
Die Suche nach dem Mörder der 15-jährigen Christiane J. dauerte fast 40 Jahre. Nun präsentieren die Ermittler den möglichen Täter: Die Staatsanwaltschaft Aschaffenburg hat Anklage gegen einen heute 57-jährigen früheren Nachbarn des Mädchens erhoben, der seit Mai in Untersuchungshaft sitzt.
Hat Christiane ihren Mörder – sechs Tage vor Heilig Abend - auf dem Weihnachtsmarkt getroffen? Diese Frage bewegte nicht nur die Ermittler nach dem Fund der Leiche an einem markanten Tatort: im nahen Schlosspark am Frühstückstempel, der weiß leuchtend auf einem Felsen steht und als einer der schönsten Plätze der Stadt gilt.
Das Mädchen wurde vergewaltigt und erwürgt
Die 15-Jährige hatte am Abend des 18. Dezember 1979 einen Stenografiekurs in der Kolpingschule besucht. Danach kam sie nicht nach Hause. Am nächsten Morgen wurde sie tot im Schlosspark gefunden, unterhalb einer 15 Meter hohen Mauer, von der sie herabgestürzt oder hinunter geworfen worden war.
Rasch fand die Rechtsmedizin heraus, dass Christiane vergewaltigt und anschließend erwürgt worden war. Doch den Täter suchten die Mordermittler lange vergeblich – obwohl der jetzt Angeklagte bereits damals unter Verdacht geriet.
Verdächtig schon damals war ein 17-jähriger Nachbar
Ein Angestellter der Stadt hatte am folgenden Tag zunächst Kleidungsstücke, dann die nackte Leiche des Mädchens unterhalb der Schlossmauer gefunden. Eine Sonderkommission der Polizei hatte danach intensiv ermittelt und mehr als 500 Spuren gesichert - den Fall aber nicht gelöst. 40 Jahre später ist den sogenannten "Cold Case"-Ermittlern der Kriminalpolizei Aschaffenburg, so scheint es, nun der entscheidende Schritt gelungen. Durch eine verfeinerte Analyse der damals sichergestellten DNA-Spuren konnte der Verdacht gegen den 57-Jährigen so erhärtet werden, dass er im Frühjahr festgenommen wurde.
Es ist bereits der zweite Erfolg der Sondereinheit: 2017 hatten die Ermittler den 30 Jahre zurückliegenden Mordversuch an einer jungen Frau nach einem Diskobesuch klären können – auch damals dank verbesserter wissenschaftlicher Methoden zum Identifizieren winziger DNA-Spuren. Polizeisprecher Michael Zimmer hatte schon damals erklärt: "Die Tatsache, dass Mord strafrechtlich nicht verjährt, ist auch für die Ermittler der Kripo Aschaffenburg immer wieder Anlass für sogenannte 'Cold Case'-Ermittlungen." Dabei werden die Unterlagen und Beweismittel dieser zum Teil Jahrzehnte zurückliegenden Fälle immer wieder geprüft.
Mordprozess schon im Januar?
Der Angeschuldigte im aktuellen Fall, "der bislang von seinem Schweigerecht Gebrauch macht, befindet sich nach wie vor in Untersuchungshaft," teilt Leitender Oberstaatsanwalt Axel Weihprecht mit. Über die Haftbeschwerde des Verteidigers des Tatverdächtigen müsse nun das Landgericht entscheiden. Es hat auch zu prüfen, ob die Anklage so plausibel ist, dass sie zur Verhandlung zugelassen wird. Dann dürfte mit einem Mordprozess Anfang nächsten Jahres zu rechnen sein.