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Kitzingen
Schutzschirmverfahren bei Franken Guss in Kitzingen: So will die Politik dem Unternehmen helfen
Wegen finanzieller Schwierigkeiten muss die Kitzinger Gießerei umstrukturieren. Dazu richten die Betroffenen auch Appelle an die Politik. Das sind die Reaktionen.
Die Firma Franken Guss in Kitzingen: Seit mehr als 100 Jahren wird an diesem Standort Eisen und inzwischen auch Aluminium gegossen.
Foto: Frank Weichhan | Die Firma Franken Guss in Kitzingen: Seit mehr als 100 Jahren wird an diesem Standort Eisen und inzwischen auch Aluminium gegossen.
Andreas Brachs
 und  Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 04.05.2024 02:41 Uhr

Auf großen Plakaten werden "Mitarbeiter gesucht", um die "Mobilität der Zukunft" zu gestalten. Auf der Internetseite des Unternehmens ist von "Zukunftsperspektiven. Aus Tradition." zu lesen. Um diese Zukunft der Kitzinger Gießerei Franken Guss wird derzeit hart gerungen. Das Unternehmen befindet sich wegen finanzieller Schwierigkeiten in einem Schutzschirmverfahren, das eine Sanierung in Eigenregie vorsieht. Geschäftsführung, IG Metall und Betriebsrat hoffen dabei auch auf Hilfe der Politik.  

Hoffnung auf eine Zukunft der Firma hat Landrätin Tamara Bischof (FW). Sie berichtet, dass der Geschäftsführende Gesellschafter, Josef Ramthun, sie ausführlich informiert habe. "Er glaubt an seine Firma." Wie die Kreis-Chefin auf Anfrage betont, tue ihr "jede Schieflage eines Betriebs im Landkreis Kitzingen weh, besonders bei einer großen Firma mit 650 Beschäftigten". Denn daran hingen ja auch die Existenzen der betroffenen Familien. 

Ramthun sei auch deshalb zuversichtlich, weil die Belegschaft zu ihm und seinen Sanierungsplänen stehe. Am Ende der Mitarbeiterversammlung habe es sogar Beifall gegeben, berichtet die Landrätin aus dem Gespräch mit dem Geschäftsführer.

Die hohen Energiekosten, die immer noch über dem Vor-Ukrainekriegs-Niveau liegen, könne die Firma nicht über die Preise ihrer Produkte ausgleichen. Zudem habe der Standort von Franken Guss in Kitzingen zweistellige Millionenbeträge in Produkte für die E-Mobilität investiert, die in dieser Weise nun wegen der Flaute beim Elektro-Auto-Verkauf nicht nachgefragt würden.

Kann Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger helfen?

Am Standort der Schwesterfirma Sachsen Guss in Chemnitz wiederum habe man auf den Ausbau der Windkraft gesetzt, berichtet die Landrätin, was derzeit ebenfalls nicht entsprechend am Markt nachgefragt werde.

Bischof will versuchen, Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger nach Kitzingen zu holen, um vor Ort über Staatshilfen zu sprechen. Der Landkreis Kitzingen will zudem erneuerbare Energien ausbauen lassen, um mittelfristig Unternehmen mit Strom aus regionaler Produktion zu unterstützen.

Franken Guss glaubt trotz der wirtschaftlichen Schieflage an die Zukunft, wie auch dieses Banner am Firmengelände zeigt.
Foto: Frank Weichhan | Franken Guss glaubt trotz der wirtschaftlichen Schieflage an die Zukunft, wie auch dieses Banner am Firmengelände zeigt.

Als "herben Schlag" empfindet der Bundestagsabgeordnete Markus Hümpfer (SPD) die finanzielle Schieflage des Unternehmens. Gerade Franken Guss wolle die Transformation im Automobilbereich durch Produkte für die E-Mobilität unterstützen. Dass die Firma auch deshalb in Schwierigkeiten geraten sei, sei "keine erfreuliche Nachricht". 

Bundestagsabgeordneter Markus Hümpfer sieht Entlastung beim Strompreis kommen

Auch Hümpfer glaubt an das Unternehmen, weil der Geschäftsführer und der Betriebsrat "kämpferisch sind und am Standort festhalten wollen". Hümpfer: "Wir stehen an der Seite des Unternehmens, der Belegschaft und des Betriebsrats." Die Probleme, die auf die Energiepreise zurückzuführen sind, erkennt Hümpfer an. "Franken Guss konkurriert mit anderen Unternehmen, auch im Ausland." Insofern seien die Produktionsbedingungen für den Betrieb "herausfordernd". Hümpfer räumt ein, dass es bei der Energiewende "deutlich mehr Geschwindigkeit" brauche.

Beim Energieträger Gas kann er Franken Guss wenig Hoffnung auf sinkende Preise machen, da Gas nicht mehr gefördert werden soll. Entgegenkommen des Bundes signalisiert Hümpfer aber bei der Elektrizität. Zwar sei die SPD mit ihrem Vorhaben in der Ampel gescheitert, einen reduzierten Industrie-Strompreis einzuführen. Dafür sei die Energiesteuer gesenkt worden und die Netzentgelte sollen künftig ebenfalls günstiger werden.

