Der letzte Montag im September wirkt immer noch nach: Plötzlich war die Straße Am Stadtgraben gesperrt. Eine der Haupteinfallstraßen in die Kitzinger Innenstadt – einfach zu. Lediglich ein schmaler Durchgang für Fußgänger war noch offen, mit ihm der Zugang zur Drogerie Rossmann. Grund für die Sperrung: Das ehemalige Kaufhaus Storg, für nicht wenige Kitzinger sowohl Wahrzeichen als auch Bausünde in einem, wird aufwendig saniert und in den oberen Stockwerken zu Wohnraum umgebaut.
Sowohl die Verkehrsteilnehmer als auch die Geschäftsinhaber im Umfeld erlebten damals ihr blaues Wunder: Sie standen vor den Bauzäunen, von dem Start der Maßnahme hatte sie niemand informiert. Und es gab ein noch viel gravierenderes Problem: Die Sperrung einer der Kitzinger Hauptverkehrsstraßen dauert bis 2023. Für einige von den Geschäftsleuten könnte das das Aus sein. Für die kleinen Geschäfte auf der westlichen Straßenseite droht der Ruin, wie eine Umfrage vor Ort ergab.
Das Meinungsbild ist eindeutig: Alle Geschäftsleute fühlen sich von der Stadt im Stich gelassen. Sie suchten kurz nach der Sperrung das Gespräch mit der Stadt. Zu ihrer Enttäuschung ließ sich Oberbürgermeister Stefan Güntner von Bürgermeisterin Astrid Glos vertreten – was die in ihrer Existenz bedrohten Geschäftsleute als weiteren Affront auffassten.
Am glimpflichsten kommt noch die Fahrschule Nicole Starkmann davon, die kürzlich vom Stadtgraben in die Kaiser-Wilhelm-Straße umgezogen und damit nur mittelbar betroffen ist. Sie suchte sowieso größere Räume und wurde im ehemaligen Rotation fündig. Mit dem Hauseigentümer vereinbarte sie wegen der bestehenden Mietvertragsbindung, sich selbst um einen Nachmieter zu kümmern. Jetzt jemanden zu finden, der an einer Dauer-Baustelle einen Laden eröffnen will, scheint nahezu unmöglich, wie Nicole Starkmann durchblicken lässt.
Eva's Fototreff: Rücklagen aufgebraucht
Die Inhaberin von Eva´s Fototreff erzählt, dass sie unter Einsatz aller Rücklagen und von Privatmitteln die Pandemie gerade so überstanden habe, zumal der Hauseigentümer mit einer Mietminderung einverstanden war. Einige Wochen sei das Geschäft wieder gut angelaufen. Dann habe es sie wie ein Schlag getroffen, als sie an dem besagten Montag ihr Geschäft öffnen wollte – und vor einer Großbaustelle stand.
Ihre Schaufenster mit Musterbildern seien Makulatur und zudem verstaubt. Passanten könnten noch nicht einmal stehen bleiben, denn der schmale Gehsteig werde auch von Radfahrern genutzt, die sich oft klingelnd und schimpfend weigern, ihr Fahrzeug zu schieben, berichtet die Fotografin.
Noch ein Problem: Mit Kunden Telefonate zu führen, sei beim herrschenden Baulärm nahezu unmöglich. Rücksichtslos werde Baumaterial in die Container geworfen, so dass man sein eigenes Wort nicht verstehe. Dabei ist Eva Piszczek an die Vorgabe gebunden, ihre Ladentüre trotz Lärm und Staub offen zu halten. Die Fotografin ist überzeugt, dass sie ihr Geschäft nicht noch einmal monatelang ohne Einnahme halten kann. Es gebe Tage, bei denen gerade einmal drei Kunden für Umsatz sorgen – viel zu wenig, um die laufenden Kosten zu bestreiten und davon zu leben.
Telefonladen hat zweites Standbein
Der angrenzende Telefonladen hat es da zumindest etwas einfacher: Die Eigentümerin führt am Marktturm ein weiteres Geschäft. Der Bauzaun vergräme jedoch neue und die Laufkundschaft. Nach den Lockdowns sei der Geschäftsbetrieb allmählich wieder angelaufen. Damals habe es immerhin noch Unterstützung vom Staat gegeben.
