"Geh hin und mache eine gute Figur!" – mit diesem Auftrag wurde die Volkacherin Marita Bäuerlein im Jahr 1964 nach Neustadt an die Weinstraße (Rheinland-Pfalz) zur Wahl der 16. Deutschen Weinkönigin geschickt. Nie im Leben hat die 20-Jährige gedacht, dass sie die Krone an den Main holt. "Ich war ein Zufallsprodukt", sagt die heute 76-Jährige und lacht herzlich. Schon ins Amt der Fränkischen Weinhoheit kam sie eher zufällig. Der damalige Volkacker Ratsherr Hermann Buschmann fragte ihren Vater, ob die Tochter nicht kandidieren wollte. Insgesamt gab es drei Bewerberinnen. "Da kamen dann sechs Männer, fragten was und entschieden, wer es wird", erinnert sie sich.
Wie viele Termine sie als Deutsche Weinkönigin wahrnahm, weiß sie nicht mehr. Aber: "Wir waren nur fürs Inland programmiert und zugelassen." Einmal habe sie unerlaubt einen Ausflug nach Österreich gemacht und ihrer Stimme ist anzuhören, welchen diebischen Spaß ihr das damals gemacht hat.
Eine Auswärtige in Volkach
Deutlich mehr auf jeden Fall als der Vorschlag des portugiesischen Botschafters, sich doch einen Spitznamen zuzulegen. Sein Vorschlag: Maritchen. "Aber das geht ja gar nicht", sagt Bäuerlein, die am Strehlhof bei Volkach aufgewachsen ist und deren Familie eigentlich aus Iphofen stammt.
Deswegen war auch das Verhältnis der Volkacher zur Weinmajestät etwas kühl. Unterstützung durch die Volkacher Winzer gab es kaum. "Ich war ja eine Auswärtige", erinnert sie sich an die Zeit. Auch der Deutsche Weinbauverband unterstützte die Königinnen nicht wie heutzutage. "Es gab ein Kleid. Und die Fahrten wurden bezahlt", erzählt Bäuerlein.
In Erinnerung geblieben ist auch ihr Besuch in Berlin. Bäuerlein wurde vom Flughafen – "ein Flug war damals etwas Besonderes" – abgeholt und fuhr mit einer weißen Kutsche und in Begleitung einer Musikkapelle über den Ku'damm. "Das war schon toll", sagt Bäuerlein. Ganz anders dagegen das Treffen mit dem damaligen Regierenden Bürgermeister Willy Brandt bei einer Weinprobe mit Trümmerfrauen. "Er hat freudlos nur den Termin abgearbeitet und hat während der Weinprobe auch geraucht", erzählt sie mit immer noch empörter Stimme.
Wenig erfreut war sie auch von Vorstellungen ihrer Eltern, dass sie nach ihrem Jahr als Weinkönigin "zurück an den Herd" geht. Schon ihre Ausbildung zur ländlichen Hauswirtschafterin war gedacht, damit sie eine "gute Partie" wird. Doch Bäuerlein machte den Hochzeitsplänen ihrer Eltern einen Strich durch die Rechnung, heiratete nie und machte eine Ausbildung zur Fachlehrerin für Kunsterziehung und Werken.
Eine Exotin im Landtag
Vergessen war die Weinkönigin damit nicht. Die CSU klopfte an und bat ihr einen Listenplatz für die Landtagswahl 1970 an. "Keiner rechnete mit meiner Wahl", sagt Bäuerlein, die damals die jüngste Abgeordnete war. "Ich war wie eine Exotin." Und das politische Abenteuer war schnell wieder vorbei. Nach nur einer Periode stellte sie sich nicht mehr zur Wahl. "Ich wollte mir das nicht länger antun", sagt Bäuerlein, die sich damals in Dittelbrunn niedergelassen hat und noch immer dort wohnt. Sie kritisiert die Kontrolle unter der sie damals stand. Wie ihre Eltern sollte ihr auch die Partei nichts vorschreiben. "Da bin ich stur", sagt sie und man hört, dass sie auf ihren Dickschädel auch etwas stolz ist. Und sie hat ihre eigenen Vorstellungen. Im Gegensatz zu ihren Vorgängerinnen wollte sie keine Uhr als Dankeschön. Sie wollte einen Ring aus der Goldschmiede Münsterschwarzach.
Einen Tipp für kommende Weinköniginnen hat Bäuerlein auch: "Bleibt echt. Von authentischen Menschen gibt es in allen Bereichen viel zu wenige."
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