"Putzfraa" Ines Procter führt vor Augen, wie viel Streit, Sticheleien und Unverständnis es zwischen Mann und Frau geben kann. So lebhaft, dass die aus der "Fastnacht in Franken" bekannte Büttenrednerin selbst Frischverliebte noch ins Zweifeln bringen kann. Und weil die bayerische Regierungskoalition von CSU und Freien Wählern so etwas wie eine Vernunftehe ist, erwartet das närrische Publikum in der Prunksitzung der Kitzinger Karnevalsgesellschaft (KiKaG) am Rosenmontag auch einen Ehekrach – zumindest einen gespielten.
Doch weder der Schlappmaulordensträger des Vorjahres, Hubert Aiwanger, noch der aktuelle, Markus Söder, lassen es krachen. Die beiden Alpha-Wölfe haben Kreide gefressen und schmieren sich reichlich Honig ums Schlappmaul.
Aiwanger spricht am liebsten über Aiwanger
"Markus, heute bist du dran!", tönt der Vorjahresordensträger, FW-Chef Aiwanger, und weckt Erwartungen. Doch dann spricht Aiwanger erst einmal über Aiwanger: dass er jeden Tag mit dem Schlappmaulorden vor dem Spiegel steht, mit der Narrenkappe schläft und dass er als Niederbayer über die fränkische Ehrung aus Barbara Stamms Händen noch immer angetan ist. So dauert die Laudatio am Ende 36 statt der geplanten zehn Minuten.
Über den Ministerpräsidenten sagt sein Vize: "Er will mit der Raumfahrt hoch hinaus, ich kümmere mich ums Bodenpersonal." Und weil Söder zögert, fürs Kanzleramt zu kandidieren, schlägt Aiwanger vor: "Wenn's dir allein zu heikel wird, machen wir's miteinander. Du machst Kanzler und ich das Drumherum." Schließlich müsse das bayerische Führungsduo "die nordrhein-westfälischen Boygroups" der CDU in Zaum halten.
So salbadert der Freie-Wähler-Chef: "Du bist der richtige Mann, der dieses Land voranbringt. Ich bin froh, dass ich dir assistieren darf." Was will die CSU mehr, zumal in Zeiten des Wahlkampfs! Aiwanger lobt die "gute Zusammenarbeit" und schlägt einen Humor-Test fürs Münchner Kabinett vor: Die Chefs kommen mit Narrenkappen zur Sitzung, und "wer keinen Spaß versteht, fliegt raus". Sich selbst möchte der Wirtschaftsminister dieses Schicksal wohl ersparen, denn er gibt zu: Er habe "die reine Wahrheit" gesprochen um die Koalition nicht zu gefährden.
Nach dieser "Liebeserklärung", so bezeichnet sie KiKaG-Sitzungspräsident Michael Schlander, revanchiert sich der viel gelobte Ministerpräsident nicht ohne Eitelkeit: Diese Laudatio sei angemessen. Er habe Aiwanger vor zu viel Frechheit gewarnt: "Draußen warten schon die Grünen" - aufs Mitregieren. Ob ein Kanzler-Duo Söder/Aiwanger in Berlin Furcht oder Euphorie auslösen würde? Söder zweifelt. "In Franken fühle ich mich am meisten daheim", wiegelt er höhere Ambitionen ab. Die Münchner Regierungsspitze aus einem Niederbayern und einem Franken, in der der Franke den Ton angibt, sei "gut so".
Dann räumt der Chef mit einem Missverständnis auf: "Hubert ist kein Populist; er ist nur Fachmann dafür." Nach anfänglicher Skepsis habe man sich zusammengerauft. Während in anderen Bundesländern Streit und Ärger herrschten, gelte in Bayerns Koalition: "Leben und leben lassen". Er habe zwar erst eine Einführung ins Niederbayerische gebraucht, aber seither stehe fest: "Wir verstehen uns und machen, was ich sage."
Söder dankt dafür, nun in einer Reihe mit anderen prominenten Schlappmaulordensträgern wie Helmut Kohl, Gregor Gysi und Waldemar Hartmann zu stehen. Er schockiert die KiKaG aber auch: "Wer soll jetzt noch kommen: Angela Merkel, Donald Trump? Ich sehe schon: Wir können es jetzt lassen." Dabei wird er selbst doch die Laudatio auf das Schlappmaul 2021 halten dürfen.
Bei allem Humor prägen auch die Gewalttaten in Hanau und Volkmarsen die Reden. Wieder herrscht Einigkeit. "Wir lassen uns den Fasching nicht verderben von Verrückten, die Menschen erschießen oder absichtlich in die Menge fahren", sagt Aiwanger. Man solle sogar noch mehr miteinander singen, schunkeln und Menschen dabei integrieren. Seine Warnung: "Wir müssen auf die aufpassen, die keinen Fasching feiern und keine Witze verstehen."
Der Ministerpräsident ergänzt: "Es gibt so viele, die uns das Leben verleiden wollen, dabei geht es unserem Land so gut wie nie." Dann bekennt Söder, der früher selbst "mit der Sprache etwas offensiver" war: "Wir müssen allen Schutz, Respekt und Freude vermitteln, die bei uns leben."