In der Postfiliale von Abdul-Masiah Nawfal geht die Angst um. Das Geschäft mit Lotto, Tabak und Zeitschriften verzeichnete vor Beginn der Bauarbeiten bis zu 300 Kunden täglich, freitags auch 500. Nun beklagt Pächter Nawfal, der den Laden erst fünf Monate betreibt und zunächst investieren musste, Umsatzrückgänge, die seine Existenz gefährden.
Verzweifelt denkt er in schlaflosen Nächten darüber nach, wie es weitergehen soll, denn er habe eine Familie zu versorgen und seine Eltern in Syrien zu unterstützen. Doch die Kosten für Miete, Heizung und Strom laufen unbeeindruckt weiter. Sogar die Post habe bereits wegen der eingebrochenen Umsätze bei ihm nachgefragt, ob er krank sei oder geschlossen habe, erzählt er bedrückt und verzweifelt.
Geschäftsräume stehen leer
Geschlossen hat bereits "Kaffee und Bar". Hauseigentümer Ugurlu Kublay hat auf die Entwicklung der Baustelle schnell reagiert und dem Pächter gekündigt. Die Geschäftsräume stehen leer, denn vor dieser Kulisse sei ein Geschäft nicht zu führen, ärgert er sich.
In die Gaststätte Kapadokya von Hasan Özdemir wurden zuletzt eigens aufschiebbare große Fenster eingebaut, die man jetzt geschlossen halten muss. Wenn auf der Baustelle gearbeitet wird, muss er auch die Türe schließen, der Hygiene wegen. Derzeit sorgen seiner Aussage nach vor allem Freunde und Stammkunden für etwas Umsatz in dem Dönerladen.
Bessere Kommunikation in der Zukunft
Den Argumenten und dem Frust der Anlieger-Geschäfte begegnet Kitzingens OB Stefan Güntner mit "Verständnis". Das Problem jedoch könne er "nicht lösen", betont das Stadtoberhaupt auf Anfrage. Dass es zunächst "mit der Kommunikation mit den Anliegern nicht geklappt" habe, nimmt er dabei auf seine Kappe und verspricht Besserung bei künftigen Projekten dieser Größenordnung. Was aber nichts daran ändere, dass man die jetzige Bauphase irgendwie durchstehen müsse.
Investor Wolfgang Rosentritt spricht ebenfalls von einem "holprigen Start". Mehr Platz für Fußgänger, vielleicht nur eine halbseitige Straßensperrung – all das habe er im Vorfeld durchdacht. Nur: "Baulich gibt es keine andere Lösung", betont er. Allein der Kran benötige eine Fläche, die nicht verhandelbar sei.
Geschäftsleuten Hilfe angeboten
Bei einem von allen Seiten umbauten Objekt im Herzen der Stadt gebe es nie eine einfache Baustelle. "Damit muss man leider leben", so Rosentritt und verweist auf eine Baustelle in der Nähe des Rathauses, die vor einiger Zeit ebenfalls nur über einen schmalen Weg zum Marktplatz führte.
Rosentritt sagt aber auch: Er habe den Geschäftsleuten "mehrfach Hilfe angeboten", etwa was das Thema Werbung anbelangt. Statt des Vollsperrungsschildes könnte etwa ein Banner mit dem Hinweis aufgehängt werden, dass das Geschäftsleben an der Baustelle weiter gehe. Mit Blick darauf, dass es die Baustelle auch im kommenden Jahr noch gibt, sei er "immer gesprächsbereit" – so das Signal des Investors an die gebeutelten Ladeninhaber.
nach den Umbau des Kaufhauses - auf der wichtigen Einfahrtsstrasse zur Innenstadt - PARKEN ? Um die gekaufte Ware nachher im Auto zu verstauen ? Falls das nicht möglich ist, .... MUSS man an anderer Stelle einkaufen !
Undurchsichtige Genehmigungen an unbekannte Investoren. etc etc
Straßenschliessungen, die den Geschäften nicht mitgeteilt werden ? Und sich dann bei Gesprächen vertreten lassen ??
bestehende Betriebe wie Aldi und REWE sollen einfach wegziehen ?? Bezahlt die Stadt diesen Geschäften einen kompletten Neubau ?? wann und wo ?? Dort, wo sie selbst versagt hat und das Ami-gelände selbst nicht gekauft hat ?? Es würde doch bedeuten, dass die neuen Geschäfte erst gebaut sein müssten , bevor ALDI und Rewe umziehen würden. Und dann soll anschliessend eine Schule in 4 Jahren ab heute gerechnet gebaut sein ??
Aber im Amt von 30.000 Einwohnern vor sich hinträumen