Am Donnerstag hat der Präsident des Oberlandesgerichts (OLG) Bamberg Lothar Schmitt das Amtsgericht in Gemünden mit dessen neuen Direktor Volker Büchs besucht. Über dem Gast brannten dabei noch herkömmliche Leuchtstoffröhren. Eigentlich hätte das Amtsgericht schon komplett auf LED-Lampen umgestellt werden sollen, sagte der Geschäftsleiter des Amtsgerichts, Klaus Dluczek, aber auf dem Markt habe es schlicht keine LED-Lampen gegeben. Ähnliches erleben im Moment offenbar viele Gerichte im Bezirk des Oberlandesgerichts, denn aufgrund nicht ausgeführter Bauarbeiten kriege das OLG jährlich Gelder im Millionenbereich zurück, sagte Schmitt.
Ein seit vielen Jahren in den Sitzungssälen in Gemünden bestehendes Ärgernis könnte aber demnächst der Vergangenheit angehören: der von den Teppichböden ausströmende chemische Geruch, durch den auch in Nicht-Corona-Zeiten selbst bei der größten Kälte stets Fenster offen bleiben. Laut Dluczek ist die Modernisierung der Sitzungssäle inklusive Möblierung und neuer Böden geplant. Auch die Sanitäranlagen sollen erneuert werden. Und auf die Dächer des Neubauteils des Amtsgerichts und des zugehörigen Grundbuchamts soll je 200 Quadratmeter Photovoltaik kommen. Dadurch ließe sich rund 80 Prozent des Stromverbrauchs des Amtsgerichts decken.
Schwierige Personalsituation am Amtsgericht im vergangenen Jahr
Der OLG-Präsident lobte den neuen Amtsgerichtsdirektor in den höchsten Tönen. Seine frühere Stelle an der Schwurgerichtskammer Aschaffenburg, offenkundig ein hartes Brett, habe Büchs "mit Bravour" gemeistert. Das Amtsgericht Gemünden habe das vergangene Jahr mit einer schwierigen Personalsituation zudem "mit Bravour, mit Einsatz und Solidarität" hinter sich gebracht. In der Richterschaft mit seinen neuneinhalb Richterinnen und Richtern mussten wohl längere Ausfälle kompensiert werden.
Die elektronische Akte müsse in der Justiz bis zum 1. Januar 2026 eingeführt werden, sagte Schmitt. Momentan hätten 2500 von nötigen 14.000 Anwendern in Bayern Zugang, es sei also noch "ein sportlicher Weg". Derzeit gebe es pro Woche 245.000 Aus- und Eingänge in Bayern. In Gemünden ist die elektronische Akte schon bei Zivil- und Familiensachen in Gebrauch, Schmitt habe noch von keinen Ärgernissen gehört. Jedem Richter stehen in Zivilsachen jetzt zwei Bildschirme zur Verfügung, außerdem steht hinten im Verhandlungssaal ein weiterer großer. Für manche Prozessbeteiligte sei es ungewohnt, plötzlich ohne dicke Akte in eine Familiensache zu gehen, sagte Volker Büchs. Die Übergabe etwa ans Jugendamt laufe derzeit aber noch per Stick oder CD. Das digitale Einsichtsportal soll laut Schmitt bald kommen. Bei Strafsachen gebe es bislang jedoch nur ein Pilotprojekt, das auch nur Verkehrsstrafsachen umfasse.
Arbeit des Amtsgericht in Sachen BKH Lohr ist einfacher geworden
Die Möglichkeit von Videoverhandlungen wird Büchs zufolge am Amtsgericht Gemünden bereits in der Jugendvollstreckung eingesetzt, etwa bei Unterbringungen im BKH in Lohr wegen Sucht, Alkohol oder Drogen und rechtswidriger Taten im Zusammenhang damit. Wenn jemand dort untergebracht ist, müsse das Amtsgericht die Unterbringung alle sechs Monate verlängern, was nun per Videokonferenz stattfinden könne.
Büchs zeigt sich erfreut, dass es am Amtsgericht Würzburg seit zwei Jahren einen zentralen Bereitschaftsdienst außerhalb der normalen Geschäftszeiten des Amtsgerichts gibt, der auch über Unterbringungssachen oder Fixierungen im BKH Lohr entscheidet. Das sei für das Amtsgericht Gemünden eine deutliche Erleichterung, weil das Bezirkskrankenhaus im Aufgabenbereich des Amtsgerichts Gemünden liege und ein Einzugsgebiet von Main-Spessart über Miltenberg bis nach Aschaffenburg hat. Für den OLG-Präsidenten habe das Ganze auch den Vorteil, dass die nun im Bereitschaftsdienst tätigen Richterinnen und Richter ständig dort eingesetzt seien und deshalb viel effektiver arbeiten könnten. Der Bereitschaftsdienst für Strafsachen sei schon immer am Amtsgericht Würzburg angesiedelt.
Großes Nachwuchsproblem bei Justizangestellten
Nachwuchs für das Richteramt zu finden sei kein Problem, sagte Lothar Schmitt, bei Rechtspflegern (gehobener Dienst) und Justizfachwirtinnen (mittlerer Dienst) hingegen sehe es anders aus. Zuletzt hätten es die Gerichteim OLG-Bezirk nur gerade so geschafft, ihren Personalbedarf in diesen Bereichen zu decken. Laut Dieter Helmert, Dienstleiter des Oberlandesgerichts Bamberg, hat es seit Corona deutlich weniger Bewerbungen für diese Berufe gegeben. Vor allem Rechtspfleger seien nicht so einfach zu ersetzen, weil die eine Rechtspflegeprüfung vorweisen müssen und sie nicht auf dem freien Markt verfügbar seien.