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Iphofen
Tiefgarage unter dem Marktplatz, Einbahnstraßen und die große Frage: Wird die Altstadt von Iphofen autofrei?
Seit Jahren wird in Iphofen diskutiert, ob Autos in der Altstadt parken dürfen. Bei einer Bürgerversammlung sind sich alle, dass es so nicht weitergeht.
Vorführeffekt: Ohne Hindernisse ging es beim erklärenden Spaziergang durch die Iphöfer Altstadt über den Streifen für Rollatoren, Rollstühle und Kinderwagen.  Oft parken genau dort Autos.
Foto: Julia Lucia | Vorführeffekt: Ohne Hindernisse ging es beim erklärenden Spaziergang durch die Iphöfer Altstadt über den Streifen für Rollatoren, Rollstühle und Kinderwagen.  Oft parken genau dort Autos.
Hartmut Hess
 und  Julia Lucia
 |  aktualisiert: 25.02.2024 03:33 Uhr

Eine autofreie Altstadt? Das Thema wird in Iphofen seit Jahren, besser gesagt seit Jahrzehnten, leidenschaftlich diskutiert – sowohl im Stadtrat als auch zwischen den Bewohnerinnen und Bewohnern der Altstadt und den dort ansässigen Gewerbetreibenden. Wobei gerade Letztere beim jüngsten Bürger-Spaziergang durch die engen Iphöfer Gassen durchaus besser hätten vertreten sein können. Denn Bürgermeister Dieter Lenzer möchte das leidige Problem endlich lösen.

Deswegen hat die Stadt das Nürnberger Mobilitätsplanungsbüro PB Consult mit einem Verkehrskonzept beauftragt. Die Ergebnisse der vorausgehenden Parkraumanalyse stellten die PB-Consult-Mitarbeitenden Franziska Groß und Jens Lauterbach bei einem Gang durch die Altstadt und einer anschließenden Bürgerversammlung in der Karl-Knauf-Halle vor. Etwa 60 Iphöferinnen und Iphöfer – nicht nur aus der Altstadt – kamen. Etwa 700 Menschen leben in der Stadtmitte.

Zugeparkte Kreuzungen behindern alle, vor allem aber Müllabfuhr und Rettungswagen

Beim Halt in der Kirchgasse, direkt hinter der Kirche, zeigte Groß ein erstes Problem auf: Der Streifen für Rollatoren, Rollstühle und Kinderwagen ist oft verstellt. Illegal sei es nicht, auf diesen Streifen zu parken, erklärte Lauterbach. Doch jeder, der den barrierefreien Streifen brauche, ärgere sich, wenn er nicht durchkomme. Lautes Gemurmel und Nicken bei den Zuhörerinnen und Zuhörern. 

In der Iphöfer Altstadt wird oft zu nah an den Kreuzungen geparkt. Verstellte Sichtachsen gefährden dann alle Verkehrsteilnehmer.
Foto: Julia Lucia | In der Iphöfer Altstadt wird oft zu nah an den Kreuzungen geparkt. Verstellte Sichtachsen gefährden dann alle Verkehrsteilnehmer.

Nur ein paar Meter weiter ein nächstes Problem: zugeparkte Kreuzungen in engen Gassen. Verstellte Sichtachsen behindern und gefährden alle Verkehrsteilnehmer. Von zu engen Wegen für Müllabfuhr, Rettungswagen und Feuerwehr ganz zu schweigen. Gerne wird dann auch noch so geparkt, dass die Anwohner, die ihr Auto auf ihrem Grundstück parken wollen, Schwierigkeiten haben, in den Hof zu fahren, erklären Groß und Lauterbach.

Nächster Stopp Marktplatz. Dauerparkende Touristen und wildes Parken ohne Rücksicht wurden hier besonders bemängelt. Der große Wunsch aller Mitlaufenden: mehr Struktur. 

Es gibt genügend Parkplätze – das Problem ist die Auslastung

Sowohl beim Spaziergang als auch in der Karl-Knauf-Halle zeigte sich, dass sich die Meinungen so vielfältig entpuppten, wie es die Straßen und Gassen in der Iphöfer Altstadt sind. Auslöser für die Bürgerbeteiligung zum Parkraumkonzept war die Sanierungsplanung der Langen Gasse, die den Stadtrat seit geraumer Zeit beschäftigt. 

Franziska Groß (von links) vom Mobilitätsplanungsbüro PB Consult warb für die Online-Befragung, ihr Kollege Jens Lauterbach erläuterte die Parkraumanalyse und Bürgermeister Dieter Lenzer hörte sich die Meinungen der Bürgerinnen und Bürger an.
Foto: Hartmut Hess | Franziska Groß (von links) vom Mobilitätsplanungsbüro PB Consult warb für die Online-Befragung, ihr Kollege Jens Lauterbach erläuterte die Parkraumanalyse und Bürgermeister Dieter Lenzer hörte sich die Meinungen der ...

