Es hätte eine Win-Win-Situation sein können: 13 Schafe finden auf der gut drei Hektar großen Fläche zwischen Mainbernheim und Willanzheim unter Solar-Paneelen Futter und betätigen sich als Landschaftspfleger, indem sie den Bewuchs auf dem Areal in Schach halten. Doch nach drei Monaten sind die Fakten ernüchternd: Vier Tiere sind tot, in sozialen Medien bricht sich Empörung ihre Bahn, Bilder leidender und toter Tiere machen die Runde. Tierquälerei und Schuldzuweisungen stehen im Raum.
Es steht Aussage gegen Aussage. Ob ein Gutachten die Wahrheit ans Licht bringt? "Wir hoffen, dass durch die Untersuchung der Pathologen in Erlangen die Todesursache bei den noch untersuchbaren Tieren eruiert werden kann", schreibt Carolin Mäder, Pressesprecherin des Landratsamtes und damit auch des Veterinäramtes Kitzingen. "Diese Erkenntnisse werden sich auf die weiteren gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen auswirken."
Kamerun-Mutterschafe mit ihre Nachwuchs und ein Schafbock sollen die Fläche beweiden
Was ist passiert? Tierschützer beantworten diese Fragen völlig anders als der Besitzer der Tiere, Martin Metzger aus Tiefenstockheim. Zu den Tierschützern gehört Johannes Zäh, Inhaber des Reiterhofs Zykloopenhof in Mainbernheim. Er hat den Schlüssel zu der nahe gelegenen Photovoltaik (PV)-Anlage, die er im Auftrag des Eigentümers wartet.
Zäh erzählt, der Anlagenbesitzer habe jemanden gesucht, dessen Tiere die Fläche beweiden. "Ich habe das dem Herrn Metzger gesagt, von dem ich wusste, dass er Schafe und Ziegen hält." Metzger nahm das Angebot an und stellte nach eigenen Angaben ab Juni 13 Kamerunschafe, darunter einen Schafbock, unter.
"Es waren schon Maden in der Wunde"
Ende August fiel Reitern während eines Ausritts auf, dass der Schafbock hinkte. Sie informierten den Besitzer darüber. Eine Woche später, am 7. September, entdeckte Johannes Zäh ein totes Schaf in der Anlage. "Ich war im Auftrag des Anlagenbetreibers vor Ort und sah neben dem toten Tier auch den Schafbock mit dem offenen Bruch am Bein. Es waren schon Maden in der Wunde", berichtet Zäh. "Definitiv war kurz vor Mittag kein Wasser für die Tiere vorhanden, außerdem hingen drei Tiere in einem Zaun. Ich habe sie freigeschnitten." Zäh informierte nicht nur Metzger, sondern auch das Veterinäramt. "Das waren keine Lappalien mehr. Es gibt mehrere Zeugen, ein Video vom 28. August und Bilder, die deutlich machen, dass die Tiere indiskutabel gehalten wurden", sagt Zäh.
Metzger wehrt sich massiv gegen solche Vorwürfe – und beschuldigt die Gegenseite. Der Besitzer des Zykloopenhofs habe Freunde in Tiefenstockheim, "die sich als Tierschützer aufspielen und seit zehn Jahren etwas gegen unsere Familie haben". Entgegen deren Angaben habe er die Kamerunschafe in der Solaranlage jeden Früh und Abend besucht: "Sie hatten immer genug Wasser, bis auf ein einziges Mal, wo es weniger war." Aus Angst, jemand könne "etwas ins Wasser kippen", habe er die Tränke weit im Innenteil aufgestellt.
Hat er Angst vor Sabotage? Der 31-Jährige erzählt, er habe im Lauf der Jahre etliche Tiere "auf seltsame Weise" verloren. Nachdem ein Zuchtbock nach einem fremden Hundebiss verstorben sei, habe er Herdenschutzhunde angeschafft, "um unsere Tiere zu bewachen".
Lag der Schaf-Kadaver länger in der Anlage?
Und wie erklärt er den offenen Bruch des Schafbocks? "Der Bock ist in ein Mauseloch getreten. Ich habe einen Tierarzt angerufen, der mittlerweile in Rente ist, und der hat gesagt, ich soll dem Tier eine Schiene hinmachen und abwarten. Dann ist der Bock anscheinend nochmal umgeknickt. An dem Tag, an dem ich ihn erlösen wollte, stand das Veterinäramt da." Auch wehrt sich Metzger dagegen, dass der Schaf-Kadaver länger auf dem Gelände gelegen sei. "Bei der Hitze geht die Verwesung schnell", sagt Metzger.
Fakt ist: Nachdem am 21. September erneut ein Schaf tot neben den Solar-Paneelen lag, machte das Veterinäramt erneut einen Ortstermin - nachdem es bereits Anfang September wegen der erfolgten Anzeige vor Ort war. Am 21. September "haben wir die Nottötung von zwei Tieren angeordnet, davon eines verletzt, eines akut erkrankt, und waren auch bis zur Tötung anwesend", teilt die amtliche Pressesprecherin mit. "Ebenso haben wir sofort mündlich und schriftlich weitere Maßnahmen angeordnet, um das Tierwohl sicherzustellen, und wir haben diese ständig auch vor Ort nachkontrolliert." Ein Team der Kitzinger Polizei ermittelte.
Metzger ist seit Anfang der Woche dabei, die noch lebenden Tiere in der Anlage einzufangen und "woandershin zu bringen". Er sagt, er wolle sich die Anschuldigungen nicht gefallen lassen und habe Zäh bei der Polizei angezeigt. "Wir haben uns in der Anlage getroffen, er hat die Hand erhoben und mich bedroht." Allen anderen Tierschützern wirft er vor, sich nur als solche auszugeben und in sozialen Medien gegen ihn zu hetzen: "Da können sie alle reden. Aber wenn man einander gegenübersteht, kriegen sie die Klappe nicht auf."
Unschuldsvermutung bis Aussagen zur Todesursache vorliegen
Wie geht es nun weiter? Pressesprecherin Carolin Mäder erklärt: "Erst wenn belastbare Aussagen zur Todesursache vorliegen, können entsprechende weitere Maßnahmen von Behördenseite unternommen werden. Spekulationen im Vorfeld verbieten sich aufgrund der rechtsstaatlich garantierten Unschuldsvermutung."
Liegt eine "gerichtsverwertbare Tierquälerei" vor, erfolge eine Strafanzeige durch das Veterinäramt oder die Polizei. Das Gericht könne ein Tierhaltungsverbot aussprechen. Sind die Kriterien einer Straftat nicht erfüllt, könne das Veterinäramt unter gewissen Voraussetzungen ein Bußgeldverfahren durchführen oder – nach Ausschöpfung aller rechtlich gebotenen Mittel – ein Tierhalteverbot aussprechen. Allerdings laut Mäder kein lebenslanges, denn ein solches "ist gesetzlich nicht vorgesehen".