Konkret habe man Franken Guss ermöglicht, Direktleitungen zu Großflächen-Photovoltaik-Anlagen zu legen. Aber das ist ebenso wie der Bezug von Strom aus Windkraft eine mittelfristig wirksame Hilfe. 

Für Oberbürgermeister Stefan Güntner (CSU) ist der Sanierungsfall Franken Guss "eine traurige Geschichte", hat er doch aus seiner Zeit als Student nur gute Erinnerungen an die Ferienjobs in der Gießerei. Auch seien etliche der 650 Beschäftigten aus der Stadt Kitzingen; insofern sei die Nachricht "nicht erfreulich". 

Auch für die Stadt Kitzingen stehen "Gelder im Feuer"

Für die Stadt hat Franken Guss aber nicht nur wegen der Arbeitsplätze, der Gewerbe- und Einkommensteuer eine Bedeutung; die Firma zahlt für ihren immensen Strombezug auch Netzentgelt an die Licht-, Kraft- und Wasserwerke (LKW), an denen die Stadt beteiligt ist. Güntner deutet an, dass wegen der finanziellen Schwierigkeiten auch für die LKW und die Stadt "Gelder im Feuer" stehen.

Insofern seien die kurzfristigen Unterstützungsmöglichkeiten der Stadt Kitzingen begrenzt. Allenfalls könne man sich über Zahlungsmodalitäten unterhalten. Mittelfristig verweist der OB auf die gemeinsamen Pläne von Stadt und LKW, durch Photovoltaik-Freiflächen- und Windkraftanlagen in die lokale Stromerzeugung einzusteigen.

Nach der Realisierung dieser bereits angelaufenen Projekte habe man das Ziel, auch für die Unternehmen in der Stadt verlässliche, langfristig stabile Strompreise anzubieten. Doch Güntner räumt ein, dass die Umsetzung wohl noch mindestens fünf Jahre dauern werde.

 
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  • Hans-Martin Hoffmann
    Und da fragt sich dann noch jemand

    woher wohl die Politikverdrossenheit und die "Protest-Wahl" kommen... aber Politik zu machen, die sich (langfristig) an der Sachlage orientiert und nicht am momentanen Bauchgefühl, welcher (markige) Spruch wohl gerade bei den Leuten am besten ankommt, ist wohl zuviel verlangt. Leider durch die Bank.
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  • Manfred Ursprung
    Ich kann nicht nachvollziehen dass die Strompreise höher sind al Vor Corona. Ich zahle als Privatmann 23,5ct pro kWh . Das ist natürlich nicht die LKW. Da könnte man was machen. Wieso hat man sich nicht früher darum gekümmert Strom aus aus Wind und PV in ausreichendem Maße im Kitzinger Land zu produzieren?
    Man hat nicht daran geglaubt, kein Wunder bei einer Freien Wähler Chefin. Mehr Weitsicht haben da Grüne Politiker.
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  • Peter Koch
    Windkraft in Bayern hat hauptsächlich die CSU verhindert.
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  • H.J. Schmidt
    "Kann Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger helfen?" Selten so gelacht !
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  • Edgar König
    Wenn man das alles so liest, steht die Landes- und Bundespolitik auch in der logischen Schuld das Unternehmen zu stützen.
    Schließlich dürfen ab 2035 keine neuen Verbrenner mehr verkauft werden ...
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  • Peter Koch
    Wobei Söders Partei das Verbrennerverbot mit beschlossen hat und er jetzt mit Aiwanger dagegen agitiert. Söder selbst war noch 2020 für das Verbrennerverbot in 2035 und im Jahr 2007 forderte er es gar für 2020. Wie soll so ein Ministerpräsident der Wirtschaft mit klaren Ansagen helfen? Was er heute sagt gilt morgen nicht mehr.
    https://www.spiegel.de/auto/markus-soeder-csu-fordert-zulassungsverbot-fuer-verbrenner-autos-ab-2035-a-a41135d1-c654-4c35-84f1-df8fc686dbe3
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  • Dietmar Eberth
    Verbrenneraus, das wurde von der EU mit ihren 27 Mitgliedsländern beschlossen. Damit müssen alle Unternehmen zurecht kommen.
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  • Jürgen Huller
    Wann begreifen die Leute endlich, dass ein Festhalten am Verbrenner für unsere Autobauer eine Katastrophe wäre?

    Unsere großen Autobauer leben vom Export. Auf den großen Märkten wie China sind E Autos das Maß der Dinge. Dort sind wir bereits ins Hintertreffen geraten, weil die Entwicklung verschlafen wurde. VW steckt deswegen bereits in einer ernsten Krise.

    Das Kommitment hin zu E Mobilität ist bei den Herstellern längst getroffen, teils steht der Ausstieg schon vor 2035 fest. Da wird auch die Bauernfängerei einer Union nichts mehr ändern, die Leuten wie Ihnen nur nach dem Mund reden will.

    Man kann sich als Technik Hersteller nicht gegen den Fortschritt stemmen, sonst ist man weg vom Fenster.

    Ob Ihnen das nun passt, oder nicht.
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