Es gibt Drehbücher, die schreibt das Schicksal, und dem ist es ziemlich egal, ob Fasching ist oder nicht. Vor zwei Wochen wurde der Vater von Ines Procter zu Grabe getragen. Er war mit 85 Jahren gestorben, und für Frankens närrische Putzfraa war er nicht nur der Vater gewesen, sondern auch Inspiration. Er hatte ihr als junger Teenager die ersten Büttenreden in Erlabrunn (Lkr. Würzburg) auf den Leib geschrieben und damit den Weg geebnet heraus aus den kleinen Turnhallen hinein auf die größte Bühne, die die Fastnacht in Bayern zu bieten hat: Veitshöchheim.
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Natürlich hatte sie über eine Absage nachgedacht, doch schnell fand die 45-Jährige eine Antwort: „Er hätte es gewollt, dass ich hier auftrete“, sagt Procter. „Er ist auch auf der Bühne bei mir und gibt mir die innere Stärke, das alles mit großer Freude zu machen.“ So meisterte sie bei der 32. Auflage von „Fastnacht in Franken“ souverän die Wandlung von der Hexe zur Putzfraa, und nur die Auswahl im Restaurant zwischen einem Salatteller und einem Eisbecher stellte sie vor die schwierige Frage: „Schoko oder Vanille?“
Viele Emotionen bei Fastnacht in Franken
Große Gefühle auf und abseits der Bühne, im und hinter dem Scheinwerferlicht – sie erwecken die große Narrenschau zum Leben. Die Live-Prunksitzung des Fastnacht-Verbandes Franken und des Bayerischen Rundfunks bot reichlich Emotionen, und dass die Nummern heuer kürzer, schneller, spritziger daherkamen, sollte dem Klassiker guttun.
Da waren beispielsweise die leisen Tränen der Freude von Ute Daniel vom KC Röttenbach. Sie gehört zu jenen zehn fränkischen Tanzmariechen, die in den vergangenen 33 Jahren deutsche Meisterinnen im Gardetanz geworden waren. Eine herausragende Idee war es, die Mädchen und Frauen gemeinsam auf die Bühne zu bringen.
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Ute Daniel, Mutter von drei Kindern im Alter von 20, 18 und 12 Jahren, wirkt mit ihren 44 Jahren selbst wie ein Teenager. 1986 war sie als Zwölfjährige deutsche Meisterin geworden, 1988 tanzte sie bei der „Fastnacht in Franken“, und nun, nach 31 Jahren, kehrte sie auf diese Bühne zurück: „Es war ein wunderbares Gefühl.“
Klaus Karl-Kraus gibt gelungenes Comeback
Feuchte Augen hatte auch Klaus Karl-Kraus. Der 67-jährige Komödiant aus Erlangen hat viel erlebt in seiner 40-jährigen Bühnenkarriere, und dabei waren durchaus auch Auftritte in Veitshöchheim, die nicht funktioniert hatten. „Ich habe da zu viel experimentiert“, sagt er selbstkritisch im Rückblick. Diesmal feierte er als Mesner ein furioses Comeback. Mit Witz statt Weihrauch pflügte KKK durchs Kirchenjahr.
Der Ex-Ministrant bekam den Segen des Publikums in Form von Applaus – für ihn ein berührender Moment. „Ich bin dankbar, dass der Fastnacht-Verband an mich geglaubt hat“, sagt Karl-Kraus. „Für solche Abende lebt man als Künstler.“ Im Foyer wurde er nach seinem Auftritt von Michl Müller mit einer Umarmung empfangen.
Natürlich wurden die Politiker nicht verschont: Mit einem Ritt durch die Galaxie der Wortspiele nahm Oliver Tissot die Allmachtsphantasien des Markus Söder und seiner Bavaria One aufs Korn: Allmächt, sagt der Franke, weil er ins All mächd! Die irdischen Probleme griff Tissot auch auf: Was sei schon der Hambacher Forst, fragte er: „Wir haben den Seehofer Horst. Der wurde auch abgesägt.“
Zum 27. Mal gastierte Peter Kuhn in Veitshöchheim, und längst gebührt dem Büttenredner der Narren-Oscar fürs Lebenswerk. Als Sicherheitsbeauftragter analysierte er nicht nur die Gefahrenzonen auf der Bühne in den Mainfrankensälen: „Ausrutscher lassen sich vermeiden, durch den Verzicht von Schlüpfrigkeiten.“ Er erkannte auch fachmännisch drohendes Unbill für die Demokratie: Kuhn hofft, dass die AfD nur ein „Vogelschiss der Parlamentsgeschichte“ bleibt.
