Notbremse im Würzburger Prozess um den gewaltsamen Tod eines Babys kurz vor Weihnachten 2019 im Landkreis Main-Spessart: Das Landgericht hat die Beweisaufnahme am zweiten Verhandlungstag abgebrochen. Denn das Teilgeständnis des 23-jährigen Angeklagten lässt auf regelmäßigen Drogenkonsum zur Tatzeit schließen. Die Aussagen der beiden ersten von rund 20 geladenen Zeugen erhärteten am Donnerstag diesen Verdacht.
Gutachter dringend gesucht
Deshalb braucht das Gericht nun in aller Eile einen forensisch-psychiatrischen Gutachter. Er soll beurteilen, ob der Angeklagte schuldfähig war, als das Baby seiner Freundin starb. "Die Kammer hat sich bemüht, aber bisher erfolglos", sagte der Vorsitzende Richter Claus Barthel am Donnerstag zur Gutachter-Suche.
Das Gericht gibt sich dafür eine Frist bis zum nächsten angesetzten Verhandlungstag am 17. November. Barthel betont aber: "Es ist fast ein Ding der Unmöglichkeit, so zeitnah einen Sachverständigen zu finden." Der Gutacher müsse sich außerdem binnen drei Wochen in die Details einarbeiten, die Tausende von Aktenseiten füllen.
Neuer Anlauf im Frühjahr 2021?
Wahrscheinlicher ist, dass der Prozess ausgesetzt werden muss und - mit Gutachter - im Frühjahr 2021 von vorne beginnt. Der Angeklagte ließ durch Verteidiger Hanjo Schepfer am Donnerstag erklären, dass er derzeit nicht durch die Beantwortung von Fragen aktiv zu einem Gutachten über seine Schuldfähigkeit beitragen werde.
Zu Prozessbeginn am Mittwoch hatte der 23-Jährige bestritten, den schreienden Säugling getötet zu haben, damit er in Ruhe weiter fernsehen konnte. "Ich bin vom Wesen her gar nicht in der Lage, das zu tun", sagte er. Doch die Zweifel des Landgerichts daran wachsen mit jedem Zeugen - auch deshalb, weil der Angeklagte Freunden gegenüber ungehemmt davon gesprochen haben soll, dem schreienden Kind "den Kragen rum zu drehen".
Dass er mit dem acht Monate alten Baby seiner Freundin "nicht immer liebevoll und einfühlsam umgegangen" sei, gab der 23-Jährige vor Gericht zu. „Sie nennen das Kind ,Niggerbaby' und ,Balg'", führte Richter Claus Barthel dem Angeklagten im Prozess vor Augen. Der schreiende kleine Junge habe ihn "nicht nur genervt, sondern aggressiv gemacht". Der Angeklagte habe in Whatsapp-Nachrichten geschrieben: "Wenn der Kleine so schreit, dann kriegt er ein paar auf den Arsch."
Staatsanwalt: Säugling in Karton gepackt und im Schrank versteckt
Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach konfrontierte den Angeklagten mit weiteren Details. Laut Seebach soll er den Säugling in einen Karton gepackt und in den Kleiderschrank gesteckt haben, wenn er schrie. Beim Wickeln soll er den kleinen Jungen mit Spucktüchern gefesselt und aus 30 Zentimetern Höhe ins Kinderbett geworfen haben.
Der Angeklagte nennt den Tod des Säuglings dagegen ein Versehen: „Ich ging ins Kinderzimmer, um zu schauen, warum er schreit. Sein Schnuller lag neben ihm, ich habe ihm den in Mund gesteckt und ihn bis zum Hals in die Bettdecke eingepackt. Möglicherweise zu fest ....“
Vor dem Abbruch der Beweisaufnahme sagte Richter Claus Barthel zum Angeklagten: "Ihnen ging der Kleine sonstwo vorbei." Ausgerechnet am 20. Dezember 2019 wollen sich der 23-Jährige aber "liebevoll" um das Baby gekümmert haben?“ Barthel forderte den 23-Jährigen auf, sein Aussageverhalten vor Gericht in der Zwangspause zu überdenken.
Weshalb soll diesen Menschen der Drogenkonsum schützen. Wegsperren sonst
nichts.