Drei Einkaufsmärkte mit zusammen 4000 Quadratmetern Einkaufsfläche sollen im Kitzinger Stadtteil Etwashausen entstehen. Die traditionsreiche Gärtnerstadt ist ohne großen Supermarkt und das will Immobilienunternehmer Wolfgang Rosentritt ändern. Er möchte das ehemalige Bahnhofsareal kaufen, das nach dem Abbau der Gleise der Steigerwaldbahn seine Funktion verloren hat. Es liegt verkehrsgünstig an der Nordtangente und zugleich am Rand des Wohngebiets, so dass es sowohl für die Etwashäuser Bürger als auch für die vorbeifahrenden Pendler gut erreichbar ist. Rosentritt kam am Donnerstag mit einem Konzeptentwurf in die Kitzinger Stadtratssitzung und erläuterte seine Pläne. Nach langer Diskussion stimmte die Ratsmehrheit zu, ein Bauverfahren einzuleiten – nicht mehr.
Rosentritt hat Kunden an der Hand für einen Vollsortimenter, wie ihn üblicherweise die Lebensmittelketten Edeka, Rewe oder Tegut betreiben. Der Markenartikel-Laden wäre mit rund 1800 Quadratmetern Verkaufsfläche der Platzhirsch. Daneben ist ein Discounter der Größenordnung Aldi oder Lidl geplant mit rund 1400 Quadratmetern. Das Trio soll ein Drogeriemarkt vervollständigen. Beispiele dafür sind Müller, dm oder Rossmann.
Die gesamte Mietfläche der Läden soll 5500 Quadratmeter umfassen, wie Rosentritt in einem Gespräch mit der Redaktion erläuterte. Dazu kämen 197 Parkplätze. Um das Vorhaben zu verwirklichen, muss die Stadt Kitzingen ihren Flächennutzungsplan ändern und einen Bebauungsplan für das Areal aufstellen. Diesen Aufstellungsbeschluss fasste der Rat mit 17:10.
Mehrere Gutachten nötig
Doch der Unternehmer muss noch mehr Steine aus dem Weg rollen. Zunächst bedarf es eines Verkehrs-, eines Lärm- und eines Bodengutachtens. Sie sollen untersuchen, über welche Zufahrten von der Nordtangente die Märkte angebunden werden können, sollen die Nachbarn vor Lärm schützen und zutage fördern, auf welchem Grund die künftigen Märkte stehen. Das Gelände ist nämlich wegen des Hochwassers in der Vergangenheit aufgeschüttet worden. Ein Natur- und Artenschutzgutachten gehört ebenfalls zum Verfahren.
Daneben will Rosentritt von sich aus der Kritik entgegenwirken, seine Märkte könnten den Geschäften in der Kitzinger Innenstadt schaden. Also wird er nach eigener Aussage von vornherein innenstadtrelevante Sortimente ausschließen, abgesehen von den begrenzten Sonderverkaufsflächen, die es auch in Lebensmittelmärkten gibt.
Auch mit den benachbarten Betrieben ist der Immobilieninvestor im Gespräch, denn zum einen wollen sie ihre Zufahrten sichern und zum anderen möchte Rosentritt mit ihnen abstimmen, auf welchen Wegen die Etwashäuser das alte Bahnhofsareal erreichen können.
Wohnen und Gastronomie am Bahnhof
Aber Rosentritt hat noch mehr vor: Er will den Teil der Fläche, auf dem der denkmalgeschützte Bahnhof steht, zum Mischgebiet erklären lassen. Soll heißen, dort könnte eine gewerbliche Nutzung genauso Platz finden wie Wohnen. Der Unternehmer kann sich vorstellen, dass aus dem Bahnhof ein Gasthof wird, mit einer Terrasse auf der alten Laderampe. Und direkt nebenan ist für ihn ein Gebäude für betreutes Wohnen denkbar. Diese Pläne sind allerdings noch nicht so weit wie das Vorhaben mit den drei Märkten. Doch selbst bei den Märkten ist noch nicht alles in Stein gemeißelt: Der Unternehmer weiß zum Beispiel noch nicht genau, wie er die Gebäude ins Gelände stellt, wie die Märkte aussehen, welche Flächen die Betreiber sich genau wünschen. Doch um das alles Schritt für Schritt planen zu können, war der Aufstellungsbeschluss des Rats die erste Voraussetzung. Damit erst wird die Ansiedlung von Einzelhandel überhaupt möglich.
Für sein Projekt stünde Rosentritt alles in allem eine Fläche von 20 000 Quadratmetern zur Verfügung. Geht es nach dem Investor, wird ein bis zwei Jahre lang geplant und anschließend ein Jahr lang gebaut. 2023 wäre also ein denkbares Jahr für die Eröffnung.
Stellungnahmen der Regierung und Verbände
Zu den Plänen Rosentritts haben sich bereits der Verband Stadt + Handel, die Regierung von Unterfranken und der Stadtmarketingverein geäußert. Den Tenor fasste Bauamtsleiter Oliver Graumann so zusammen: "Grundsätzliche Zustimmung, aber die Stadt soll ihr Einzelhandelskonzept von 2012 weiterentwickeln und nur Märkte zulassen, die nicht zu Lasten der Innenstadt gehen." Zentrale Frage dabei ist, ob die Drogerie Rossmann in der Altstadt entweder ganz schließen oder ihr Geschäft ins geplante Einkaufszentrum verlegen könnte.
Stadtentwicklungsreferent Thomas Rank (CSU) sieht Rosentritts Vorhaben "bedingt positiv": Eine Entwicklung für das stillgelegte Bahngelände sei gut, aber die Versiegelung der Flächen möchte er so gering wie möglich halten.
Namens aller vier Etwashäuser Stadträte begrüßte Uwe Hartmann (Bayernpartei) das Projekt. Das gelte auch für die Bürger, mit denen sie gesprochen hätten. Die wünschten sich ein Café im Bahnhof und am liebsten Penny, Tegut, Alnatura oder dm bei den Märkten, berichtete Hartmann.
Andrea Schmidt (Grüne) sprach sich dafür aus, erst das Einzelhandelskonzept der Stadt zu überarbeiten und dann zu entscheiden. Sie wollte die Abstimmung vertagen, was der Rat ablehnte. Schmidt sorgt sich um den Bioladen und die Gemüseverkaufsstellen in Etwashausen. Selbst der Nahkauf in der benachbarten Siedlung "kämpft dann um seine Existenz", sagte sie.
Bürgerbeteiligung wird angestrebt
Andreas Moser (CSU) hätte sich erst mehr Klarheit über das Vorhaben gewünscht. Zu viele Fragen blieben offen. Dem entgegnete Graumann, dass nach der ersten Abstimmung noch viele weitere folgen würden. Selbst dann sei noch ein Nein des Stadtrats möglich.
Manfred Paul (SPD) sah die Gefahr, einen "Gewerbepark für die umliegenden Dörfer" zu schaffen, weil ihm eine fußläufige Anbindung von Etwashausen fehlt. Außerdem wies er darauf hin, dass bis zu 2000 Fahrzeuge am Tag das Einkaufszentrum anfahren könnten, was entsprechende Abfahrten oder eine Ampel an der Nordtangente erfordere.
Klaus Christof (KIK) wünschte sich eine Bürgerbeteiligung, die ihm Oberbürgermeister Stefan Güntner auch zusagte – allerdings müsse man unter Corona dabei besonders kreativ sein. Eine klassische Bürgerversammlung werde schwierig. Auf Nachfrage Christofs erklärte Rosentritt, dass er die Verfahrens- und Erschließungskosten tragen werde.