In Holzkirchen und seinem Ortsteil Wüstenzell regt sich Widerstand gegen die geplanten Windräder am nördlichsten Punkt Baden-Württembergs. Vier Anlagen mit einer Höhe von je maximal 290 Meter will der Betreiber Thüga Erneuerbare Energien (THEE) auf Dertinger Gemarkung direkt an der Grenze zum benachbarten Bundesland errichten.
Die "Hohe Heide", die direkt an die Gemarkungen von Wüstenzell und Homburg grenzt, sowie nur knapp 300 Meter von Remlinger Gemarkung entfernt ist, wurde 2014 als Windkraft-Konzentrationsfläche ausgewiesen. Anwohner befürchten, dass man sowohl von Wüstenzell, als auch von Homburg aus die Anlagen sehen und hören werde.
Die Abstände zwischen den Häusern am Ortsrand zum Standort der Windräder betragen jeweils weit weniger als einen Kilometer, was in Baden-Württemberg gestattet ist. Vom Bayerischen Landesamt für Umwelt heißt es auf Anfrage: "Für die Errichtung von Windkraftanlagen in Baden-Württemberg gilt baden-württembergisches Recht sowie Bundesrecht." Für Bebauung nahe der Landesgrenze gibt es demnach keine Sonderreglung.
Bachmann: Windrad in Sichtnähe beeinträchtigt die Wohnqualität
Holzkirchens Bürgermeister Daniel Bachmann kritisiert, dass er weder von THEE, noch von den Stadtwerken Wertheim, die Gesellschafter der Betreiberfirma sind, oder der Stadt Wertheim Informationen zu den geplanten Windkraftanlagen erhält. Gleiches gelte für Triefenstein, mit dessen Bürgermeisterin Kerstin Deckenbrock er über Landkreisgrenzen hinweg in ständigem Kontakt sei.
Bachmann bedauert, dass Holzkirchen als kleine Randgemeinde im Landkreis Würzburg keine nennenswerte Industrie habe, schlecht an den öffentlichen Nahverkehr angebunden sei und beim Breitbandausbau für eine höhere Datenübertragungsrate des Internets hinterherhinke. "Aber wir legen großen Wert auf eine gute Wohnqualität." Ein Windrad in Sichtnähe passe da nicht ins Bild. Das sehen auch diejenigen Bürger so, die sich an ihn gewandt haben.
Betroffene frühzeitig in Entscheidung einbinden
Das bedeute jedoch nicht, dass er sich vor den gemeindlichen Aufgaben in Sachen Energiewende drücke. Auf seinem Schreibtisch liegen die Unterlagen für eine geplante Photovoltaik-Freiflächenanlage. Bachmann betont, dass es ihm wichtig sei, Betroffene früh einzubinden, um eine Entscheidungsgrundlage für die Planung zu erreichen.
Ein solches Vorgehen habe er sich auch für die geplanten Windräder im Nachbarort gewünscht. Anders als die Stadt Wertheim im Juni auf eine Presseanfrage dieser Redaktion antwortete, sei man im dortigen Rathaus sehr wohl über Details der Planungen informiert, so Bachmann. Er legt eine Auflistung vor, die Beschlüsse des Gemeinderats, Schriftverkehr sowie Gesprächsnotizen zum Thema aufzeigen, beginnend im Jahr 2014.
Gemeinderat Holzkirchen hatte schon 2014 Einwände gegen den Windpark Dertingen
Damals hatte das Projektunternehmen ABO Wind geplant, auf der "Hohen Heide" einen Windpark zu bauen. Der Gemeinderat Holzkirchen, unter ihnen auch Daniel Bachmann, nahm seine Rechte als Träger öffentlicher Belange an der Bauleitplanung der Windparkfläche wahr und brachte Einwände vor. Die Räte sahen das Orts- und Landschaftsbild beeinträchtigt. Im Folgejahr kündigte ABO Wind an, den Bau des Windparks einzustellen, weil ein wirtschaftlicher Betrieb nicht möglich sei. Der Schutz des dort ansässigen Rotmilans hatte Vorrang.
