
"Ich bin froh, dass ich nicht abgerissen und neu gebaut habe", sagt Andreas Vogt (35), "auch wenn es nicht so gut voran geht, wie ich will." Der gelernte Schlosser aus dem Raum Gemünden erweitert ein altes Gebäude. "Wenigstens spare ich mir die Miete, ich kann ja immer noch drin wohnen." Außerdem könne er flexibel agieren: "Wenn ein Baustoff fehlt, mache ich halt an anderer Stelle weiter."
Derzeit wartet er auf die Lieferung der Decke für das Erdgeschoss – in zwölf Wochen soll sie geliefert werden. "Wer weiß... sicher ist gar nichts." Auch nicht die Preise; die Decke wurde innerhalb von drei Monaten um ein Drittel teurer.
Während Bauende auf Material warten und die explodierenden Kosten mit Sorge und Skepsis betrachten, suchen Verkaufende nach Lösungen. Sebastian Dengel ist Geschäftsführer des Bauzentrums Kuhn. Seine Kundschaft sei bisher kooperativ. Zwar komme häufiger die Frage auf, woher die hohen Preise kämen, "aber bisher konnten wir noch alle zufrieden stellen." Dennoch stehe eine schwierige Zeit ins Haus, so Dengel.
"Aktuell gibt es Lieferprobleme bei KG-Rohren" – ohne die Kanalrohre, die Gebäude und öffentliches Kanalnetz verbinden, geht fast nichts auf der Baustelle. "Ein großer Zulieferer nimmt keine Aufträge mehr an. Wir versuchen nun alle möglichen Varianten", erklärt Dengel. Dazu gehöre auch, bei Lieferanten im Ausland anzufragen; doch manchen fehle die Zulassung für den deutschen Markt.
Alles wird teurer und ist zugleich schlechter lieferbar. "Manchen Bestellenden müssen wir mitteilen, dass Angebote nur noch zu Tagespreisen möglich sind", so Dengel. Nach seiner Einschätzung wird die Lage bis in den Herbst hinein so bleiben. "Der Weltmarkt läuft gerade leer." Jetzt fehlten vor allem Filtervliese, die zum Abfangen von Hängen und im Straßenbau verwendet werden — die Fabriken stellten nun Masken her.
Kaufbegrenzung für die Kundschaft
Bei Kuhn sorgt man dafür, dass das Lager nicht leergekauft wird: "Wenn jemand ohne vorhandenes Kundenkonto große Mengen abrufen will, müssen unsere Mitarbeitenden aktuell zuerst Rücksprache mit der Geschäftsführung halten." Einen Großbund Dachlatten, in Summe 1200 Meter Länge, könne er derzeit nicht mehr einfach so herausgeben.
Ebenso betroffen von den schnell steigenden und kurzlebigen Preisen für Material sind die Handwerksbetriebe; und die geben diese an ihre Kundschaft weiter, das spürt der Bauherr Andreas Vogt deutlich. "Die Fenster-Firma hat sich gemeldet", sagt der Schlosser mit grimmigem Blick. Ihn erwartet auch hier eine Preiserhöhung: Auf dem Angebot vom Januar stehen nun 3000 statt 2000 Euro.
Eintagsfliegenpreise, die fast so schnell steigen wie ein Kran eine Palette Dämmplatten hebt, sind unangenehm für beide Seiten. "Ich kann jetzt nur noch zu Tagespreisen anbieten", sagt Stefan Höflich, Geschäftsführer vom Karlburger Holzbau. "Ein Angebot zum Festpreis ist zu jetzigen Zeit utopisch!"
Bis April sei alles relativ normal gewesen – da stapelte sich im Lager noch Holz vom Vorjahr, zu Einkaufspreisen vor dem Holzpreisboom.
Sein Kundenstamm habe Verständnis, so Höflich: "Das ist höhere Gewalt und hat nichts mit unternehmerischem Weitblick zu tun." 90 Prozent seiner Kundschaft sei bereit, neu zu verhandeln, fünf Prozent beharrten auf den alten Preis und der Rest springe ab.
Wie sicher ist die Finanzierung?
