Spektakulärer Blick auf die Kalksteinfelsen der Retzbacher Benediktushöhe, direkt am Main gelegen, das Freibad nebenan: Eigentlich könnten die Bedingungen für den Campingplatz "Main Camp Resort" in Zellingen nicht besser sein. Das Areal soll seit Jahren erweitert und saniert werden, der jetzige Pächter wäre bereit, 1,5 Millionen Euro zu investieren. Warum Campingplatz-Betreiber und Zellinger Bürgermeister jetzt aber massive Kritik am Landratsamt Main-Spessart üben – und was ein acht Meter hoher Schutzwall und die Blauflügelige Ödlandschrecke damit zu tun haben.
Doch von vorne: Den Campingplatz am Main gibt es bereits seit Mitte der 1960er-Jahre, 1961 wurde die baurechtliche Genehmigung erteilt. Lange wurde er von einem Campingclub gepachtet und betrieben, der sich allerdings 2016 zurückzog. Denn die schon damals nötige Sanierung – vor allem der in die Jahre gekommenen sanitären Anlagen – war den Pächtern zu teuer.
Die Gemeinde habe daraufhin beschlossen, den Platz an einen privaten Betreiber zu verpachten, der ihn instand setzen und sanieren sollte, erinnert sich Bürgermeister Stefan Wohlfart (CSU). Zudem war die Erweiterung auf den benachbarten, brachliegenden Bolzplatz geplant. "Eben das ganze Paket, das man braucht, um den Campingplatz an die heutigen Bedürfnisse – vor allem von Wohnmobilisten – anzupassen."
Pächter plant zentrales Gebäude mit Rezeption und kleinem Einkaufsmarkt
Die ersten privaten Pächter konnten den Platz aus rechtlichen Gründen nicht übernehmen. 2020 bekundete Andre Benkert aus Erlabrunn (Lkr. Würzburg), der das "Main Camp Resort" heute betreibt, sein Interesse. Gerne würde er das Grundstück kaufen und auf den neuesten Stand bringen. Benkert plant ein zentrales Gebäude, das die Rezeption, einen kleinen Einkaufsmarkt, barrierefreie Sanitäranlagen und vier Ferienwohnungen im oberen Geschoss beinhaltet. So zumindest der Plan.
Doch das Zellinger Projekt ist ein Beispiel für die Fallstricke des deutschen Baurechts. Laut Bürgermeister Wohlfart machen die Vorgaben von Wasserwirtschafts- und Landratsamt die Erweiterung so gut wie unmöglich.
Bereits 2017 hat das Landratsamt sein Veto zum Bauantrag der damaligen Pächter eingelegt. Ein Stellplatz für Wohnmobile sei nicht zulässig. Denn der Bolzplatz wird im Flächennutzungsplan als "Grünfläche" definiert, eine Bebauung wäre nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Die Behörde habe der Gemeinde daraufhin vorgeschlagen, einen Flächennutzungsplan und gleichzeitig einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan zu erstellen, damit das rechtliche Prozedere schneller abgeschlossen sei. Wohlfart: "Man sagte uns, das sei eigentlich nur eine Formalie. Wir haben uns auf diese Aussagen verlassen und die Planungen weiter vorangetrieben."
Wasserwirtschaftsamt lehnt acht Meter hohen Lärmschutzwall am Main ab
Doch dann kamen die Einwände der Immissionsschutzabteilung des Landratsamts: "Es hieß, dass hier eigentlich gar kein Campingplatz sein dürfte, weil ungesunde Wohnverhältnisse herrschen, es viel zu laut und die Gesundheit gefährdet sei", so Wohlfart. Schuld seien die Bahnstrecke und Bundesstraße auf der gegenüberliegenden Mainseite, das benachbarte Freibad und das Gewerbegebiet.
Um die Camperinnen und Camper zu schützen, schlug die Behörde vor, einen acht Meter hohen Lärmschutzwall am Mainufer aufzuschütten. "Das wäre das Ende der Attraktivität des Platzes gewesen und wurde auch vom Wasserwirtschaftsamt abgelehnt", sagt Wohlfart. Alternativ seien dann mobile Schallschutzwände ins Gespräch gebracht worden. Nutzerinnen und Nutzer könnten sich diese laut Landratsamt bei Bedarf ausleihen, wenn ihnen der Platz zu laut sei.
Ein weiterer Kritikpunkt der Behörde laut Wohlfart: Das geplante Versorgungshaus würde Überflutungsfläche wegnehmen, die an anderer Stelle kompensiert werden müsse. Vorschlag: Ein Pool, den die Gemeinde als Retentionsfläche zur Verfügung stellt. Doch auch hier widersprach das Wasserwirtschaftsamt: Der Pool müsse aus Hochwasserschutzgründen auf Höhe des Bolzplatzes liegen. Eigentlich waren Bereiche am Freibad und an der neuen Brücke in Retzbach dafür vorgesehen. "Wir hätten sogar deutlich mehr eingebracht, als notwendig wäre – aber die neuen Vorgaben können wir nicht erfüllen", sagt Wohlfart.
Und auch der Naturschutz durchkreuzt die Pläne: "Obwohl die Fläche im Ort immer genutzt wurde, als Trainings- oder Bolzplatz, wurde eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung durch eine Biologin gefordert", sagt der Bürgermeister. Für zwei gefundene Exemplare der streng geschützten Blauflügeligen Ödlandschrecken müsse die Gemeinde Ausgleichsflächen schaffen und diese dauerhaft unterhalten.
