Wie makaber das Ganze ist, zeigt sich im völlig verdreckten Badezimmer. Neben der offenen Toilette, in der allerhand Braunes klebt, befindet sich ein demoliertes Waschbecken, über dem auf einer Ablage benutzte Wattestäbchen, Kosmetikpads und ein Schwangerschafts-Frühtest liegen. Es sind die Hinterlassenschaften von Mietern, die dem Vermieter jahrelang auf der Nase herumtanzten und aus einem schmucken Zweifamilienhaus auf dem Land eine Bruchbude machten.
„Endlich sind sie weg“, dachte Julia Then, die Tochter des Vermieters, vor ein paar Wochen. Zusammen mit ihrem Vater inspizierte die Verwaltungsfachangestellte im April das Haus in Mainsondheim, das ihr Vater 2015 an ein Paar mit drei Kindern vermietet hatte. Der äußere Anblick des zweigiebligen Hauses mit Holzbalkon ließ nichts Gutes ahnen: die Wände beschmiert, die Terrasse komplett vermüllt, der Garten, in dem eine zurückgelassene Katze herumstrich, kaum noch als solcher zu erkennen.
„Der böseste Albtraum eines Vermieters ist wahr geworden“
Als Julia Then das Loch im Küchenboden entdeckte, versuchte sie noch, sich Mut zu machen: Schlimmer kann es nicht werden. Dann betrat sie den Heizraum. Zwischen Bergen von stinkendem Unrat entdeckte sie Mäusekot und Fliegeneier. Im Wohn- und in den Schlafzimmern sah es ähnlich aus, gar nicht zu reden vom Keller. „Der böseste Albtraum eines Vermieters ist wahr geworden“, sagt die 38-Jährige. Dann fügt sie seufzend hinzu: „Die armen Kinder – wie konnten ihre Eltern sie in so einem Dreck und Chaos leben lassen?“.
Ja, wie konnte es dazu kommen? Alles begann mit einem laxen Mietvertrag. „Mein Vater ist noch vom alten Schlag: Für ihn zählt ein Wort noch“, sagt Julia Then. Der Mietvertrag, den er 2015 mit dem Paar schloss, beinhaltete nur wenige Sätze. Anfangs kam die Miete pünktlich. Doch dann trennte sich das Pärchen, der Mann zog aus, die Frau hatte einen neuen Partner, der ebenfalls bereits mehrfach Nachwuchs hatte. Gemeinsam bekamen sie ein weiteres Kind. Die Mietzahlungen gerieten ins Stocken. „Als Vater nachfragte, wurde er immer wieder vertröstet.“
Vermieter wurde wegen Hausfriedensbruchs verklagt
Vor zwei Jahren versiegten die Zahlungen ganz. „Vater ist deshalb wieder hingegangen. Er hat geklingelt und an die heruntergelassenen Rollos geklopft – keine Reaktion“, erinnert sich Julia Then. Dann wird ihre Stimme zynisch: „Ein paar Tage später flatterte Papa eine Unterlassungsklage ins Haus: Die Mieter hatten ihn wegen Hausfriedensbruchs verklagt – und Recht bekommen.“ Der Vermieter darf nicht einfach so auf dem Grundstück herumlaufen.
Und erst recht darf er seine Mieter nicht selbst vor die Tür setzen. Auch dann nicht, wenn er ihnen – wie im aktuellen Fall schließlich geschehen – gesetzeskonform gekündigt hat. Also zog Julia Then einen Anwalt zu Rate: Florian Kleemann aus Schwarzach. Kleemann erwirkte per Räumungsklage, dass die Frau, die mittlerweile auch von ihrem neuen Partner wieder getrennt war, das Haus bis 31. März 2021 zu verlassen hatte.
