
Um sich künftig besser gegen das Hochwasser zu schützen, gehen Michael Leisten und seine Frau Gertrud Leisten-Busch einen ungewöhnlichen Weg. Sie haben seit dem für sie verheerenden Juli-Wochenende 2021, das in einigen ihrer Gebäude teils massive Schäden hinterließ, schon einiges an Anstrengungen unternommen. Als Nächstes werden nun auf ihrem Grundstück im Prichsenstädter Stadtteil Laub, direkt an der Schwarzach gelegen, zwei neue Seminarhäuser seiner Natura Akademie gebaut – auf Stelzen. Sie werden dann drei Meter über dem Boden stehen.
Die Akademie ist eine private, staatlich anerkannte Bildungseinrichtung im naturheilkundlichen und sozialen Bereich, die der promovierte Therapeut betreibt. Für ihr Projekt, Seminarhäuser auf Stelzen, hatte das Ehepaar nun die Planer, sowie die Vertreter von Behörden und Politik zum symbolische Spatenstich bei sich geladen.
Viel Mut und eine besondere Herausforderung
Im Mittelpunkt standen die beiden neu entstehenden Seminarhäuser. Zu einem Bau hatten sich Michael und Gertrud Leisten schon länger entschlossen, jedoch an anderer Stelle. Dann kam die Hochwasser-Welle im Juli 2021, die die Leistens voll erwischt. Die Schwarzach, ein Zufluss des Mains, schwappte über und drang in einige ihrer Gebäude teils massiv ein. Normalerweise fließt der Bach etwa zehn Meter am Grundstück des Ehepaars vorbei.
Kitzingens Landrätin Tamara Bischof würdigte Leisten für dessen Mut. Wegen der Hochwasser-Problematik sei dies ein "besonders herausfordernder Ort." Beim Spatenstich vor Ort waren außerdem die Landtagsabgeordnete Barbara Becker, Prichsenstadts Bürgermeister René Schlehr und weitere geladene Gäste.

Das Wasser ging, es hinterließ aber einen enormen Schaden. Den kurzzeitigen Gedanken ans Aufgeben und ganz woanders neu bauen, verwarfen die beiden nach der ersten Enttäuschung. Stattdessen gingen sie die umfangreiche Sanierung an, die für einen Großteil der Räume notwendig war. Rund 350.000 Euro kostete allein das Beseitigen der Schäden.
Daneben entstand die Idee, die neuen Gebäude auf Stelzen zu stellen, um "dem Bach, beziehungsweise dem Hochwasser Platz zu lassen", so Michael Leisten. Das Konzept dafür wurde unter der Leitung von Planer Stephan Dinkel und dessen Ingenieurbüro erstellt.

Der Fachmann erläuterte auf Nachfrage das Ganze. Was es heikel mache: Wegen der unmittelbaren Nähe der Schwarzach, einem Gewässer zweiter Ordnung, sei der Baugrund nicht so tragfähig. Um dem zu begegnen, wurde eine Brunnengründung gemacht. Das heißt, es wurden an einigen Stellen Beton in Ringform etwas 1,50 Meter bis zwei Meter unter die Oberfläche eingegossen. Diese Variante mache den Bau wegen des vielen benötigten Betons nicht gerade günstig, so Dinkel.
Seminarhäuser auf Stelzen: 18 Stützen für zwei Räume
Auf diese Ringe wurden die Fundamentbalken gebaut. "Von diesen gehen einzelne Stützen hoch, auf denen das Bauwerk stehen wird", erklärte der Ingenieur. Insgesamt 18 solcher Stützen sind für beide Seminarräume vorgesehen. Diese werden dann drei Meter über der Oberfläche stehen.
Die Häuser sind mit einem typisch fränkischen 45 Grad steilen Satteldach konzipiert, um sich ins Ortsbild zu integrieren. "Das wird auffällig genug", meinte Albert Hofstätter, der als Hochbautechniker mit arbeitet.

Auf Stelzen stehend, sollen zwei Seminarräume für die Studierenden mit jeweils 40 Plätzen entstehen. Die Räume werden miteinander verbunden, zum Hauptgebäude hin wird künftig ein Treppenhaus führen, das in einem Zwischenbau aus Glas seinen Platz bekommt.
Outdoor-Küche und Kneipp-Becken unter Stelzenhaus
Der Platz unter den beiden Häusern, also zwischen den Stelzen, soll nach Leistens Idee als Freifläche für die Akademie genutzt werden. Eine Outdoor-Küche, ein Kneipp-Becken, und manches mehr könnten das sein.

Dieser Tage wird auf der Baustelle in Laub noch betoniert, solange es das Wetter und die Temperaturen zulassen. Der Zeitplan für die Seminarhäuser auf Stelzen sieht vor, dass der Rohbau bis Ostern stehen wird. Fertig sein soll das Ganze dann im kommenden Sommer, spätestens August haben sich die Planer als Ziel gesetzt.
Der Bau der beiden Seminarhäuser für die Natura Akademie der Leistens wird durch das Leader-Plus-Förderprogramm unterstützt. Aus dem europäischen Fördertopf wurden rund 200.000 Euro bewilligt.