Die Sitzung ging nicht gut los – und sie endete unglücklich. Eigentlich waren die Kitzinger Stadträte am Donnerstagabend zu einer Sondersitzung in der Alten Synagoge zusammengekommen, um das Einzelhandelsentwicklungskonzept zu beschließen. Da aber im Vorfeld versehentlich das Ursprungskonzept vom Oktober statt des überarbeiteten Konzepts im Ratsinformationssystem hochgeladen war und die aktuellen Daten erst kurzfristig zur Verfügung standen, stellte Oberbürgermeister Stefan Güntner (CSU) gleich zu Beginn fest: Einen Beschluss wird es an diesem Abend nicht geben: "Es wäre nicht fair, Ihnen heute eine Entscheidung abzuverlangen." Beschlossen werden solle nun voraussichtlich im März.
Ratlosigkeit am Ende der Sitzung: Was hat das jetzt gebracht?
Zwei Stunden später, als die Räte den Saal verließen, war die Ratlosigkeit greifbar. Welche Schlüsse zieht man nun aus den vielen Sätzen, die gesagt und wiederholt wurden? Schon bevor Andreas Schuder vom Planungsbüro Stadt+Handel das geänderte Konzept überhaupt vorstellen konnte, wurde, wie OB Güntner kritisierte, "vogelwild" herumdiskutiert. Darüber, wer die Änderungen veranlasst hat, was geändert worden war und ob es überhaupt Änderungen sind. Steht da jetzt etwas völlig Neues drin? Oder sind es nur "Konkretisierungen", weil einigen Räten manches in der Ursprungsfassung eben nicht konkret genug war?
Fakt ist: In der neuen Version taucht das Einkaufszentrum in den Marshall Heights als potenzieller Nahversorgungsstandort auf. Beschlossen schon Ende Juli 2021, mit recht großer Mehrheit, aber von so manchen scheinbar noch längst nicht verdaut. Der Eindruck von Andreas Moser (CSU): "Wir unterwerfen die gesamte Nahversorgungsentwicklung diesem Beschluss vom 29. Juli." Die "überdimensionierte" Nahversorgung dort verdränge andere. Andreas Schuder hielt dagegen, man könne die genauen Auswirkungen erst bewerten, wenn feststehe, ob die Geschäfte in der Dagmar-Voßkühler-Straße erhalten bleiben (und sich dort weiterentwickeln) oder ob sie in die Marshall Heights ziehen. Deshalb könne man den Punkt noch nicht fest aufnehmen, das müsse später geschehen.
Soll das Einkaufszentrum durch die Hintertür gekippt werden?
Siegfried Müller (UsW) warf Moser vor, er versuche, das Zentrum in den Marshall Heights mit Hilfe des Einzelhandelskonzepts durch die Hintertür zu verhindern. 2012 sei ein solches Konzept zum Schutz der Innenstadt beschlossen worden. "Trotzdem haben wir 31 Prozent weniger Betriebe." Diesen Trend werde man nicht aufhalten können. Müllers Schluss: Man müsse das Konzept erst gar nicht beschließen, es reiche, es zur Kenntnis zu nehmen. Und falls doch beschlossen werde, werde er dagegen stimmen.
"Warum brauchen wir das Konzept?", fragte auch Stefan Küntzer (CSU). Es könne den Leerstand nicht verhindern, und Leerstand sei das Schlimmste, was einer Innenstadt passieren könne. Viel wichtiger sein ein "Spürhund", der das Ohr bei den Betrieben und den Immobilienbesitzern habe.
Im Außenbereich sollen Fehlentwicklungen verhindert werden
"Das Einzelhandelskonzept alleine wird Ihre Innenstadt nicht retten", bestätigte Andreas Schuder. Aber es sei eine Basis für die Bauleitplanung, trage dazu bei, Fehlentwicklungen im Außenbereich zu verhindern, biete Kommunen und Investoren Planungssicherheit und helfe auch, sich gegen Entwicklungen in Nachbargemeinden zu wehren. Wobei die ablehnende Haltung der Stadt Kitzingen die Ansiedlung der Norma in Mainbernheim letztlich nicht verhindern konnte. Das Konzept sei nur einer von mehreren Bausteinen, machte Schuder deutlich, denn es gehe bei der Entwicklung der Stadt ja nicht nur ums Einkaufen, sondern auch um viele andere Bereiche.
Rechtsdirektorin Susanne Schmöger verwies darauf, dass das Konzept rechtliche Wirkung habe. Man könne sich bei manchen Entscheidungen darauf berufen, dass die Stadt festgeschrieben hat, was geht und was nicht geht. "Wenn wir es nicht haben, haben wir kein Schutzgut dokumentiert", bestätigte Schuder. Dann werde es schwierig, manche Ansiedlungen im Außenbereich zu verhindern.
Ohne das Konzept sind die Fördermittel in Gefahr
Einen wesentlichen Aspekt machte Bauamtsleiter Oliver Graumann auf Frage von Andrea Schmidt (Grüne) deutlich. Ob man nicht Fördermittel riskiere, wenn die Stadt kein Einzelhandelskonzept habe, wollte sie wissen. "Ja", erwiderte Graumann. "Die Regierung von Unterfranken sagt: Wenn ihr die Innenstadt entwickeln wollt und wir sollen euch unterstützen, müsst ihr Konzepte wie das Einzelhandelskonzept haben und fortschreiben." Eine Aussage, die – schon früher so deutlich formuliert – die Debatte um die Notwendigkeit eines Beschlusses wohl deutlich verkürzt hätte.
Die Diskussion wird man wohl im März nicht wiederholen. Dagegen ist davon auszugehen, dass die Befürworter und Gegner des Marshall-Heights-Konzeptes wieder die Klingen kreuzen werden. Fortsetzung folgt.
Um dem Einzelhandel zu helfen und dafür ein gutes Konzept zu erstellen, sollte man mit Fachleuten aus diesem Bereich zusammen sitzen. Stadträte welche von diesem Thema nicht im Ansatz eine Ahnung haben, so ein wichtiges Konzept entscheiden zu lassen, halte ich für grob fahrlässig.