Die Altneihauser Feierwehrkapell'n bei Fastnacht in Franken
Ihr Talent bewiesen die grummeligen Immigranten aus der Oberpfalz: Herrlich, wie die Feierwehrkapell'n bei der Polka von der Rosamunde ihrem Dirigenten Norbert Neugirg immer wieder musikalisch von der Fahne ging, sobald er der schrägen Truppe den Rücken zugewandt hatte. Was die Zuschauer an den Fernsehbildschirmen indes nicht mitbekommen hatten: Die Oberpfälzer hatten einen aufregenden Nachmittag hinter sich.
Um 16.30 Uhr hatte Norbert Neugirg einen Anruf seines Tubaspielers bekommen, der ihm sagte, dass er nicht aufstehen könne. Neugirg eilte zu seinem Kollegen ins Hotel, ein Arzt wurde hinzugezogen – und dann stand fest: Der Musiker würde nicht auftreten können. Er wurde mit Beschwerden „am Bewegungsapparat“, so Neugirg, in ein Würzburger Klinikum gebracht.
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Derweil rief der Kapell'n-Chef bei Gerald Bühring im oberfränkischen Marktredwitz an. „Er ist unser Ersatz-Tubaspieler und hat sich dann sofort ins Auto gesetzt“, erzählte Neugirg nach dem Auftritt. Gegen 20.10 Uhr kam Bühring in Veitshöchheim an – die Sitzung war da bereits seit über einer Stunde im Gange. Sofort begann die Kapell'n in den Katakomben der Mainfrankensäle „eine Intensivprobe“, wie Neugirg sagte, denn Bühring kannte die Veitshöchheim-Nummer nur rudimentär. „Aber er ist ein Vollblutmusiker und fit in jeder Tonart“, so Neugirg. Bühring selbst zeigte sich erleichtert nach der Feuertaufe vor einem Millionenpublikum: „Aber jetzt brauche ich ein Bier.“
Hommage an Barbara Stamm
Das alles also war schon sehr gut – aber es fehlten noch die fetzigen Mönche des Amorbacher Klosterchors und die phantastische Garde der Buchnesia mit ihren 32 Tänzerinnen, die sich so synchron bewegten als seien sie programmierte Maschinen. Und dann waren da noch die Schwergewichte wie die reisefreudigen Komödianten Volker Heißmann & Martin Rassau, ein auftrumpfender Michl Müller als Paketbote, Bauchredner Sebastian Reich mit seiner seehoferverschmähten Amanda auf Bräutigamschau, der Schaggalagga-Hofnarr Oti Schmelzer und Matthias Walz am Klavier mit der Mitgrölhymne des Abends: Katharina Grün – statt Schulze.
Als Krönung folgte das emotionale Ende mit einer gesungenen Hommage an Barbara Stamm. Der ehemaligen Landtagspräsidentin dankte Volker Heißmann als „Mutter der Fastnachts-Kompanie“, sämtliche Künstler erschienen in Stamms legendärem blauen Klääd auf der Bühne – und unten war die so überraschend Geehrte zu Tränen gerührt.
So bleibt am Ende die Erinnerung an einen in vielerlei Hinsicht außergewöhnlichen Abend in Veitshöchheim. Dreifacher Tusch!
Man darf nicht alles immer schlechter reden wie es wirklich war!
Es hat einfach gepasst!
Die Quotenzieher kamen z. Bsp. nicht wie immer zum Schluss, das fand ich schonmal sehr gut! Veitshöchheim war diesmal sehr gut und Spitze! Das sagt einer der größten Kritiker von früher!