Die Stadt will das Parken in der Altstadt neu denken und organisieren, denn es gelte, die Aufenthalts- und Lebensqualität in der Altstadt zu steigern. Lauterbach erläuterte die Parkraumanalyse und stellte von Anfang an klar: "Es gibt genügend Parkplätze in Iphofen." Die Auslastung sei ein Problem. Außerhalb der Altstadt gibt es rund 400 Parkplätze, in der Altstadt etwa 280. Und: Nehme man den Marktplatz als Mittelpunkt, erreiche man innerhalb von fünf Minuten zu Fuß alle Punkte der Altstadt und sogar darüber hinaus. Was umgekehrt heißt: Auch wer außerhalb der Stadt parkt, ist schnell in der Stadtmitte. 

Anzeige für den Anbieter Google Maps über den Consent-Anbieter verweigert

Doch: „Dort, wo das Parken am einfachsten wäre, an der Karl-Knauf-Halle, wird am wenigsten geparkt“, sagte Jens Lauterbach. Die Parkplätze am Einersheimer und Rödelseer Tor werden dagegen genutzt. Hier sieht Lauterbach Potenzial, Autos umzuleiten.

Eine Tiefgarage unter dem Iphöfer Marktplatz? Es gibt realistischere Vorschläge

Die Zuhörerschaft hatte dazu einige Ideen. Rainer Guckenberger schlug zum Beispiel vor, unter dem Marktplatz eine Tiefgarage zu bauen. "Das wäre für Anwohner, Gewerbetreibende, Kunden und Besucher die beste Lösung", fand er. Realistischer dagegen der Vorschlag von Hermann Neubert: Die Stadt könnte Objekte ankaufen und sie für Paternoster-Parkplätze, hauptsächlich für Altstadtanwohner, umnutzen. Zudem plädierte er für eine weitgehend autofreie Altstadt, in der selbst Übernachtungsgäste nicht parken dürften.

Deutlich mehr Autos als jetzt im Februar parken im September oder Oktober auf dem Iphöfer Marktplatz.
Foto: Julia Lucia | Deutlich mehr Autos als jetzt im Februar parken im September oder Oktober auf dem Iphöfer Marktplatz.

Das sieht auch Giovanni Lucia so: "Warum machen wir die Altstadt nicht komplett autofrei?", fragte er in die Runde und bekam sehr verhaltenen Applaus. Lieferverkehr, Be- und Entladung für Hotelgäste, Weinkäufe oder Geschäftsbesuche in der Altstadt sollen durchaus möglich sein – aber zeitlich begrenzt und in ausgewiesenen Parkflächen.

Walter Grötsch hätte gerne mehr Abstellplatz für Fahrräder und markierte Parkflächen am Marktplatz. Seiner Meinung nach wäre damit schon viel getan. Außerdem appellierte er an die Geschäftsleute, sie und ihre Angestellten sollten doch vor der Stadtmauer parken.

Die zugeparkte Pfarrgasse ist der aktuelle Brennpunkt

Bleibt das Problem Pfarrgasse. Dieter Lenzer erklärte, dass sie parkraumtechnisch aktuell der größte Brennpunkt sei. Als Anwohner der Pfarrgasse sprach sich Frank Rönninger dafür aus, die Idee einer Einbahnstraße weiterzuverfolgen. Allein, dass über eine mögliche Einbahnstraßenreglung in den Medien berichtet wurde, führte laut Lenzer zu wütenden Anrufen im Bürgermeister-Zimmer. "Jeder sieht das Thema halt aus seiner eigenen Sicht", sagte das Stadtoberhaupt.

Die Pfarrgasse ist der verkehrstechnische Brennpunkt in der Iphöfer  Altstadt. Links und rechts parken Autos, in der Mitte fließt der Verkehr.
Foto: Julia Lucia | Die Pfarrgasse ist der verkehrstechnische Brennpunkt in der Iphöfer  Altstadt. Links und rechts parken Autos, in der Mitte fließt der Verkehr.

Wie auch immer das Verkehrskonzept der PB Consult im Sommer ausfallen wird: Ohne Kompromissbereitschaft, Verständnis und Rücksicht wird auch in den nächsten Jahrzehnten keine Lösung für die Altstadt gefunden werden.

Bewohnerinnen und Bewohner der Iphöfer Altstadt können sich bei einer Online-Bürgerbefragung beteiligen. Wünsche, Ideen und Anregungen können alle auf einer interaktiven Karte festpinnen. Beides ist zu finden auf: iphofen.mitwirken.eu. Telefonisch ist eine Beteiligung möglich unter der Nummer: (0 93 23) 8 71 53 32.

 
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Kommentare
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  • Peter Koch
    Vielleicht gibt es ja 10 Millionen Euro Fördergeld für ein Pilotprojekt? Da muss man sich halt was einfallen lassen um an das Geld ranzukommen.
    Man könnte doch die gesamte Altstadt mit einem bergmännisch erstellten Parktunnelsystem ausstatten. Das wäre eines Pilotprojekts würdig und wie man solche Tunnel gräbt weiß man beim Knauf. Mit der Zeit wachsen vielleicht sogar noch romantische Tropfsteine für die Touris an der Tunneldecke oder auf zu lange parkenden Autos.
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