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ASCHAFFENBURG
Tatverdächtiger steht heute nach 30 Jahren vor Gericht
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 02.04.2019 09:53 Uhr

Den Vorwurf, Frauen brutale Gewalt angetan zu haben, kennt Jürgen R. Aber wenn er an diesem Dienstag auf der Anklagebank Platz nimmt, geht es um mehr als 2005. Damals verurteilte das Amtsgericht den 55-Jährigen zu zwei Jahren auf Bewährung für Vergewaltigung, versuchte sexuelle Nötigung und Körperverletzung. Jetzt geht es um versuchten Mord und Vergewaltigung – in einem Fall, der 30 Jahre zurück liegt.

Fahrertür aufgerissen

Für die 22-jährige Ursula S. wurde in jener Nacht des 4. Januar 1988 ihr schlimmster Albtraum wahr: Arglos war die junge Frau aus dem Raum Offenbach gegen 2 Uhr von einer Aschaffenburger Diskothek zu ihrem Auto gelaufen und eingestiegen. Plötzlich riss ein Mann die Fahrertür auf, bedrohte sie mit einem Schraubenzieher, stieg zu ihr und zwang sie zu einem Waldstück zu fahren, das Einheimischen als „Hasenkopf“ bekannt ist.

Mit Schraubenzieher schwer verletzt

Jürgen R. ist nach Überzeugung von Ermittlern jener Mann, der die junge Frau zwang, sich auszuziehen und der sich dann brutal an der jungen Frau in ihrem Auto vergangen hat. Laut Anklageschrift verband er dem unbekleideten Opfer die Augen mit einem Schal. „Sodann ging der Angeschuldigte mit Ursula S. ein Stück weiter in den Wald hinein und stach dort zwecks Verdeckung der zuvor begangenen Straftaten in Tötungsabsicht mehrfach mit dem Schraubenzieher auf sie ein, wobei er seinem Opfer im Hals- und Brustbereich schwere Verletzungen zufügte“, heißt es in der Anklage.

Er floh zurück zum Wagen, merkte aber, dass noch Leben in seinem Opfer war. Er stach erneut auf Ursula S. ein. Im Glauben, sie sei tot, verscharrte er sie oberflächlich. Dann fuhr er mit ihrem Mitsubishi davon.

Frau hat knapp überlebt

Doch Ursula S. überlebte auch das. „Die 22-jährige Schwerstverletzte rettete sich zur Haibacher Straße und wurde dort kurz nach 5 Uhr von einem Autofahrer gefunden“, so Polizeisprecher Michael Zimmer. Sie wurde notoperiert und überlebte das Kapitalverbrechen nur knapp.

Vergebliche Fahndung

Mit Hochdruck fahndete die Polizei nach dem Tatverdächtigen. Außerdem suchte man unter anderem am Tatort intensiv nach der Kleidung und anderen verschwundenen Gegenständen des Opfers. Gegen 10.30 Uhr konnte der Mitsubishi sichergestellt werden.

Trotz intensiver Fahndung und Ermittlung gelang es der Sonderkommission damals nicht, einen Tatverdächtigen festzustellen. Presseveröffentlichungen mit einem Phantombild und der Auslobung von 5000 Mark führten zu Hinweisen, jedoch nicht zum Erfolg.

Neuer Anlauf 2015

2015 nahmen sich Mordermittler den Fall erneut vor. Mit Unterstützung der Operativen Fallanalyse (OFA Bayern) und des Bayerischen Landeskriminalamtes wurde er wieder aufgerollt. LKA-Spezialisten führten umfangreiche Nachuntersuchungen von Asservaten hinsichtlich DNA-Spuren durch. Tatsächlich erhärtete das Ergebnis dieser Untersuchungen dann den dringenden Tatverdacht gegen den heute 55-Jährigen mit Wohnsitz im Landkreis Aschaffenburg.

Haftbefehl beantragt

Nun beantragte die 15-köpfige Ermittlungskommission einen Haftbefehl wegen dringenden Verdachts des versuchten Mordes. Der Tatbestand der Vergewaltigung ist zwar seit 2008 verjährt, kann aber sehr wohl im Fall einer Verurteilung wegen Verdeckungsmordes beim Festsetzen des Strafmaßes berücksichtigt werden, machte Leitender Oberstaatsanwalt Burkhard Pöpperl nach der Festnahme deutlich.

Beschuldigter legte Teilgeständnis ab

Am 22. Oktober 2017 wurde der Beschuldigte in seiner Wohnung widerstandslos festgenommen. Er räumte gegenüber dem Leitenden Oberstaatsanwalt die Vergewaltigungstat ein, nicht aber den versuchten Mord. Zu einer förmlichen Beschuldigtenvernehmung war er nicht bereit. Bei der Haftbefehlseröffnung machte der nun durch einen Rechtsanwalt vertretene Beschuldigte keine Angaben zur Sache.

Ab diesen Dienstag soll er sich nun vor der 1. Strafkammer des Landgerichts Aschaffenburg in einem Indizienprozess verantworten. Zunächst sind sieben Verhandlungstage vorgesehen.

 
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