Informationsgespräche mit den Anliegern im November 2021
Seit November 2021 ist bekannt, dass wieder Windkraftanlagen an der Stelle gebaut werden sollen. Wertheims Bürgermeister Markus Herrera Torrez sowie Vertreter der Stadtverwaltung und der Stadtwerke Wertheim hatten die Bürgermeister der bayerischen Nachbargemeinden Helmstadt, Holzkirchen und Triefenstein zur Online-Besprechung geladen.
Aufgrund der Erfahrungen, die man bei einem anderen geplanten Windpark gemacht habe, sei es den Einladenden wichtig, frühzeitig die Nachbarkommunen zu informieren, hieß es bei dem Gespräch. Herrera Torrez habe vorgeschlagen, dass die Bürgermeister die Bauabsicht in ihren Gemeinderäten besprechen sollten. Hätte es Bürgerinitiativen gegen den Bau des Windparks gegeben, hätte man auf den Bau verzichtet, soll es im Gespräch geheißen haben.
Trotz Versprechungen gab es bisher keine weiteren Treffen
"Für Anfang 2022 war von Seiten der Stadt Wertheim ein weiteres Treffen angekündigt", erinnert Bachmann. Doch das habe nie stattgefunden. Im September vergangenes Jahres prüfte THEE die Machbarkeit des Windparks. Dazu fragte der zukünftige Betreiber in den Nachbargemeinden an, wo Leitungen verlaufen, die das Bauvorhaben betreffen könnten, und wo die Zufahrt zur Baustelle erfolgen könnte.
Von Deckenbrock angesprochen auf das Thema hieß es von Thomas Beier, Geschäftsführer der Stadtwerke Wertheim, in einem Schreiben: Es würden "im Vorfeld standardmäßig Auskünfte über vorhandene Infrastruktur eingeholt, um diese bei der späteren Planung zu berücksichtigen".
Verweis auf Rechte der Nachbargemeinden im Genehmigungsprozess
Bezüglich der nicht stattgefundenen Treffen schrieb Beier, dass betroffene Gemeinden im Zuge des Genehmigungsverfahrens als Träger öffentlicher Belange beteiligt und förmlich um Stellungnahme gebeten würden. "Gerne stellen wir gemeinsam mit der THEE unser Vorhaben vorab persönlich bei den betroffenen Gemeinden vor."
Bis heute sei es dazu nicht gekommen, bemängelt Daniel Bachmann. Nach einer Versammlung der Grundstückseigentümer der Konzentrationsfläche im April habe sich ein Holzkirchener an ihn gewandt, der dort Flächen hat. Er machte den Bürgermeister auf die Beeinträchtigungen, die auf Wüstenzell zukommen werden, aufmerksam.
Darauf angesprochen, hieß es von den Stadtwerken Wertheim in einem Schreiben, in das die Redaktion Einsicht hatte: "Wir bedauern, wenn Sie das Gefühl haben, als Entscheider übergangen worden zu sein", und weiter: "Tatsächlich hat eine umfassende Abstimmung mit den betroffenen Gemeinden noch nicht stattgefunden. Dies erfolgt zu gegebener Zeit, voraussichtlich im Juni."
Doch auch im Juni gab es kein Treffen mit den Bürgermeistern. Auf Nachfrage von Kerstin Deckenbrock sagte THEE-Vertreter Carsten Kleefeld, dass das Bauvorhaben derzeit einen Verzug von etwa drei Monate habe. Ein neuer Informationstermin sei für September vorgesehen.
In BW, wo die Grünen das Sagen haben, wird das anscheinend anders durchgezogen
Ich gehe mal davon aus, dass die hiesigen Bürger auch alle Steckdosen im Haus haben. Da hat keiner drauf verzichtet, obwohl Wände ohne Steckdosen doch schöner sind. Der Blick auf Asphaltierte Straßen ist auch nicht schön, dagegen regt sich doch auch kein Widerstand.
In meiner Umgebung gibt es viele Windkrafträder, schön finde ich den Anblick auch nicht, aber irgendwo muss halt der Strom erzeugt werden.