
Wer ein eigenes Ruderboot besitzen möchte, findet gebrauchte Kanus online schon im niedrigen dreistelligen Euro-Bereich. Auch Martin Gritschke aus Albertshofen wollte irgendwann ein Boot. Aber nicht in erster Linie, um damit über den Main zu schippern. Er suchte einfach ein neues Projekt – und baute sich in monatelanger Handarbeit einfach ein Boot.

Mit Unterstützung seiner Söhne Tim (11) und Max (6) werkelte der 41-Jährige etwa ein halbes Jahr lang in seiner Garage. "Ich suche mir immer ein neues Projekt", sagt er zu seiner Motivation, "und eine Faszination für Boote habe ich schon lange." Ausschlaggebend sei letztlich ein Urlaub im vergangenen Jahr gewesen. Reiseziel: das Wikinger-Land Norwegen.
"Die Wikingerboote dort haben mich richtig beeindruckt", erzählt Gritschke. Zu Hause angekommen, entwickelte er am PC das 3D-Modell nach Vorlage eines Wikinger-Beibootes. Dabei kam ihm zupass, dass er selbst Visual Effects Artist ist, also zuständig für die aufwendigen Spezialeffekte in Filmen.

Damit der Eigenbau – ein Erstlingswerk – nicht schon bei der Jungfernfahrt die Unterwasserwelt des Mains bereichert, hat er das 3D-Modell von einer Software auf Schwimmtauglichkeit überprüfen lassen. Das Ergebnis: Bis zu einer Tragkraft von 480 Kilogramm soll es sich und die Seeleute über Wasser halten.
Marke Eigenbau aus Albertshofen: Nähen und Kleben im Bootsbau
Gebaut wird das Boot nach dem Prinzip "stich and glue", wie er sagt. Zu Deutsch: nähen und kleben. Die Planken des Bootes bestehen aus dünnen, flexiblen Spanplatten, die mit Drähten "vernäht" werden. Querstreben halten die Form. Epoxidharz verdichtet und verklebt das Holz. Durch das Material ist das Boot auch relativ leicht und für zwei Erwachsene gut zu tragen. Ein echtes Schmuckstück sind die Ruder. Auch die hat Gritschke aufwendig hergestellt: im auffälligen Muster und aus Edelholz.

Optisch sieht das Boot einem Kajak ganz ähnlich. Den Unterschied macht beim Albertshöfer Wikinger-Boot die Galionsfigur: der handgefertigte Höpper. "Damit die Mainstockheimer wissen, was auf sie zukommt", sagt er mit trockenem Humor über das Symboltier aus Albertshofen.
Der gebürtige Iphöfer hat zwar zuvor noch kein Boot gebaut, und er ist auch kein Handwerker. Dennoch ist er nicht ganz unvorbereitet und unerfahren. Sein Schwiegervater ist Schreiner. Materialien und Werkzeug waren also vorhanden. Und es ist auch nicht Gritschkes erstes Handwerksprojekt. Bisher beschränkten sich seine Holzarbeiten allerdings auf Tische oder Stühle. Jetzt wurde es etwas aufwendiger.