zurück
Zellingen
Zellinger Zahnarzt zum Zähneziehen in Mosambik
Wolfgang Henke: "Ich habe in zwei Wochen mehr Zähne gezogen als sonst in einem Jahr." Die aus Retzbach stammende Schwester Elisabeth beherbergte das Hilfsteam im Kloster.
Der Zellinger Zahnarzt Wolfgang Henke und seine Frau Margarete haben zwei Wochen lang ehrenamtlich in Mosambik gearbeitet – unter schwierigen Bedingungen.
Foto: Familie Henke | Der Zellinger Zahnarzt Wolfgang Henke und seine Frau Margarete haben zwei Wochen lang ehrenamtlich in Mosambik gearbeitet – unter schwierigen Bedingungen.
Markus Rill
Markus Rill
 |  aktualisiert: 03.12.2019 11:43 Uhr

Zur Zahnbehandlung in einem kleinen, karg ausgestatteten Raum ohne Strom und Licht auf einem Bürostuhl Platz nehmen, das ist keine Wunschvorstellung und auch für den Zahnarzt kein Vergnügen. Dr. Wolfgang Henke aus Zellingen hat kürzlich unter diesen Bedingungen zwei Wochen lang in Mosambik gearbeitet, ehrenamtlich.

Vor drei Jahren übergab der heute 63-jährige Henke seine Zahnarztpraxis an einen Nachfolger. "Seitdem habe ich Zeit", sagt er. Deshalb nahm er im vergangenen Jahr mit seiner Frau Margarete als Arzthelferin an einem Projekt der Organisation "Zahnärzte ohne Grenzen" in Sambia teil. In Afrika waren beide schon vorher, "im Urlaub in Kenia und Südafrika". Schon damals hatten sie erkannt, dass zahnärztliche Hilfe an vielen Orten in Afrika nötig wäre. Nach dem Einsatz in Sambia kam ihnen der Gedanke, in Mosambik zu helfen.

Eine Kollegin kam mit

"Schon lange unterstützen wir die Arbeit der aus Retzbach stammenden Schwester Elisabeth Heßdörfer, die seit 31 Jahren in Mosambik lebt und dort als Oberin ein Kloster leitet", erzählen die Henkes. Organisiert wird die Hilfe für Mosambik von Schwester Elisabeths Bruder, Pater Richard, der in Kloster Engelberg im Landkreis Miltenberg lebt. Er war auch Ansprechpartner der Henkes bei der Reiseplanung. In Sambia hatten die Zellinger die Unterschleißheimer Zahnärztin Dr. Tina Killian und deren zahnmedizinische Fachangestellte Hanne Kälbli kennengelernt. Henkes fragten die beiden, ob sie auch in Mosambik helfen wollten.

Die Klosterbewohner und die Hilfskräfte: Margarete Henke (vorne links), Wolfgang Henke (stehend, Dritter von links) und Oberin Schwester Elisabeth, die aus Retzbach stammt (stehend, Zweite von rechts).
Foto: Familie Henke | Die Klosterbewohner und die Hilfskräfte: Margarete Henke (vorne links), Wolfgang Henke (stehend, Dritter von links) und Oberin Schwester Elisabeth, die aus Retzbach stammt (stehend, Zweite von rechts).

"Ihre Zusage hat uns sehr geholfen. Tina Killian war schon in der Mongolei und auf den Kapverden tätig", erzählt Wolfgang Henke. "Sie war in der Lage, eine Menge Material zu organisieren." Drei 20-Kilo-Pakete mit Medikamenten, Anästhesiemitteln, Antibiotika, Füllungsmaterial und vielem mehr schickte das Team vorneweg. "Und jeder von uns brachte nochmal zehn Kilo mit auf den Flug."

