
Beim Beginn einer Behandlung greifen Zahnärzte zur Lampe über dem Patienten. Eine solche gab es nicht, als der Retzbacher Zahnarzt Dr. Wolfgang Henke und als Zahnarzthelferin seine Frau Margarete drei Wochen lang in Mosambik arbeiteten. Stattdessen behalfen sie sich mit einer Stirnlampe. Es war bereits das dritte Mal, dass die beiden im Zuge des Projekts "Mosambikdentalhelp" unentgeltlich in Afrika tätig waren – diesmal gleich drei Wochen.
Vor sieben Jahren hatte Henke im Alter von 60 Jahren seine Praxis in Retzbach an einen Nachfolger übergeben. Unter anderem bei Urlauben in Kenia und Südafrika erkannten er und seine Frau, wie nötig zahnärztliche Hilfe in Afrika ist. 2018 waren sie erstmals für die Organisation "Zahnärzte ohne Grenzen" in Sambia im Einsatz.
Zunächst gab es keine Arbeitsgenehmigung
Da sie aber schon lange die in der Ortschaft Malehice (Mosambik) wirkende Missionsschwester Elisabeth Heßdörfer unterstützen, lag der Gedanke nahe, sich dort zu engagieren. Heßdörfer stammt aus Retzbach und leitet in Malehice ein Kloster der "Missionsschwestern des Heiligen Blutes". 2019 waren die Henkes zwei Wochen lang dort zahnärztlich tätig.
Im vergangenen Jahr sollte es zu einer Neuauflage kommen. Neben Wolfgang und Margarete Henke waren eine aus München stammende Zahnärztin und ihre Helferin mit von der Partie. Doch gab es massive Schwierigkeiten mit der Arbeitsgenehmigung. Nach nur einem Tag wurde die ehrenamtliche zahnärztliche Tätigkeit untersagt.
Das sollte nicht noch einmal passieren. Monatelang setzten sich die Schwestern bei Ämtern und Behörden für die Genehmigung ein. Heuer lag sie vor, sodass die Henkes und die Münchnerinnen Mitte Juni nach Mosambik fliegen konnte.
Zahnarzt-Ankündigung im Gottesdienst
Nicht nur die Stirnlampe für die Behandlungen war improvisiert. Auch der Patientenstuhl funktionierte nicht mehr. Das andere Team nutzte einen alten Schreibtischstuhl. Die meisten der insgesamt 600 Patienten kamen aus der näheren Umgebung. Wolfgang Henke: "Dass wir die Behandlungen durchführen, wurde im Gottesdienst angekündigt. Wir konnten uns vor Andrang nicht mehr retten."

Eine Gruppe hatte drei Stunden Anreise hinter sich, davon zwei Stunden auf einer Feldwegpiste. 32 Personen fuhren auf dem Klein-Lastwagen mit. Mit 250 Kilometern die weiteste Anreise hatten Schwestern aus Mabutu, der Hauptstadt Mosambiks.
Wie schon bei den anderen Einsätzen lag auch diesmal der Schwerpunkt auf gezogenen Zähnen. In schätzungsweise 90 Prozent der Fälle kam es zu Extraktionen, wie das Zähneziehen in der Fachsprache heißt. Margarete Henke: "Es kamen teilweise 15-, 16-jährige Mädels, bildhübsch, aber mit ,Schrott‘ im Mund."
Die Zahnpflege habe einen viel zu geringen Stellenwert. Teilweise wird viel Zuckerrohr gekaut. Doch glücklicherweise setze gerade ein Bewusstseinswandel ein. Die Henkes besuchten zwei Kindergärten und ein Waisenhaus, um dort über Zahnpflege aufzuklären, Zahnbürsten und Zahnpasta zu verteilen.
Nächster Einsatz ist in Planung
Rund 50 Kilogramm Ausrüstung wurden vor der Anreise vorausgeschickt, darunter ein Sterilisationsgerät sowie Instrumente wie Hebel und Zangen. Außerdem hatten alle vier noch einmal 20 Kilogramm Gepäck bei dem selbst finanzierten Flug dabei.
In Malehice lebten sie im Kloster von Schwester Elisabeth. Das Kloster, das in einer ehemaligen Schule untergebracht ist, versorgt sich weitgehend selbst. Die Schwestern halten unter anderem Ziegen, Hühner, Schweine und eine Kuh.

Umwerfend sei die Gastfreundschaft, berichten die Henkes. "Die Bewohner sammeln im ganzen Dorf Stühle ein, damit sich die Gäste setzen können. Und keiner isst, ehe nicht auch die Gäste beginnen haben." Das Paar aus Retzbach denkt schon an das nächste Mal. Es soll nicht der letzte zahnärztliche Einsatz in Mosambik gewesen sein.
Wer das Projekt unterstützen will, kann dies durch eine Spende tun auf das Konto DE08 3006 0601 0005 4045 63 bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank, Empfänger ist die Akademie Mundgesundheit, Stichwort „Mosambikdentalhelp“.