
Die Schuldnerberatung des Landkreises hat gut zu tun: Fast 1000 Beratungen fanden vergangenes Jahr statt. Wie solche Beratungen aussehen, wann man sie in Anspruch nehmen sollte und woran man merkt, dass Bedarf an Beratung besteht – hier alles Wissenswerte zu dem Thema.
Ab wann spricht man von Verschuldung und wann von Überschuldung?
Die Schuldnerberatung definiert es so: Bei einer Verschuldung können weiterhin alle Zahlungsverpflichtungen – etwa Ratenzahlungen für eine Kfz-Finanzierung – beglichen werden. Überschuldung liegt vor, wenn es nicht gelingt, mit dem monatlichen Einkommen und Vermögen neben den notwendigen Lebenshaltungskosten wie Miete, Energie und Lebensunterhalt alle Raten und Rechnungen dauerhaft zu bezahlen.
Wie sieht ein typischer Fall aus?
Den typischen Beratungsfall gibt es nicht. Die Probleme der Ratsuchenden sind vielfältig. Generell wird zu Beginn die Situation analysiert. Nach allgemeinen Informationen wird versucht, mit den Ratsuchenden einen Überblick über die wirtschaftliche, finanzielle und soziale Situation zu gewinnen. Parallel dazu geht es um die Existenzsicherung, zum Beispiel bei Miet- oder Energieschulden. Gleichzeitig zur Haushalts- und Budgetberatung geht es um den Überblick über die bestehenden Forderungen. Wenn eine Verhandlung mit den Gläubigern nicht möglich ist, wird beim Leben an der Pfändungsfreigrenze geholfen. Dazu gibt es Hilfestellung beim Antrag auf Verbraucherinsolvenz und es findet eine Begleitung durch das gerichtliche Verfahren statt.
Woran merke ich, dass ich es nicht alleine aus den Schulden schaffe?
Wenn das Girokonto dauerhaft überzogen ist. Wenn sich der Gerichtsvollzieher ankündigt. Wenn man mit Pfändungen und Vollstreckungen konfrontiert ist. Wenn eine Energiesperre oder Wohnungskündigung aufgrund von Mietrückständen droht. Wenn man es nicht mehr schafft, die Post zu öffnen. Wenn der Überblick über die Zahlungsverpflichtungen verloren gegangen ist.
Wie viele Beratungen werden pro Monat durchgeführt?
Bei 309 Hilfesuchenden im Jahr 2023 wurden insgesamt 950 Beratungen durchgeführt. Monatlich sind das durchschnittlich 80 Beratungen.
Wie viele Menschen werden aktuell beraten?
Derzeit sind es 188.
Wie sieht der Altersdurchschnitt aus?
2023 waren 15,9 Prozent der Ratsuchenden zwischen 20 und 29 Jahre alt, 34,3 Prozent zwischen 30 und 39 Jahre, 22,3 Prozent zwischen 40 und 49 Jahre, 17,5 Prozent zwischen 50 und 59 Jahre, 7,4 Prozent zwischen 60 und 69 Jahre, 1,9 Prozent zwischen 70 und 79 Jahre und 0,6 Prozent älter als 80 Jahre.
Wie intensiv ist im Regelfall eine Beratung?
Eine Beratung ist auf die jeweilige Person abgestimmt. Soziale Schuldnerberatung berücksichtigt nicht nur die finanziellen Probleme, sondern berät ganzheitlich.
Woher kommen die meisten Schulden?
Im Jahr 2023 war Hauptüberschuldungsgrund laut Schuldnerberatung mit 21,3 Prozent Erkrankung/Sucht. Bei 17,4 Prozent der Beratungsfälle war Arbeitslosigkeit der Grund. Bei jeweils gut elf Prozent war es eine gescheiterte Selbständigkeit sowie Trennung oder Scheidung. In der gleichen Größenordnung liegen der Tod des Partners/der Partnerin sowie die Haushaltsgründung und die Geburt eines Kindes. Längerfristiges Niedrigeinkommen ist der Grund bei jedem zehnten Fall.
Was passiert, wenn die Schulden durch eine Sucht zustande kamen?
Geht es um eine Suchtproblematik, findet eine Vermittlung an die Suchtberatung statt.
Wie finden die Menschen den Weg zur Schuldnerberatung?
Durch andere Beratungsstellen. Die Kontaktdaten sind im Internet zu finden. Oftmals verweisen auch Freunde und Familie auf unser Beratungsangebot und begleiten die Betroffenen.
Ist die Beratung kostenlos?
Ja, die Beratung ist vertraulich und kostenfrei. Die Beratungsstelle wird gefördert durch den Landkreis Kitzingen und das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales.
Wo kann man sich hinwenden?
Die Beratungsstelle befindet sich in der Mühlbergstraße 1 in Kitzingen. Neben telefonischer Erreichbarkeit gibt es auch Onlineberatung unter: beratung.diakonie.de. Generell wird mit Terminvereinbarung gearbeitet. Während der offenen Sprechstunde, immer Donnerstag von 14 bis 16 Uhr, kann man für eine Kurzberatung auch ohne Termin vorbeikommen.
Wie hoch ist die Hürde/der Leidensdruck, bevor sich Menschen an die Beratung wenden?
Das Thema Schulden haben und Schulden machen ist generell mit Scham verbunden und immer noch ein Tabuthema. Frei nach dem Motto: Über Geld spricht man nicht. Deshalb ist die Hürde, die Beratungsstelle aufzusuchen, hoch. Viele hoffen, dass sie das wieder hinkriegen und melden sich erst, wenn sie keinen Ausweg mehr sehen.