Droht Volkach nach dem per Bürgerentscheid gestoppten Stelzenhotel und dem von Anwohnern abgelehnten, mittlerweile eröffneten Weinhotel der nächste Streit um ein Bauvorhaben? Einiges deutet darauf hin. Denn die Debatte um das vom Unternehmen Waterwalker geplante Kanu-Center am südlichen Ende der Mainlände spitzt sich erheblich zu.
Maßgeblichen Anteil daran hat ein vom Verein Bürgerinitiative Lama (Landschaftsschutz Mainschleife) vor wenigen Tagen verschicktes fünfseitiges Schreiben, das an die Volkacher Stadtratsmitglieder ging und das dieser Redaktion vorliegt. In zehn Punkten führen die Lama-Vorsitzenden Elmar Erhard und Birgit Rottmann-Barth darin auf, weshalb sie das Bauprojekt nicht nur ablehnen, sondern dieses für illegal halten. Mitarbeitern der Stadt werfen sie darüber hinaus vor, den Stadtrat, als dieser Ende September das Projekt behandelte, mit verschleierten Angaben getäuscht zu haben. Mehr oder weniger verhohlen behaupten sie zudem, dass Vorgesetzte (gar der Bürgermeister?) den Mitarbeiter hierzu angehalten hätten. Starker Tobak.
Landratsamt: Baugenehmigung ist rechtsverbindlich und unanfechtbar
Eine Grundsatzfrage ist, ob der Bauantrag von Waterwalker rechtsgültig ist. Lama behauptet, dass der im März 2012 eingereichte und vom Landratsamt Kitzingen genehmigte Antrag auf "Errichtung eines Kanu-Centers zum saisonalen Betrieb März bis November" unzulässig ist, unter anderem wegen einer nicht erfolgten Änderung des Bebauungsplans. Das Landratsamt sieht das anders. Auf Nachfrage dieser Redaktion bestätigt die Behörde: Die Baugenehmigung vom 14. August 2012 ist rechtsverbindlich und unanfechtbar. Laut Gesetz hatte der Bauherr vier Jahre Zeit, den Bau zu starten. Der Baubeginn wurde dem Landratsamt am 2. April 2016 fristgerecht gemeldet. Wobei bereits das Aufstellen eines Zauns als Baubeginn gilt.
Seitdem hat sich auf dem Gelände augenscheinlich wenig getan, obwohl dort durchaus gearbeitet wurde, was der Bauherr dem Landratsamt gegenüber durch Rechnungen belegt hat. Die lange Dauer der Arbeiten liegt dem Landratsamt zufolge daran, dass die Erschließung, etwa der Anschluss an die Kläranlage oder der Stromanschluss, kompliziert und aufwändig war. Bevor der Bauherr das Kanu-Center errichtet, möchte er das Gelände laut Landratsamt auf mögliche industrielle Altlasten und Kampfmittel aus dem Krieg untersuchen lassen. Deshalb habe er eine bei der Stadt eingereichte Tektur zurückstellen lassen, um das Ergebnis der Untersuchungen abzuwarten.
Gebäude auf Stelzen soll höher werden als zunächst geplant
Apropos Tektur. Hinter einer Tektur steckt der Antrag eines Bauherren, einen genehmigten Bauantrag in Teilen nachzubessern, etwa wenn an einem geplanten Gebäude zusätzliche Fenster notwendig werden. In diesem Fall geht es aber um deutlich mehr als um ein oder zwei Fenster. Gegenüber dem vor gut sieben Jahren genehmigten Plan soll der 17,40 Meter lange und 14,40 Meter breite Bau laut den neuesten bekannt gewordenen Plänen nicht nur um sieben Meter versetzt und unter anderem auf höheren Stelzen stehen, sondern auch eineinhalb Meter höher werden. Die Nutzfläche soll um 65 Quadratmeter wachsen und unter der Hauptebene soll ein Technikraum in der Luft hängen. Markus Schönfelder, Geschäftsführer von Waterwalker, bezeichnet die Änderungen im Gespräch mit dieser Redaktion als "kleine Änderungen der Tektur". Für Lama verbirgt sich dahinter ein "gastronomischer Großbetrieb" mit 300 Gastplätzen und mobilen Produktions- und Sanitärräumen – und das zehn Meter vom Mainufer entfernt, mitten im Hochwasserbereich.
