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Rödelsee
Wenn die Königin in Rödelsee auf dem Boden der Tatsachen landet
Weinköniginnen-Serie (1): Karoline Hartmann, die 1. Deutsche Weinkönigin aus Franken, ist stolz darauf, ein preußischer Bayer zu sein. Und Kaviar mag sie bis heute nicht.
Karoline Hartmann aus Rödelsee wurde am 28. August 1957 zur 9. Deutschen Weinkönigin gewählt. Sie war die erste aus Franken und dem Landkreis Kitzingen. Margret Hoffranzen (rechts) setzt ihrer Nachfolgerin die Krone aufs Haupt.
Foto: Hans Heer, Volksblatt, Archiv Baumgärtner | Karoline Hartmann aus Rödelsee wurde am 28. August 1957 zur 9. Deutschen Weinkönigin gewählt. Sie war die erste aus Franken und dem Landkreis Kitzingen.
Julia Lucia
 |  aktualisiert: 14.02.2024 00:16 Uhr

Lange ist es her, das Karoline Hartmann die Krone der Deutschen Weinkönigin auf dem Haupt trug. 1957 wurde sie gewählt. "Ach, das ist so lange her. Was wollen Sie denn da jetzt noch wissen?", fragt sie. "Jetzt bin ich doch schon Ur-Oma." Doch auch wenn Jahre, sogar Jahrzehnte ins Land gezogen sind, erinnert sich die Rödelseerin Karoline Hartmann, die jetzt Baumgärtner heißt, gerne an dieses eine besondere Jahr.

Schlagfertig in München

18 Jahre jung und schüchtern war sie, als ihr Vater, der Rödelseer Bürgermeister und der Chef des Weinbauverbands, sie "bearbeitet" haben, sich doch als Fränkische Weinkönigin zu bewerben. Sie müsse es ja gar nicht werden. Am Ende ließ sie sich breitschlagen. "Und dann bin ich es auch noch geworden", erzählt sie.

Heute lebt Karoline Baumgärtner wurde mit ihrem Mann in Rottendorf.
Foto: Archiv Karoline Baumgärtner | Heute lebt Karoline Baumgärtner wurde mit ihrem Mann in Rottendorf.

Einfach sei es damals nicht gewesen, ein Mädchen für dieses Amt zu finden, denn es wurde eine junge Frau gesucht, die hauptberuflich im Weinbau tätig war. "Viele gab es da nicht", sagt die heute 82-Jährige. Ihre Eltern hatten Äcker und ein paar Weinberge, und nach dem Krieg war es klar, dass die Kinder im Haus mithalfen. "Das war damals so üblich", sagt sie. Erst nach Amtszeit und Heirat ging sie zur Handelsschule und machte schließlich eine Verwaltungsausbildung. Dem Wein blieb sie über ihre Schwester verbunden, die einen Iphöfer Winzer geheiratet hat.

Als sie zur fünften fränkischen Hoheit gewählt wurde, war Karolines Überraschung groß. Ins kalte Wasser geworfen, merkte sie schnell, dass sie von ihrem Opa eine Begabung geerbt hatte. "Mein Großvater war sehr redegewandt und das habe ich geerbt", erzählt die heutige Rottendorferin. So überzeugte sie nicht nur die fränkische Jury, sondern auch die bei der Wahl zur neunten Deutschen Weinkönigin – und die fand Ende August 1957 in Würzburg anlässlich eines großen Weinkongresses statt. Karoline Baumgärtner ist damit bis heute die einzige Deutsche Weinkönigin, die in Franken gewählt wurde.

Karoline Hartmann bei ihrer ersten Rede nach der Wahl zur Deutschen Weinkönigin.
Foto: Hans Heer, Volksblatt/Archiv Baumgärtner | Karoline Hartmann bei ihrer ersten Rede nach der Wahl zur Deutschen Weinkönigin.

Dass ein Naturtalent ins Amt gewählt wurde, merkte auch der Deutsche Weinbauverband schnell. Bald schrieb Karoline ihre Reden selbst. Wie heute machte auch sie Werbung für den deutschen Wein, die Winzer und Winzerinnen, aber sie hatte viel weniger Auftritte. Im Ausland war sie gar nicht. In Erinnerung geblieben ist ihr eine Hafenrundfahrt in Hamburg und der Besuch beim damaligen Münchner Oberbürgermeister Thomas Wimmer. Bei dem Auftritt stellte sie einmal mehr ihre Schlagfertigkeit unter Beweis. Wimmer zog sie mit dem Spruch auf: "Ihr Franken seid's fei die preußischen Bayern." Karolines Antwort: "Ja, und wir sind stolz drauf."

Die frisch gekrönte Deutsche Weinkönigin Karoline Hartmann nach ihrer Wahl im August 1957 mit dem fränkischen Künstler Richard Rother (links).
Foto: Privatarchiv Anita Arnold | Die frisch gekrönte Deutsche Weinkönigin Karoline Hartmann nach ihrer Wahl im August 1957 mit dem fränkischen Künstler Richard Rother (links).

Nicht ganz so selbstbewusst der Auftritt auf einer Lebensmittelmesse. Der Weinkönigin wurde Kaviar angeboten und sie traute sich nicht, abzulehnen. "Bis heute mag ich keinen Kaviar", sagt sie lachend. "Die heutigen Mädchen hätten das bestimmt nicht gemacht. Aber wir waren so erzogen." Trotzdem sagt sie: "Die Amtszeit hat mir viel gebracht. Ich bin selbstbewusster geworden." Dankbar hat sie Erfahrungen gesammelt und alles mitgenommen, was ihr das Amt geboten hat. Viel sah sie vom Nachkriegsdeutschland, bemerkte die Unterschiede zu den anderen Weinanbaugebieten und genoss die Gastfreundschaft der Winzer, die sie vorübergehend beherbergten. Teilweise sei es "wie Urlaub" gewesen.

Gänsehaut im Cabrio

"In Rödelsee wurde ich dann wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt", erinnert sie sich und lacht. Oft kam sie von einer Reise heim und fand einen Zettel auf dem Tisch, auf welchen Acker, in welchen Weinberg sie nachkomme solle. Ihre Eltern waren unglaublich stolz auf ihre Tochter, aber jedes Mal, wenn sie in Deutschland unterwegs war, fehlte sie daheim als Arbeitskraft. Mit ihrem Heimatort verbindet sie auch die schönste Erinnerung an ihr Amt. Nach der Wahl wurde Karoline ein rauschender Empfang bereitet, mit einem Cabrio wurde sie durch die Straßen gefahren. Sie schwelgt in Erinnerungen: "Wenn ich daran denke, bekomme ich noch heute Gänsehaut."

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version steht "Als ihr Vater, der Rödelseer Bürgermeister und Chef des Weinbauverbands, sie "bearbeitet" hat, es muss aber "Als ihr Vater, der Rödelseer Bürgermeister und der Chef des Weinbauverbands, sie "bearbeitet" haben", heißen.

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