Der Campingplatz-Betreiber hat schon rund 70.000 Euro investiert
Bei einem Gespräch, unter anderem mit den zuständigen Stellen von Wasserwirtschafts- und Landratsamt, im April 2021 habe man jedoch die mündliche Zusage erhalten, dass "wir das schon irgendwie hinbekommen", erinnert sich Pächter Benkert. "Daraufhin haben wir mit der Planung begonnen – wir dachten ja, jetzt kann nichts mehr schiefgehen." 60.000 bis 70.000 Euro hat der Erlabrunner bereits investiert. "Die Handwerker standen schon in den Startlöchern, wir haben eigentlich nur noch auf das Okay des Landratsamtes gewartet."
Doch dann der Paukenschlag: Dem Projekt wird Ende März eine Absage erteilt, die Behörde lehnt den für den Bebauungsplan notwendigen Flächennutzungsplan für den Bereich des Campingplatzes aus Immissionschutz- und Wasserrechtsgründen ab. "Ich war stinksauer – das war alles eine einzige Katastrophe", so Benkert.
Das Landratsamt teilt auf Nachfrage dieser Redaktion zu den Gründen mit: "Bei der angedachten Erweiterung des Campingplatzes sind von Seiten der Unteren Naturschutzbehörde nach derzeitigem Stand lediglich einige Änderungen in den Planunterlagen erforderlich." Dabei gehe es um "geringfügige Anpassungen" hinsichtlich der Lage, Herstellung und Pflege von Ausgleichsflächen.
Untere Naturschutzbehörde befürwortet Planung der Gemeinde
Zudem seien unter anderem noch konkrete Angaben zum Standort von Vogel- und Fledermauskästen gefordert worden. "Hierbei handelt es sich jedoch überwiegend um redaktionelle Änderungen in den Planunterlagen." Grundsätzlich habe die Untere Naturschutzbehörde die Planung der Gemeinde zur Aufstellung des Bebauungsplanes aber befürwortet.
Das hauptsächliche Problem "aus Sicht des Baurechts" liegt laut Landratsamt beim Immissionsschutz. Dies werde nur schwer zu lösen sein, "da feste Schallschutzwände am Main – im Hinblick auf Hochwasser – nicht möglich sind". Die Lage im Überschwemmungsbereich bringe zusätzliche Probleme mit sich.
"Vom Bebauungsplan können wir uns im Prinzip verabschieden", ist sich Bürgermeister Stefan Wohlfart sicher. Allein dafür habe die Gemeinde bereits über 120.000 Euro ausgegeben – für Gutachten und Planungen. Er ärgert sich über die "übergenaue Auslegung der Gesetze und Absicherungsmentalität". "Der Gemeinde werden so sämtliche Handlungsoptionen genommen. Was ist unsere kommunale Planungshoheit wert, wenn die übergeordnete Behörde sie verhindert? Nichts."
Ohne genehmigten Bebauungsplan wiederum will Andre Benkert das Grundstück nicht kaufen – zu groß ist ihm das Risiko. "Wir haben dem Landratsamt immer wieder Vorschläge gemacht, um die Probleme zu lösen, wurden aber jedes Mal niedergeschmettert – Alternativvorschläge gab es keine."
Zellinger Campingplatz muss wohl provisorisch saniert werden
Das Landratsamt schiebt die Verantwortung jedoch dem Markt Zellingen zu: Die Gemeinde habe es in der Hand, ob die Pläne noch realisiert werden. Die grobe Planung im Flächennutzungsplan muss zwar von der höheren Behörde genehmigt werden. Aber auch hier sei die Gemeinde als Trägerin der Planungshoheit die Stelle, die das Verfahren führe und über die Nutzung der Flächen entscheide. Dafür müsste der Markt zuvor aber noch wasserrechtliche Verfahren durchführen. Wenn der Flächennutzungsplan genehmigt ist, könne die Gemeinde "den Bebauungsplan ohne weitere Gestattungen beschließen".
Und jetzt? Die Gemeinde und Pächter Benkert werden nun 300.000 bis 400.000 Euro investieren müssen, um den Platz provisorisch weiter betreiben zu können. Der Bestandsschutz könnte sonst verfallen. Man wolle jedoch nicht aufgeben und weiter für den Campingplatz kämpfen.
In vielen Amtsstuben besteht leider noch die Meinung das Wohnmobilisten in die unterste Schublade gehören obwohl hier oft sechsstellige Beträge für ein Fahrzeug ausgegeben werden. Auch der wirtschaftlichen Nutzen für die Gemeinden wird hier oftmals völlig außer Acht gelassen.
Was sind denn die Bedürfnisse der Wohnmobilisten?
Ein Wohnmobil braucht Ver- und Entsorgung und allenfalls Stromanschluss. Ansonsten ist alles an Bord was man benötigt. Ein Wohnmobil braucht daher lediglich einen Platz zum stehen aber keinen Luxus wie Sanitärgebäude, Schwimmbad, Lokal, Laden und sonstige Luxus-Annehmlichkeiten. Über viele Jahren war ein Wohnmobilstellplatz einfach eine Fläche, man nennt das auch "Parkplatz".
Der grüne Bolzplatz kann somit grün bleiben und dennoch als Übernachtungsplatz für Wohnmobilisten dienen!
Anders sieht es bei einem Campingplatz aus der mit Wohnwagen angefahren und für einen längeren Aufenthalt genutzt wird. Da sind die genannten Dinge inzwischen Voraussetzung, dies schlägt sich natürlich auch im Preis nieder.
Die seltenen Tiere gibt es obwohl der Campingplatz seit ewigen Zeiten da ist.
Anscheinend stört der Lärm die Camper nicht, denn was man so sieht ist der Platz gut besucht.
Vielleicht sollte sich der Pächter politisch in einer Partei engagieren.
Soll schon in Nachbargemeinden gut funktioniert haben 😉