Ob diese Änderungen per Tektur-Antrag zu klären sind, oder ob der Volkacher Stadtrat – wie Lama fordert – über einen neuen Bauantrag zu entscheiden haben wird, ist derzeit nicht zu beurteilen. Und erst anschließend, "wenn etwas Konkretes vorliegt", kann sich das Landratsamt damit befassen, wehrt sich dessen Pressesprecherin Corinna Petzold gegen mögliche Gedankenspiele und Spekulationen.
Geschäftsführer von Waterwalker wehrt sich gegen Verleumdung
Zusätzliches Öl ins Feuer hat eine Anfang Oktober veröffentlichte Pressemitteilung des Volkacher Bund Naturschutzes gegossen. Darin hatte dessen Vorsitzender, Willi Freibott, den Geschäftsführer von Waterwalker der Lüge bezichtigt: Dieser habe während eines Runden Tischs im Rathaus im Juni 2018 erklärt, dass er auf sein Kanu-Center verzichten werde, sollten die Volkacher das Stelzenhotel – wie bekanntlich geschehen – ablehnen. Schönfelder dagegen beteuert gegenüber dieser Redaktion, eine solche Aussage in besagtem Gespräch nicht getroffen zu haben. Er bezieht sich auf zwei Zeugen, Teilnehmer des Gesprächs, und kündigt juristische Schritte gegen diese "Verleumdung" an. Freibott wiederum spricht von drei Teilnehmern des Gesprächs, die seine Version bekräftigen würden.
Schönfelder versteht den auch von Lama aufgeworfenen Vergleich mit dem gescheiterten Stelzenhotel nicht. Sein Bau, der allein aus Gründen des Hochwasserschutzes ebenfalls auf Stelzen stehen muss, sei mit 200 Quadratmetern Nutzfläche deutlich kleiner als das abgelehnte Hotel. Auch verstelle das Kanu-Center keinen Panoramablick, höchstens die Sicht auf die Volkacher Kläranlage. 120 000 Euro habe in das Projekt bereits investiert, sagt Schönfelder, und lässt keinen Zweifel daran, dass er am Projekt festhalten wird.
Bürgermeister Kornell möchte mit Lama nicht fechten
Auch Volkachs Bürgermeister Peter Kornell spricht beim Kanu-Center im Vergleich zum Stelzenhotel von "keinem großen Gebäude". Angesprochen auf die von Lama erhobenen Vorwürfe gegenüber der Stadtverwaltung meint er, er werde nichts dagegen unternehmen, solange seine Mitarbeiter dies nicht von ihm verlangten. Er wolle hier keinen Kampf ausfechten. "Die Lamas sind keine kompromissfähige Truppe", meint Kornell. Dennoch werde er versuchen, "die Wahrheit zu transportieren".
Lama hat im Schreiben an die Stadtratsmitglieder angekündigt, dass sich die Bürger die laufenden Landschaftsplanungen einer grünen Mainlände "nicht durch einen Pfahlbau verunstalten lassen, der nur gegen geltendes Recht auf satzungsgemäß bestimmter Grünfläche entstehen könnte". Dies würde zu einer Gegenwehr der Bürger führen, die "nicht weniger heftig" werden wird wie 2018, als sich der Protest gegen das Stelzenhotel richtete.
Zum Glück tritt er zur nächsten Wahl nicht mehr an, so können wir hoffen, dass ein neuer Ton im Rathaus herrscht. Auch die langen Wartezeiten, bzw. das Aussitzen von Vorgängen hat dann ein Ende. Z.B. Hebebühne der Feuerwehr oder die Ernennung der Ortsteile zu Luftkurorten.
"Die Lamas sind keine kompromissfähige Truppe", meint Kornell
Wenn vorgeschlagene Kompromisse unsinnig sind, dann kann man auch nicht zustimmen, so einfach ist das. Um sich zu einigen, bedarf es zwei Seiten, die dazu bereit sind.