Viel Lebensfreude im Kloster

In Malehice in Mosambik angekommen, erlebte das deutsche Team die überwältigende Gastfreundschaft Schwester Elisabeths und aller Menschen im Kloster, deren Gäste sie waren. "Wir wurden dort sehr verwöhnt", erzählt Henke. Die Klosterbewohner sangen und tanzten für die europäischen Gäste und gaben Einblick in ihre Kultur. "Im Vorfeld dachte ich, dass zwei Wochen im Kloster womöglich sehr ruhig sein könnten", berichtet Margarete Henke. "Aber das Gegenteil war der Fall." Die Gottesdienste seien sehr lebendig gewesen und "die Menschen waren außerordentlich freundlich und herzlich."  

Unterhaltung im Kloster: Tanzvorführung im Baströckchen.
Foto: Familie Henke | Unterhaltung im Kloster: Tanzvorführung im Baströckchen.

Außerhalb des Klosters aber waren die Zustände bedrückend. Die Menschen leben dort in einfachen Ziegel- oder Bambushütten, fließendes Wasser gibt's nur selten, ebenso wie Decken, die vor der nächtlichen Kälte schützen. Zahnpflege ist da keine Priorität. "Nicht jeder hat eine Zahnbürste, Mundhygiene ist weitgehend unbekannt", sagt Wolfgang Henke. 

Deswegen war der Andrang groß, nachdem das europäische Zahnarztteam im Sonntagsgottesdienst vorgestellt worden war. "Wir haben jeden Tag von 8 bis 17 Uhr gearbeitet mit nur einer kleinen Pause zum Essen", erzählt Henke. Rund 80 Patienten pro Tag hat er behandelt, in einer deutschen Praxis komme er vielleicht auf 30 im Durchschnitt. Mit einer deutschen Praxis aber hatten schon die Räumlichkeiten nichts gemein.   

Viele Zähne zu ziehen

Diesen Raum richteten sich die Zahnärzte zur notdürftigen Praxis her.
Foto: Familie Henke | Diesen Raum richteten sich die Zahnärzte zur notdürftigen Praxis her.

In einem kleinen Nebenzimmer einer Krankenstation gab es außer einem defekten Zahnarztstuhl kein Equipment, nur die vom Team verschickten und mitgebrachten Kartons mit Material. Die Ärzte organisierten noch einen Bürostuhl und behandelten immer zwei Leute gleichzeitig. "Zu 90 Prozent bestand meine Arbeit aus Extraktionen", so Henke. Weil mit dem vorhandenen Material und unter den Bedingungen keine Wurzelbehandlungen und kaum erhaltende Maßnahmen möglich waren, hatte er meistens keine andere Wahl. "In den zwei Wochen habe ich mehr Zähne gezogen als sonst in einem Jahr in Deutschland."

"Frauen und Männer, deren Zähne wir retten konnten, waren überglücklich", sagt Wolfgang Henke. "Die anderen waren froh, als die für sie ungewohnte Behandlung vorbei war", ergänzt seine Frau. Das Zellinger Ehepaar plant bereits den nächsten Besuch in Malehice im kommenden Jahr. "Vielleicht ist es dann möglich, einen Zahntechniker mitzunehmen, der provisorischen Zahnersatz herstellen kann", überlegt Wolfgang Henke. Er arbeitet bereits daran, die erforderlichen Genehmigungen zu erhalten.

Informationen: Am Freitag, 25. Oktober, berichtet Familie Henke ab 19 Uhr im Kolpingheim Retzbach mit vielen Bildern von ihrer Reise. Pater Richard wird ebenfalls anwesend sein und über die Arbeit von Schwester Elisabeth informieren.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Markus Rill
Arzthelfer
Zahnarztpraxen
Zahnmedizin
Zahnpflege
Zahntechniker
Zahnärztinnen und Zahnärzte
Ärzte
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Veraltete Benutzerkennung
    AU!!!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • F. B.
    Tolle Geschichte die wir auch gerne unterstützen würden, vielleicht ein Spendenkonto einrichten. Da weis man das das ankommt. Weiter so Margarete und Wolfgang.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten