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München
Gefahr für Greifvögel: Wird in Bayern künftig nur noch bleifrei gejagt?
Im Staatswald wird bald auf bleihaltige Munition verzichtet, um Greifvögel zu schützen. Naturschützer drängen auf ein Verbot in allen Wäldern – doch Jäger haben noch Bedenken.
Im Staatswald soll ab kommendem Jahr nur noch mit bleifreier Munition geschossen werden. Während Naturschützer auf ein landesweites Verbot drängen, haben Jäger noch Bedenken.
Foto: SymbolBernd Wüstneck, dpa | Im Staatswald soll ab kommendem Jahr nur noch mit bleifreier Munition geschossen werden. Während Naturschützer auf ein landesweites Verbot drängen, haben Jäger noch Bedenken.
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 09.02.2024 11:34 Uhr

Blei ist ungesund – für Menschen wie auch für Tiere. Doch anders als in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen oder Schleswig-Holstein ist es in Bayern bislang trotzdem erlaubt, mit bleihaltiger Munition zu jagen. Ein Unding, finden Naturschützer wie Norbert Schäffer vom Landesbund für Vogelschutz (LBV): "Es gibt längst genug bleifreie Munition als Alternative", sagt er. Zudem müsse es doch auch im Interesse der Jäger liegen, nur noch bleifrei zu schießen – allein schon, um das Wildbret verkaufen zu können.

Bartgeier oder Seeadler verenden nach einer Bleivergiftung oft qualvoll

Zwar gilt die Gesundheitsgefahr für gesunde Menschen durch die Aufnahme von Blei beim Verzehr von Wildfleisch als gering. Bei Greifvögeln sei dies jedoch anders, warnt Schäffer: Der Magen - etwa von seltenen Bartgeiern oder von Seeadlern - könne Blei nicht abbauen. Die Tiere verendeten deshalb oft qualvoll, wenn sie mit Blei-Munition geschossenes Wild verzehren.

"Es gibt längst genug bleifreie Munition als Alternative."
Norbert Schäffer, Landesvorsitzender beim Landesbund für Vogelschutz (LBV)

Dieses Problem hat man auch bei den Bayerischen Staatsforsten erkannt: Nach einem Modellversuch in Staatswald-Regionen mit vielen Greifvögeln im Alpenraum, aber auch in Mittel- und Oberfranken soll nun ab April 2022 bei der Jagd im gesamten Staatswald keine Blei-Munition mehr verwendet werden. Eine Entscheidung, die auch die zuständige Forstministein Michaela Kaniber (CSU) unterstützt: "Die komplette Umstellung auf bleifreie Munition ist konsequent und ein wichtiges Signal für den Umwelt- und Gesundheitsschutz", findet sie.

Kaniber lehnt landesweites Verbot von Blei-Munition bislang ab

Doch sollte, was im Staatswald gilt, nicht auch in allen anderen Wäldern gelten? Ein landesweites Verbot von Blei-Munition lehnt Kaniber bislang ab. Sie habe jedoch bei den betroffenen Verbänden wie auch bei den Kommunen "eindringlich für deren Unterstützung, auch außerhalb des Staatswaldes, geworben", teilt sie mit. Der Antwort ihres Ministeriums auf eine Landtags-Anfrage der Grünen ist zudem zu entnehmen, dass man in München offenbar auf eine bundeseinheitliche Regelung zur Verwendung von bleifreier Jagdmunition hofft. Die lässt allerdings bereits seit Jahren auf sich warten.

Dabei drohen die Blei-Geschosse längst europaweit zum Auslaufmodell zu werden: Ab 2023 soll es etwa ein EU-weites Verbot zur Verwendung in Feuchtgebieten geben. Blei-Schrot ist in Bayern schon jetzt "an und über Gewässern" verboten.

Jagdverband: Vor allem bei bleifreiem Schrot noch große Probleme

"Grundsätzlich wollen auch wir auf bleihaltige Munition verzichten", sagt deshalb Bayerns Jagdpräsident Ernst Weidenbusch. Doch während bleifreie Büchsen-Munition inzwischen sehr gut sei, gebe es beim Schrot noch Probleme: "Wenn der Jäger schießt, muss das Geschoss sofort Tötungswirkung entfalten", erklärt der CSU-Politiker. Alles andere sei Tierquälerei. Doch bleifreies Schrot führe allzu oft nur zu schweren Verletzungen. Der Jagdverband habe deshalb sogar eine eigene Arbeitsgruppe eingesetzt, um hier technische Lösungen zu finden.

"Ein Verbot würde hohe Kosten und viel Aufwand für die Jäger bedeuten."
Gerhard Klingler, Vorsitzender der Jagdverband-Kreisgruppe Ochsenfurt

Auch Gerhard Klingler, Vorsitzender der Kreisgruppe Ochsenfurt im Landesjagdverband, sieht noch Probleme beim bleifreien Jagen: So könne man mit vielen alten Flinten nicht ohne vorherige Sicherheitsprüfung bleifrei schießen. "Und wer ganz sicher gehen will, der müsste sich für bleifreies Schrot eine neue Flinte kaufen." Auch hätten viele Jäger einen teuren Vorrat an Blei-Munition, da die Jagdgewehre damit eingeschossen sind. "Ein Verbot würde hohe Kosten und viel Aufwand für die Jäger bedeuten", warnt Klingler.

In Unterfranken sieht er zudem keine große Gefahr für Greifvögel durch Bleivergiftungen aus zurückgelassenen Wildteilen. In der Region Würzburg etwa würden sehr viele Hasen gejagt: "Und da bleiben gar keine Reste im Wald zurück", beteuert Klingler. Blei-Munition zu reduzieren und etwa am Wasser zu verbieten sei richtig: "Aber bei der Feldhasen-Jagd ist ein Verbot unnötig", findet er.

Vogelschützer Schäffer drängt dagegen auf ein landesweites Verbot der Blei-Munition: "Die Staatsforsten zeigen doch, dass es ohne Blei geht." Das Argument, bleifreie Munition sei weniger effektiv, lässt Schäffer ohnehin nicht gelten: Wenn man ohne Blei nicht sicher treffen könne, "dann kann man da eben nicht schießen", findet er. Alle Jäger könnten längst freiwillig auf Blei-Munition verzichten: "Wir müssen da jetzt endlich weiterkommen."

 
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  • E. S.
    Warum verbietet man denn nicht einfach die Jägerei?
    🐗🛑😅
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    In Bayern ist der Himmel schwarz vor Bartgeiern und Seeadlern,deshalb nur noch mit Gummischnelzer zur Jagd gehen.
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