Julia Then berichtet: „Am 2. April kamen die Eltern der Mieterin und nahmen sie und die Kinder mit. Ansonsten hätte ich die Polizei gerufen.“ Die Polizei wäre dann wohl aber gar nicht tätig geworden. „Die richtige – weil wirksame – Alternative wäre der Gang zum Gerichtsvollzieher gewesen. Der hätte dann eine Räumung veranlasst“, sagt Anwalt Kleemann. Alle Hinterlassenschaften hätten eine gewisse Zeit lang eingelagert werden müssen. Hier hätte der Vermieter in Vorleistung gehen müssen. „Die viele Arbeit, das Leerräumen des Hauses und das Einlagern – das macht die Sache teuer“, weiß Kleemann.
Über 55.000 Euro Schaden
Eine weitere Möglichkeit wäre die sogenannte „Berliner Räumung“ gewesen – eine beschränkte Vollstreckung, erklärt Kleemann. Dabei müssen alle Sachen „einen Monat und einen Tag“ im Haus bleiben – so lange kann der Mieter sie theoretisch noch abholen. Danach kann der Vermieter im besten Fall räumen. „Bei dieser Variante hat man zumindest keine Lagerkosten.“
Apropos Kosten: 30 000 Euro Mietschulden und rund 20 000 Euro Schäden am Haus haben die Mietnomaden verursacht. „Rund 5000 Euro Entsorgungskosten für die ganzen Hinterlassenschaften und die Anwaltskosten kommen jetzt noch dazu“, zählt Julia Then auf.
Sie ist realistisch: „Von all dem Geld werden wir wohl nichts mehr sehen. Die Mieterin ist überschuldet.“ Im Müll hat sie „Mahnungen ohne Ende“ gefunden. Dinge, die online gekauft, aber nicht bezahlt wurden. „Das Einzige, was sie wohl immer überwiesen hat, waren die Raten für eine Rechtsschutzversicherung.“
Im Gespräch mit dem Anwalt der Mieterin konnte Then nun zumindest erwirken, dass sie das Haus räumen darf. „Ohne diese Genehmigung hätte sie sich eventuell schadensersatzpflichtig gemacht, denn die Mieterin hätte geltend machen können, dass noch Wertsachen im Haus gewesen seien“, erklärt Anwalt Kleemann. Grundsätzlich sei das Mietrecht „unglaublich komplex“ geworden. Kleemann: „Ich will keine Werbung für meinen Berufsstand machen, aber als Laie kann man das nicht mehr durchdringen. Die Rechte sind eher auf Seiten der Mieter als der Vermieter.“
"Wo nichts zu holen ist, ist einfach nichts zu holen"
Julia Then kann davon ein Lied singen. „Außer, dass wir einen detaillierten Mietvertrag hätten abschließen müssen, haben wir nichts falsch gemacht und bleiben jetzt trotzdem auf enormen Kosten sitzen.“ Tatsächlich könnte Then zwar wegen der entstandenen Schäden ein Gerichtsurteil erwirken. Das würde Then erneut Geld kosten, allerdings bliebe die Mietnomadin dann bis zu 30 Jahre lang zur Zahlung ihrer Schulden verpflichtet.
Anwalt Kleemann schätzt die Erfolgsaussichten, die wiederum zu verauslagenden Kosten einzutreiben, allerdings als sehr gering ein: „Auch wenn man im Recht ist: Wo nichts zu holen ist, ist einfach nichts zu holen.“ Julia Then versucht nun erst einmal, die ganze Geschichte zu verarbeiten, ohne den Glauben an das Gute im Menschen zu verlieren: „Zum Glück hat es zumindest die Katze jetzt gut. Die Nachbarn kümmern sich um sie.“
Ich möchte aber zu Bedenken geben, dass sich nicht jeder Wohneigentum leisten kann. Und es kann jedem passieren, in eine finanzielle Krise zu geraten. Und wenn man in einer solchen Krise ist, dann ist es naturgemäß unmöglich, eine neue Bleibe zu finden, nicht mal einen Umzug kann man ohne Geld bewerkstelligen. In Luft auflösen kann man sich auch nicht. Und dann? Mit Kindern unter die Brücke ziehen? Bis finanzielle Hilfe greift, geht etwas Zeit ins Land. Diese Konstellation hat der Gesetzgeber beim Mieterschutz vor Augen. Leider gibt es immer Menschen, die sowas dann schamlos ausnutzen.
