Das Brandobjekt in Kleinlangheim ist noch nicht richtig ausgekühlt. Anfang Juli hat hier ein vernichtendes Feuer gewütet und ein Anwesen mit einem Hauptgebäude und mehreren Anbauten zerstört – mutmaßlich entfacht von einem Brandstifter. Stechender Brandgeruch bei über 30 Grad Außentemperatur reizt Nase und Lunge. Jetzt fährt ein unscheinbarer, grauer Mercedes Sprinter an der Hofeinfahrt vor. Nur wer genau hinschaut, erkennt rundum flache Blaulicht-Blitzer. Es ist der Dienstwagen des Kommissariats 1 der Würzburger Kripo, Gruppe Branddelikte.
Das Fahrzeug verfügt über zwei getrennte Abteile und ist vollgestopft mit Spezialwerkzeug, Schutzausrüstung und elektronischen Geräten; es bietet außerdem einen PC-Platz mit Fax und Drucker. "Die zwei Räume sind wichtig für unsere Gesundheit", erklärt Kriminaloberkommissar Meyer und beruft sich auf das sogenannte Schwarz-Weiß-Prinzip. "Im Schwarzraum entledigen wir uns bei Einsatzende der kontaminierten Schutzausrüstung. Im Weißraum ziehen wir unsere normale Kleidung wieder an", sagt der Brandexperte. Dadurch soll eine Übertragung von Giftstoffen aller Art ausgeschlossen werden.
Auch die Feuerwehr arbeitet nach diesem Prinzip. "Früher sind unsere Kollegen einfach so in den Brandort hinein und haben Spuren gesucht", sagt Meyer. "Das geht heute gar nicht mehr. Das Zeug, das da brennt, wird immer giftiger." Sein Kollege, Kriminalhauptmeister Olbrecht, hat sich inzwischen in einen weißen Ganzkörper-Schutzanzug geworfen, und er trägt spezielle Gummistiefel. Als die beiden Fahnder umgezogen sind, setzen sie noch eine Atemmaske auf und betreten dann vorsichtig das Brandzentrum.
Der Brandstifter hat wohl an mehreren Stellen Feuer gelegt
Verkohlte Teile hängen wie Damoklesschwerter über ihnen, sie drohen jederzeit herunterzufallen. Offenbar hat der Brandstifter von Kleinlangheim an mehreren Orten Feuer gelegt. Diese Stellen müssen jetzt aufgestöbert und dokumentiert werden. Ebenso müssen sie herausfinden, welcher Brandbeschleuniger benutzt wurde. Je besser und detaillierter die Spurensuche, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, den Täter zu ermitteln und später vor Gericht belangen zu können.
"Im Volksmund nennt man uns Brandfahnder", erklärt Meyer. "Die offizielle Bezeichnung lautet aber Brandursachen-Ermittler." Wie wird man so ein Spezialermittler? "Man sollte viel Interesse an naturwissenschaftlichen Gegebenheiten haben", sagen Meyer und Olbrecht. Und: Kenntnisse in Physik und Chemie mitbringen. Bevor es losgeht, werden die Ermittler in verschiedenen Lehrgängen auf ihren bisweilen brandheißen Job vorbereitet. Und dann heißt es: raus an die Front. Am besten mit einem alten Hasen, der einem Tipps gibt und Tricks zeigt. "Die können wir hier natürlich nicht alle vorstellen", sagt Meyer und lächelt.
Wie hat ein Ort vor dem verheerenden Brand ausgesehen?
Ihr Einsatzgebiet ist groß und erstreckt sich über die Landkreise Würzburg und Main-Spessart bis nach Kitzingen. Wenn sie ein Objekt zu begutachten haben, stehen sie erst einmal lange direkt in der Brandstelle. "Erkennen der Systematik" nennen sie das. Sie lassen den Brandort auf sich wirken, versuchen sich vorzustellen, wie der Ort ausgeschaut hat, bevor das Feuer alles vernichtet hat. Einer der Beamten hat einen "Brandtrichter" erkannt. "Feuer steigt von unten nach oben", erklärt Meyer. "Deswegen suchen wir immer nach dem niedrigsten Brandniveau. Und je höher das Feuer geht, desto breiter wird es. Eben wie ein Trichter."
Die Ermittler haben den Verdacht, dass hier vorsätzlich gezündelt wurde. Um das beweissicher zu erkennen, kommt der Photo-Ionisations-Detektor, kurz PID, zum Einsatz. Dieser stellt Rückstände im Brandschutt fest und funktioniert "ähnlich wie eine Hundenase", wie Olbrecht sagt. Da mehr und mehr der Verdacht keimt, dass der Täter in Kleinlangheim an verschiedenen Stellen Feuer gelegt habe, entscheiden sich die Fahnder, noch auf einen anderen Helfer zurückzugreifen: den Brandmittel-Spürhund.
Die feine Nase des Spürhunds ist nur ein Hilfsmittel der Fahnder
Es ist ein normal ausgebildeter Polizeihund, der noch eine Sonderausbildung genossen hat. Mit seinem feinen Näschen ist er in der Lage, eine Vielzahl von Brandbeschleunigern zu erschnüffeln. "Das ist nur ein Teil der Hilfsmittel, mit denen wir erkennen können, ob der Brand fahrlässig oder vorsätzlich gelegt wurde oder ob es ein technischer Defekt war", sagen die Beamten.
Bei aller technischen und tierischen Unterstützung: "Am Anfang einer Tatortarbeit sind die ersten Instrumente immer noch die herkömmliche Schaufel und ein kleiner Rechen", erklären die Experten. "Und dann ist erst mal harte körperliche Arbeit angesagt: das Umgraben des Brandschutts mit der Suche nach Beweismitteln." Sie arbeiten hier nach dem Eliminationsprinzip: Nach und nach wird eine Brandmöglichkeit nach der anderen ausgeschlossen. Und irgendwann bleibt dann, im besten Fall, die richtige übrig.
Die Erfolge der Brandermittlungsgruppe sind "hoch", wie sie hier gerne betonen. Detaillierte Zahlen zu Aufklärungsquoten wollen sie zwar nicht nennen. Einen Hinweis gibt Oberkommissar Meyer dann aber doch: "Brandstiftung ist ein Verbrechen nach dem Strafgesetzbuch und wird von den Gerichten mit der allergrößten Härte bestraft." Das Strafmaß reicht bis zu zehn Jahren Gefängnis. Der Täter in Kleinlangheim wartet noch auf seinen Prozess.