Freitagabend 18 Uhr: Schon jetzt hängt am Volkacher Weinfestplatz der Duft von Bratwurst, Pommes und gebrannten Mandeln in der Luft. Die Band checkt noch ihren Sound, die Winzer öffnen langsam ihre Weinstände. Während die Besucher tröpfchenweise auf dem Festplatz eintrudeln, stehen andere schon in den Startlöchern und warten auf ihre Kundschaft: Maria, Toni, Karl und Antonia arbeiten beim diesjährigen Weinfest als Bedienungen und sorgen dafür, dass die Gläser ihrer Gäste nicht leer werden.
Zwei Kühltaschen sind mit Weinflaschen befüllt, die polierten Gläser gepackt, die Wasservorräte gecheckt. Jetzt geht’s los für Karl Mauder, der dieses Jahr für das Weingut Max Müller loszieht. Der 23-Jährige ist zu 100 Prozent im Verkaufs- und Unterhaltungsmodus: "Ist das Glas schon wieder leer, muss ein eiskalter Schoppen her – mir macht es einfach Spaß, die Leute mit meinen Sprüchen zu unterhalten. Da kriegst du ein Lächeln und meist auch ein gutes Trinkgeld."
Ein freundliches Lächeln steigert das Trinkgeld
Wobei das mit dem Trinkgeld dieses Jahr kritisch werden könnte. Sein Schoppen kostet glatt fünf Euro. Da bleibt kein Spielraum für den Gast, großzügig aufzurunden. Auch Maria Karg, die seit mehreren Jahren für das Weingut Römmert unterwegs ist, ist gespannt, wie die Gäste auf den Preis reagieren werden. "Wobei schon letztes Jahr bei einem Schoppenpreis von 4,50 Euro nicht automatisch fünf Euro gegeben wurden", sagt sie.
Die 24-jährige Studentin kommt jedes Jahr extra aus Stuttgart, um in den Semesterferien Geld für eine Urlaubsreise zu verdienen. Marias Weinfest-Chef ist Matthias Koch, der mit der HSG Volkach den Weinstand für das Weingut Römmert betreibt. Er ist froh, dass er auch dieses Jahr auf ihren Einsatz bauen kann.
Helferinnen und Helfer zu finden, wird immer schwieriger
Denn motivierte Bedienungen zu finden, ist nicht mehr so einfach: "Vor 15 Jahren habe ich in Würzburg einfach eine Anzeige in einem Studenten-Portal geschaltet und da haben sich Dutzende Interessierte gemeldet. Heute ist es umgekehrt: Ich muss die Leute ganz gezielt ansprechen, ob sie wieder arbeiten wollen."
Davon kann auch Tatjana Hart, Stand-Betreiberin vom Weingut Leo Langer, ein Liedchen singen: "Auf unsere Anzeigen haben wir nicht viel Rücklauf. Teilweise rufen da die Mütter an, um für ihre Söhne anzufragen. Und da habe ich schon meine berechtigen Zweifel, ob das ein geeigneter Kandidat fürs Weinfest ist." Denn was eine erfolgreiche Weinfestbedienung braucht, sind Ausdauer und Selbstbewusstsein, Motivation und vor allem gute Laune.
Antonio Langer: "Einer der besten Jobs überhaupt"
"Wer eine Schnute zieht, verkauft auch nichts", weiß auch Antonia Langer, die für das Weingut ihrer Eltern den Wein am Platz verkauft. Dass immer weniger junge Leute Lust aufs Bedienen haben, kann sie nicht verstehen: "Es ist einer der besten Jobs überhaupt – du hast Spaß, bist mittendrin, triffst Freunde und Bekannte und verdienst dabei gutes Geld."
Sie kann den Job nur weiterempfehlen, denn selbst Gastro-Unerfahrene und Wein-Nichtkenner sind geeignet. Fundiertes Weinwissen spielt auf einem Massenevent wie dem Fränkischen Weinfest eher eine Nebenrolle; die nötigen Grundlagen kann man sich schnell draufschaffen.
Eine gute Basis also, dass auch Toni Schwanfelder und Anne Braun zufrieden aus dem Volkacher Weinfest herausgehen werden. Der Schüler und die Schülerin sind dieses Jahr das allererste Mal als Bedienung für die Winzergenossenschaft Divino Nordheim dabei und fragen sich, wie sie sich wohl schlagen werden: "Spannend werden die Stoßzeiten und wenn der Platz richtig voll wird. Schaffen wir das? – Wir sind optimistisch!"
Alle Herausforderungen gelassen meistern
Gerade in Extremsituationen wie einem vollen Festplatz am Samstagabend warten viele Herausforderungen: lange Wege zurück zum Stand, um die Wein-Vorräte wieder aufzufüllen. Kritische Gäste, wenn der Wein nicht kalt genug oder das Glas nicht exakt bis zum Eichstrich eingeschenkt ist. Überfüllte Gänge, nicht nur mit harmlosen Party-Feiernden, sondern auch mit betrunkenen oder gar übergriffigen Gästen.
Aber diese Hürden meistern die Bedienungen mit Bravour und einem charmanten Lächeln. Selbst über Heiratsanträge dürfen sie sich zuweilen freuen. Ein Gast war von Maria Karg so begeistert, dass er sie vom Fleck weg heiraten wollte. "Der wollte mich direkt mit nach Hause nehmen und hat nicht locker gelassen." Daraus wurde allerdings nichts. Oder über ehrliche Finder: "Eine meiner Bedienungen hat mal ihren Geldbeutel an einem Tisch liegen gelassen, kam ganz aufgelöst an meinen Stand und weinte bitterlich. Und wer hätte es gedacht: Einer ihrer Gäste hat den Geldbeutel kurz drauf zu uns zurückgebracht", erzählt Rainer Müller vom Weingut Max Müller.
Es sind also nicht nur Bratwurst-Duft, Wunderkerzen-Zauber und "Sierra Madre", die die besondere Atmosphäre in Volkach beim Fränkischen Weinfest ausmachen. Es sind die Menschen und insbesondere die Bedienungen: Sie brennen für ihren Job und stecken ihre Gäste mit ihrer Freude und guten Laune an.