Keine Bäckereitheke in Unterfranken, in der jetzt nicht der beliebte Zwetschgenkuchen oder "Zwetschgenplootz" zu finden wäre. Und der Vermerk, der die Regionalität dieses gebackenen Kulturguts betont: "mit fränkischen Zwetschgen".
Doch wie steht es in Zeiten des Klimawandels um die traditionsreiche Frucht? Wie ist es bestellt um die Zwetschge in Unterfranken - und hat sie Zukunft? Antworten geben Thomas Riehl, Berater für Obstbau beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten für Kitzingen-Würzburg (AELF) und Marion Gold, Betriebsleiterin des Obst- und Spargelhofs Gold in Karlburg (Lkr. Main-Spessart), die auf 10,5 Hektar Zwetschgen anbaut.
Wie fällt die Zwetschgenernte in Unterfranken in diesem Jahr aus?
Die Gesamterntemenge bei den Zwetschgen bezeichnet Thomas Riehl für Unterfranken als "durchschnittlich". In Zahlen bedeute das eine Erntemasse von circa 2000 Tonnen. Auch bei ihr sei der Ertrag bei den mittleren und späten Sorten durchschnittlich bis gut gewesen, sagt Anbauerin Marion Gold. Aufgrund der Trockenheit habe man jedoch mit Tröpfchenbewässerung oder aufwändigem Gießen dafür sorgen müssen, dass die Zwetschgenbäume genug Wasser bekamen.
Ein Problem, das kontinuierlich zunimmt, sagt Riehl: "Wenn man sich die Statistiken anschaut, hat man im Jahresdurchschnitt zwei Grad höhere Temperaturen wie vor 30 oder 40 Jahren. Dadurch verdunsten die Pflanzen mehr. Und selbst wenn es gleich viel regnet, bräuchten sie eigentlich mehr Wasser."
Weit massiver als die Trockenheit habe den frühen und mittelspäten Zwetschgensorten der Frost während der Blüte im März geschadet, sagt Gold. Bei diesen Sorten habe ihr Betrieb in Karlburg dadurch Ernteausfälle von bis zu 50 Prozent im Vergleich zu 2021 zu verzeichnen.
Welchen Einfluss hat der Klimawandel auf die Zwetschgenernte?
Für den Obstanbau sei das Hauptproblem durch den Klimawandel: Die frühblühenden Gehölze können von Frost betroffen sein, sagt Berater Riehl. Durch die milden Winter setze die Blüte immer früher ein, das Frostrisiko nehme zu. Dazu kommen höhere Temperaturen, Sommertrockenheit und zunehmende Wetterextreme, sagt Anbauerin Gold. Besonders der Hagel schade dem Obst nach dem Frost am meisten.
Welchen Stellenwert hat der Zwetschgenanbau in Unterfranken im Bayern-Vergleich?
In Bayern werden laut Thomas Riehl auf 370 Hektar Zwetschgen angebaut. 350 Hektar sind es alleine in Franken - ein Anteil von knapp 95 Prozent. 120 Hektar liegen in Oberfranken, 15 in Mittelfranken. Unterfranken ist mit etwa 215 Hektar deutlicher Spitzenreiter, hier liegt auch das mit Abstand bedeutendste Anbaugebiet: die Gegend um die Mainschleife bei Volkach im Landkreis Kitzingen mit den Gemeinden Fahr, Astheim, Stammheim und Lindach. "Kaum irgendwo sonst findet man auf einem eng begrenzten Raum so viele Zwetschgenbäume", sagt Riehl.
Doch die Anbaufläche in der Region sei rückläufig, sagt der Berater vom Kitzinger Landwirtschaftsamt. Ursache dafür seien die in vielen Jahren unbefriedigenden Erlöse für die Erzeuger. Zum anderen sei da die Altersfrage: Viele kleinen Betriebe, die den Obstbau in der Regel nur im Nebenerwerb betreiben, fänden keinen Nachfolger oder keine Nachfolgerin. Aber, sagt der 61-Jährige: "Trotz dieses Rückgangs, die Zwetschge ist derzeit immer noch die prägende Obstart in der Region Mainfranken. Frankenland ist Zwetschgenland."
Wie viele Betriebe bauen in Unterfranken Zwetschgen an?
Der größte Teil der Zwetschgen wird in Klein- und Nebenerwerbsbetrieben angebaut. Viele Weinbaubetriebe etwa setzen als zweites Standbein auf die Zwetschge, sagt Riehl. Die Gesamtzahl in Unterfranken: 193.
Was ist der Unterschied zwischen Zwetschge und Pflaume?
Botanisch gesehen gehören die Zwetschgen zur Europäischen Pflaume (Prunus domestica), eine Art mit sehr vielen Unterarten wie Mirabellen, Echte Pflaumen oder auch Renekloden (fränkisch Ringlo), erklärt Riehl. Die genaue Unterscheidung zwischen diesen Unterarten, insbesondere zwischen Echten Pflaumen und Zwetschgen, sei nicht immer eindeutig und teilweise fließend.
Grundsätzlich sind Echte Pflaumen eher rundlich, Zwetschgen länglich. Zwetschgen haben in der Regel festeres Fleisch als Pflaumen, die Kerne lassen sich besser herauslösen. Pflaumen bieten sich frisch zum Verzehr an, Zwetschgen eignen sich besonders gut zum Backen. Anders als die Pflaume "verläuft" die Zwetschge dabei nämlich nicht. Dies ist laut Obstbau-Berater Riehl auch der Grund, warum die Zwetschge im Anbau gegenüber der Pflaume in der Region stark überwiegt.
Wie läuft die Zwetschgenernte in Unterfranken?
"Die meisten Leute verbinden Zwetschgen mit dem Herbst, weil in dieser Zeit die beliebteste Zwetschgenart, die Hauszwetschge, geerntet wird", sagt Riehl. Wegen der hohen Sortenvielfalt - in Franken werden über 50 unterschiedliche Zwetschgensorten angebaut - erstreckt sich die Erntezeit von Ende Juni bis September.
Geerntet wird "komplett per Hand", sagt Marion Gold. Dabei zieht ein Traktor einen Erntewagen durch die Reihen der Obstbäume, die Erntenden pflücken die Zwetschgen direkt in Holz- oder Mehrwegkisten. Dabei müsse besonders darauf geachtet werden, dass so viel wie möglich der schützenden Wachsschicht der Frucht, der "Beduftung" erhalten bleibt, sagt die 26-jährige Obstbäuerin. Die sorge für längere Haltbarkeit und gelte als Qualitätsmerkmal.
Was kann man alles aus und mit der Zwetschge machen?
Über 80 Prozent der unterfränkischen Zwetschgenernte landet als Backfrucht auf dem Kuchen. "Schnapsbrände sind natürlich noch eine typische Verwendungsform", sagt Riehl. Auch als frische oder gedörrte Essfrucht könne er sie empfehlen - und als Beilage zu Käse. Marion Golds liebste Zwetschengerichte sind Zwetschgenknödel und Vanilleeis mit in Rum eingelegten Zwetschgen: "Rumtopf - das ist richtig gut!"