Wer heute einen Bauplatz ergattert, darf sich wie ein Hauptgewinner fühlen. Der Markt ist überhitzt, die Nachfrage riesig. Vielen Kandidaten bleibt in dem skurrilen Rennen nur die Niete: Sie gehen leer aus. Die Kommunen versuchen dabei den Eindruck zu zerstreuen, bei der Vergabe des raren Guts gehe es zu wie in einer Losbude. Auf das Lotterie-Prinzip zu setzen, wäre auch der Stadt Kitzingen zu billig. Und so hat sich der Stadtrat am Donnerstagabend bei der Vergabe der 27 städtischen Bauplätze am „Südlichen Hammerstiel“ weitgehend auf ein Verfahren verständigt, das die persönliche Situation des Bewerbers in den Mittelpunkt rückt. Verabschiedet werden soll es in der Sitzung am 11. Februar. Die Sache eilt, denn das rund zwei Hektar Gebiet unterhalb des Inno-Parks könnte längst bebaut sein.
Das Baugebiet wendet sich vor allem an Einheimische
Man übertreibt nicht, wenn man von einer Art Einheimischen-Modell spricht. Die besten Chancen, einen Bauplatz zu bekommen, hat demnach, wer seit Jahren in Kitzingen wohnt, möglichst viele Kinder hat und auch noch in der Stadt arbeitet. Die ÖDP-Stadtratsgruppe hatte sich für das stark lokal gefärbte Punktesystem ausgesprochen und einen entsprechenden Antrag eingebracht. Ihr Sprecher Jens Pauluhn verwies auf Würzburger Stadtrandgemeinden, in denen der Quadratmeter Baugrund bis zu 480 Euro koste. „Man kann sich vorstellen, wie attraktiv die Stadt Kitzingen für Bewerber aus Würzburg oder Nürnberg ist.“ Für Pauluhn geht es darum, jetzt möglichst rasch Fakten zu schaffen, denn eigentlich könnten sich ab nächster Woche die ersten Baukräne drehen – wenn die Grundstücke denn vergeben wären. Bisher ist nicht einmal der Preis bekannt. Oberbürgermeister Stefan Güntner (CSU) hat am Donnerstag schon einmal gewarnt: „Erschrecken Sie nicht, wenn wir Ihnen einen Vorschlag für den Quadratmeter-Preis nennen.“
Am Südlichen Hammerstiel geht es zwar nur um 27 Bauplätze, doch die Entscheidung zu deren Vergabe könnte Signalwirkung haben. Sind die Kriterien erst einmal erarbeitet, könnten sie auf alle künftigen Baugebiete angewendet werden. Die Zahl der Kinder, eine mögliche Behinderung oder Pflegebedürftigkeit in der Familie, die Wohndauer oder der Arbeitsort – diese Punkte sollen bei einer Entscheidung herangezogen werden und sind weitgehend unstrittig unter den Räten. Zu den vom OB angesprochenen „kritischen Punkten“ gehört der Grund- oder Hausbesitz. Sollen Bewerber zum Zuge kommen, die bereits ein bebaubares Grundstück im Stadtgebiet besitzen? Nein, meint die ÖDP.
Um die beliebten Grundstückspekulationen zu vermeiden, plant die Stadt, in den Vergaberichtlinien eine Klausel zu verankern, nach der das erworbene Areal binnen drei Jahren bebaut und das Objekt binnen vier Jahren bezogen sein muss. Andernfalls besitze die Stadt ein Rück- oder Vorkaufsrecht. Was passieren kann, wenn eine solche Klausel fehlt, zeigt ein Blick in den Stadtteil Hoheim. Dort gibt es laut Ortssprecher Dieter Pfrenzinger mindestens ein Dutzend privater Grundstücke, die zum Teil seit Jahrzehnten unbebaut sind und angeblich für Kinder oder Enkel zurückgehalten werden.
Soll man Grundstücke für "Spezialfälle" reservieren?
Für die große Mehrheit des Stadtrats geht das erarbeitete Punktesystem in die richtige Richtung. Neben den von der Verwaltung festgeschriebenen Punkten gab es Vorschläge für weitere Kriterien: Manfred Paul (SPD) wünschte sich „ein paar Pluspunkte“ für ökologische Aspekte, etwa wenn ein Bauherr auf regenerative Energien setze. Uwe Pfeiffle (FBW) wollte ehrenamtlich Tätigen in Feuerwehr oder Vereinen zu Boni verhelfen. Und Thomas Rank (CSU) regte an, zwei bis drei Grundstücke für „Spezialfälle“ zu reservieren. Wenn etwa ein neuer Chefarzt nach Kitzingen komme oder ein Unternehmer, der Hunderte von Arbeitsplätzen schaffe, müsse man solchen Leuten doch Bauland anbieten können. „Es kann nicht sein, dass so Jemand dann nach Iphofen zieht“, so Rank.
Das seien ja zum Teil gut gemeinte Ansätze, warf der OB ein. „Aber was wir brauchen, ist ein rechtssicheres Verfahren.“ Umweltaspekte, wie von Paul gefordert, hätten besser im Bebauungsplan für das Gebiet gestanden und seien in der Praxis schwer zu kontrollieren. Und Grundstücke zurückhalten, wie solle das gehen? „Es wäre nur möglich, sie gar nicht zu vermarkten“, so Güntner. Siegfried Müller (UsW) gab zu bedenken: „Wir werden es nicht schaffen, alle Bevölkerungsgruppen in einem Punktesystem zu berücksichtigen, wir müssen uns auf Schwerpunkte beschränken – in diesem Fall: Familien mit Kindern.“
Die Ansätze der Verwaltung und die Ergebnisse der Debatte will in der nächsten Woche der Stadtentwicklungsbeirat in seiner Sitzung aufgreifen und bewerten. Für den 11. Februar ist dann der endgültige Beschluss des Stadtrats geplant. Für Stephan Küntzer (CSU) hat die Diskussion am Donnerstag eines gezeigt: „Wir brauchen in Kitzingen mehr Bauplätze.“