    Dass aber gleichzeitig irgendwelche Jäger immer noch Blei frei in der Umwelt verteilen dürfen, ist ja wohl ein schlechter Witz.
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  • F. H.
    @waltom1
    Woher kommt die Zahl - 6 Mio Vögel mit Bleivergiftung ?
    Im Bericht steht 1 Mio.
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  • T. R.
    @ Habermann : Sie haben recht, das sollte 4 Mio Vögel mit Bleivergiftung heißen aber ich halte die Zahl dennoch für aus der Luft gegriffen.

    @smutje: Ich habe bleifreie Büchsenmunition ausprobiert und bin wieder zu den bewährten bleihaltigen gebondeten Deformationsgeschossen zurückgekehrt weil ich tierschutzgerecht jagen will! I
    ch möchte, dass das von mir beschossene Wild im Feuer liegt und nicht nach dem Schuß noch einige 100m flüchtet.

    @ glaubt-nicht-alles: Ganz einfach. Die verendeten aasfressende Vögel, die ich in 40 Jahren gefunden habe, die nicht dem Straßenverkehr zum Opfer fielen, kann ich an einer Hand abzählen.
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  • E. S.
    Lasst doch einfach diese unsinnige Knallerei auf wildlebende Tiere!
    Die Natur regelt das schon von alleine.

    In einem Main-Post Artikel stand mal, im Zusammenhang mit der "Wildschweinplage", das es immer mehr Nachwuchs gibt, je mehr Wild geschossen wird.

    Die Main-Post hatte dazu vermerkt dass diese Erkenntniss aus einer Jägerzeithrift entnommen wurde.
    Man höre und staune.

    Die Jäger erzählen aber immer das dass Wildvorkommen durch Beschuss geregelt werden muss.
    Ja was denn nun?
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  • T. F.
    "Viele Jäger haben noch bleihaltige Monition, die sie erst verbrauchen möchten"... gehts wieder mal ums Geld?... das kann doch nicht wahr sein, Mensch wir haben nur eine Erde und nur ein Tierreich, wacht endlich auf... auf den Feldern stehen auch keine Holz Ständer mehr auf den Bundesstraßen, die Greifvögel sitzen am Straßenrand um nach Beute zu schauen, die meisten werden überfahren... eigentlich Mäusejäger... aber wahrscheinlich ist das Mäusegift billiger und auch effizienter....
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  • E. S.
    ... auf den Feldern stehen auch keine Holz Ständer mehr auf den Bundesstraßen ...
    Was meinen Sie denn damit?
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  • G. W.
    Damit sind die Ansitzhilfen für Greifvögel gemeint; ne lange Stange mit Querholz obendrauf.
    Die sah man früher tatsächlich noch öfters. Für die Vögel sind diese Aussichtshilfen tatsächlich ziemlich hilfreich bei der Jagd.
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  • T. R.
    Bei bleifreien Büchsengeschossen ist die Neigung zu unkontrollierten Abprallern wesentlich größer als bei Bleihaltiger Munition. Da sind solche tragischen Unglücke wie den Tod des Jägers bei Volkach vorprogrammiert.
    Außerdem töten die bleifreien Geschosse das Wild noch nicht so zuverlässig als Bleihaltige, da sie in der Regel deutlich höhere Geschossgeschwindigkeiten zur optimalen Wirkung im Wildkörper brauchen.
    Außerdem bezweifel ich die angegebenen Zahlen von 6 Mio Vögeln mit Bleivergiftung in der EU!
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  • G. R.
    Das sind die Standardantworten der Bleifanatiker. Bleifreie Büchsengeschosse töten ebenso zuverlässig wie bleihaltige!
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  • J. N.
    Eben. Man muss halt wieder damit schießen üben.
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  • A. H.
    Und wie begründen Sie Ihre Zweifel, oder ist das Mal nur so rausgelassen?
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  • U. S.
    @waldtom

    Zitat: Da sind solche tragischen Unglücke wie den Tod des Jägers bei Volkach vorprogrammiert.

    Und? Wenigstens war es kein Unbeteiligter wie seinerzeit an der B16

    https://www.merkur.de/bayern/nittenau-urteil-nach-todes-schuss-jaeger-von-schweren-schuldgefuehlen-gezeichnet-zr-10117145.html

    Wer sich unter schiesswütige Leute begibt hat das Risiko getroffen zu werden.
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