Die Stadt als Hauseigentümer – das kann in Dettelbach durchaus gemischte Gefühle hervorrufen. Was an einem Baudenkmal liegt, das die Stadt 2012 per Vorkaufsrecht erwarb. Seither lautet die große Frage: Was soll mit dem Götz-Haus, einem 1577 errichteten Anwesen am Marktplatz 7, geschehen? Viele Jahre tat sich die Stadt schwer mit einer Nutzung.
Jetzt, mit einem neuen Stadtrat, kam Bewegung in die Sache: Derzeit sieht alles so aus, als würde in absehbarer Zeit wieder Leben in das markante Haus einziehen können. Geplant sind eine Vinothek mit Regionalladen sowie Ferienappartements, wofür ein städtebaulicher Sonderfond der Regierung von Unterfranken angezapft werden soll.
Dass man trotz der langen Götz-Haus-Geschichte kein gebranntes Kind in Sachen Grunderwerb ist, hängt – wie gesagt – mit einem neuen und auch ziemlich jungen Stadtrat zusammen, der schwungvoll die Dinge angeht. Zulangen statt zaudern, wenn sich eine Möglichkeit ergibt – frei nach diesem Motto wurde die Stadt in diesem Jahr stolze Besitzerin von gleich mehreren Objekten. Dafür ging man auch gerne ans Ersparte: Aus den Rücklagen wurden zuletzt drei Millionen Euro entnommen, um für die Stadtentwicklung drei wegweisende Projekte in der eigenen Hand zu haben und lenken zu können.
Wobei Lenken nicht zwangsläufig bedeutet, dass die Stadt alles selber machen muss: Ohne die Zusammenarbeit mit entsprechenden Planungsbüros wäre das alles nicht zu schaffen. Die Strategie hat einen Hintergrund: Werden Objekte privat weiterveräußert, bedeutet das nicht selten jahrelangen Leerstand – an entsprechenden Mahnmalen mangelt es in der Dettelbacher Altstadt jedenfalls nicht.
"Kreative Entwicklungsmöglichkeiten"
"Gelenkt" wird beispielsweise die Frankenhalle, jahrelang Drehkreuz für Tiermärkte in Unterfranken. Als die Tradition endete und die Halle zum Verkauf stand, schlug die Stadt zu. Im Juli wurde der Kaufvertrag unterschrieben. Für die Stadtentwicklung ist das ein großer Schritt, der sich gleich mehrfach auswirkt. Zum einen soll, so Bürgermeister Matthias Bielek, die Halle im Dettelbacher Gewerbegebiet Ost die neue Heimat des städtischen Bauhofs und des technischem Bereich der Stadtwerke werden. Dieser hätte ursprünglich am alten BayWa-Gelände angesiedelt werden sollen. Jetzt könne man dort beispielsweise über „kreative Entwicklungsmöglichkeiten für attraktiven Wohnraum“ nachdenken, so der Bürgermeister mit einem Blick voraus. Jede Menge Entwicklungspotential also.
Dann ist da der ehemalige NKD, schräg gegenüber dem Historischen Rathaus. Seit zehn Jahre steht das Erdgeschoss nun mehr oder weniger leer, die Räume werden als Lager genutzt. Das Haus steht direkt vor dem Götz-Haus und bildet, wenn man so will, ein Ensemble. Der lange Leerstand und die Nähe zum Götz-Haus sorgten schließlich für die Entscheidung im Stadtrat: Das passt, wenn es geht, kaufen wir. Es ging.
Verlorene Tradition
Wiederum nur ein paar Meter entfernt befindet sich das ehemalige Schuhhaus Winkler. Ebenfalls zentral gelegen, kam in diesem Jahr das endgültige Aus. 2020 blickte man noch auf 85 Jahre zurück. Gut besohlt - das war das Motto hier seit drei Generationen. Den Betrieb gegründet hatte 1935 Leonhard Guttenberger. Als nun wieder einmal viel Tradition für immer verloren ging, sagte sich die Stadt: Auch hier macht es Sinn, von dem in der Altstadt geltenden Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen, bevor die Dettelbacher Schokoladenseite mit Blick auf das Rathaus womöglich einen weiteren Leerstand verkraften muss.
Hinter den Käufen steckt eine prinzipielle Idee: Die Dinge bei der Stadtentwicklung im Altstadtbereich in der eigenen Hand zu haben, lässt ein paar Optionen offen. Zum Beispiel, wohin in die Reise gehen soll. Für das ehemalige NDK-Haus bedeutet das: Dort zieht auf absehbare Zeit ein Teil der Stadtverwaltung ein, weil deren Verwaltungstrakt saniert, vergrößert und barrierefrei gemacht wird.
Wobei das alles ohne ein größeres Sparbuch nicht ginge. "Bei elf Millionen Euro Rücklagen haben wir natürlich einen gewissen Spielraum", betont der Bürgermeister. Um gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass die Stadt ja kaum ein Risiko eingehe: Ist die Immobilie "zukunftsfit" und hat eine entsprechende Nutzung, die sich auch von privater Seite im Sinne der Stadtentwicklung aus fortgeführt lasse, könnte man am Ende auch "jederzeit wieder verkaufen", so Bielek.
Oder anders herum gesagt: Im Stadtrat hat sich der Geist verfestigt, dass nichts schlimmer ist, als nichts tun. Solche Zeiten – auch was Blockaden und das Kochen des eigenen Süppchens anbelangt – sollen endgültig der Vergangenheit angehören.
Klar ist durch den Immobilienerwerb in diesem Jahr aber auch: Die Stadt hat einiges zu tun. Selbstgewählter Stress, sozusagen. Doch der Dettelbacher Stadtrat ist sich in diesem Punkt einig: Wann, wenn nicht jetzt? Wobei die Entwicklung des Altorts nie abgeschlossen sein wird. Deshalb –und weil man ja nie weiß – gilt: Weitere Käufe nicht ausgeschlossen.