Andreas Vogt hat seinen Umbau jahrelang geplant, das Geld dafür angespart. "Auch wenn ein Kredit gerade günstig ist. Man weiß ja nicht, ob das so bleibt. Ich traue der Sache nicht." Spätestens wenn es an Heizung und Sanitär geht, müsse er Geld aufnehmen. Für die geplante Stückholzheizung mit Solarthermie rechnet er mit 60 000 Euro. "Ich will ein Fußbodenheizung einbauen. Die ist sehr teuer, aber dafür effizient. Ich verheize weniger, das macht weniger Arbeit und ich tue auch etwas für die Umwelt."
Alfons Stark, Chef des Schrauben- und Werkzeuggroßhandls S+W in Karlstadt, gibt an, sein Lagerbestand sei in manchen Bereichen um 50 Prozent geschrumpft. Die Situation sei für alle Seiten schwierig, die Preissteigerung beim Bauen enorm. Er sagt, er verstehe aber die jungen Leute, die gerade jetzt bauen wollten. Das Einfamilienhaus im Grünen sei eben das Ideal. "Und wenn man nicht betucht ist, bekommt man die Kredite jetzt günstig wie nie." Er betrachtet die Aufnahme solch großer Summen für einen Hausbau skeptisch. "Ich bin anders erzogen worden. Da wo ich herkomme, hat man erst gespart und dann ausgegeben."
Der ehemalige Bankenaufseher Johannes Priesemann sieht die Entwicklung beim Geld mit gemischten Gefühlen. "Die niedrigen Zinsen sehen auf den ersten Blick traumhaft aus." Doch die Immobilienkredite laufen oft bis zu 30 Jahren; da sei selbst bei niedrigen Zinsen große Vorsicht geboten.
Erstens: Das Darlehen muss zurückgezahlt werden. Man könne sich nicht darauf verlassen, dass bei Rückzahlungsproblemen der Wert der Immobilie die Restschuld decke. "Ein Einbruch der Immobilienpreise zur Unzeit – beispielsweise Unfall, Jobverlust, Scheidung – kann Eigentümer in die Armut treiben: Das Haus ist weg - die Schulden bleiben." Jede und jeder solle sich fragen: Wie viel Wertverlust kann ich im schlimmsten Fall verkraften.
Banken vergleichen und Verbraucherzentrale fragen
Zweitens: Zinsen können steigen. "Wie sehen die Laufzeiten aus und wie viel Zinserhöhung kann ich mir leisten?" Das sei schwer abzuschätzen. So könne zum Beispiel das riesige US-Konjunkturprogramm zu höheren Zinsen im Euro-Raum führen: "Währungen und Zinsen hängen in der globalisierten Welt eng zusammen", so Priesemann

Der Finanzexperte rät, verschiedene Banken nach ihren Konditionen zu fragen. Außerdem solle man das Angebot der Verbraucherzentralen nutzen und Vorsicht bei komplizierten Paketen walten lassen. Eine Restschuldversicherung klinge verlockend, lohne sich aber oft nicht.
"Bei alltäglichen Dingen vergleicht doch auch jeder die Preise, um ein paar Euro zu sparen", so Priesemann. Wer beim Immobilienkredit nicht abwäge, verschenke eventuell Tausende Euro – und mache sich auf Dauer unglücklich.
Wer selber Hand anlegt, spart Geld
Bauherr Andreas Vogt macht bei seinem Bau die meisten handwerklichen Arbeiten selber, hat außerdem große Teile der Planung übernommen, von Statiker und Architekt nur das Nötigste für den Bauantrag machen lassen. "Wenn Du nicht jeden Scheiß selber machen willst, dann wird’s teuer." Vogt ist froh, dass er selbst einen Bagger hat. Auch Erdarbeiten seien um 30 Prozent teurer geworden, schon vor Corona.
Das wichtigste beim Bau – egal ob mit oder ohne Pandemie: "Du brauchst Beziehungen! Wenn du nicht jemanden kennst, der jemanden kennt und niemanden hast, der Dir hilft, hast du verloren." Das sei schon immer so gewesen. Würde er seine Baustelle nochmal beginnen, trotz Preisboom und Lieferschwierigkeiten? "Auf jeden Fall, wer weiß, was noch auf uns zukommt und ob es überhaupt nochmal besser wird."
Diesen und noch viele weitere Texte zum Thema finden Sie gebündelt in unserem neuen Online-Dossier "Bauen und Wohnen in Main-Spessart".
Wann hört dieser Unsinn wieder auf? Mir wird schlecht, wenn ich so einen Schund lesen muß....