Solche Berichte schockieren. Dennoch sind es gemessen an der Mehrzahl der Mieter, bei denen alles in Ordnung ist, sicher vergleichsweise wenige.
Wenn der Mieter und der Vermieter es richtig machen, kann eine langandauernde Gemeinschaft entstehen. So sollte es sein, keiner sollte Vor- oder Nachteile haben.
Aber es gibt halt A... auf allen Seiten des Lebens. Ich habe meine eigene Methodik, mit Nichtzahlern und Prellern umzugehen.
Aber:
Es wird immer nur über solche extreme Fälle in der Presse berichtet. Kein Bericht über den alltäglichen Umgang von Vermietern mit ihren Mietern. Wenn man hier die Kommentare von Eigentümern liest hat man das Gefühl fast jeder Mieter ist unzuverlässlich, verdreckt, asozial und hat nur die Schädigung des Vermieters im Kopf. Und das schon bei Einzug. Was manche Vermieter für Forderungen an die Mieter stellen (siehe Kommentar Mementomori), darüber wird leider nicht berichtet. Einige Vermieter nutzen die Wohnungsnot schamlos aus und können das Leben ihrer Mieter mit Mobbing zur Hölle. machen. Sollen Mieter rechtlose Leibeigene werden? Bei einigen Kommentatoren ist das anscheind der Wunsch. Am besten Miete bezahlen und überhaupt nicht einziehen.
Ob die sich dann helfen lassen wollen, steht auf nem anderen Blatt. Hier muss sich der Staat im Sinne der Schutzbefohlenen was einfallen lassen. Es kann mir keiner erzählen, dass das spurlos vorbeigeht. Es gibt hier nur Verlierer.
Freut Euch liebe Vermieter auf die neue Bundeskanzlerin und die Grünen, das gibt ein Mietrecht da werdet Ihr wünschen Ihr hättet nie etwas besessen!
"Die Sanierungsquote muss deutlich gesteigert werden. Für den
Bestand muss gelten: Sobald ein Eigentümerwechsel erfolgt, wird ein Sanierungsfahrplan
erstellt."
(https://antraege.gruene.de/46bdk/kapitel_1_lebensgrundlagen_schuetzen-5200?backTitle=Suche&backUrl=%2F46bdk%2Fsearch%3Fquery%3Dmieter - Zeile 319 bis 321)
"Wir streben an, die Modernisierungsumlage weiter abzusenken und auf
maximal 1,50 Euro pro Quadratmeter zu begrenzen....
...Das Umwandlungsverbot im Baugesetzbuch und den Milieuschutz auszuweiten sind weitere
Instrumente."
(https://antraege.gruene.de/46bdk/kapitel_3_solidaritaet_sichern-60334?backTitle=Suche&backUrl=%2F46bdk%2Fsearch%3Fquery%3Dvermieter - Zeile 675 bis 679)
etc. etc.
Ihr Hinweis auf den lesenswerten Programmentwurf der Grünen zur Bundestagswahl ist erfreulich!
Sogar der Verband der Haus- und Grundbesitzer hält sich mit Lob nicht zurück:
https://www.hausundgrund.de/bauland-ohne-flaechenversiegelung-eigentuemer-beim-dachausbau-unterstuetzen
Haus & Grund begrüßt Bauflächenoffensive der Grünen
„Auf den Gebäuden in Ballungsräumen könnten durch Dachausbau und -aufstockung bis zu 2,7 Millionen Wohnungen entstehen – ohne dafür neues Bauland ausweisen zu müssen. So ist das 30-Hektar-Ziel in Sachen Flächenverbrauch in greifbarer Nähe“, erklärte Haus & Grund-Präsident Kai Warnecke und begrüßte die Initiative der Grünen.
Habe selbst Immobilien als Altersvorsorge, aber noch will die Bank ihr Geld und ich benötige einen laufenden Mieteingang. Bei einer Immobilie habe ich Schwierigkeiten, aber dies kann einem die ganze "Freude" am vermieten verderben.