Die Spuren sind kaum noch sichtbar. Über die Sache ist zwar kein Gras, aber Asphalt gewachsen, und wer es nicht weiß, geht geschmeidig darüber hinweg. Ein schmaler dunkler Streifen ist alles, was auf der Kaltensondheimer Straße in Kitzingen stadtauswärts noch von jener Aktion zu sehen ist, über die Beteiligte auch Wochen später noch ungläubig den Kopf schütteln. Ein Stück aus dem absurden Theater deutscher Amtsstuben.
Die Kaltensondheimer Straße, Teil der Staatsstraße 2272, gehört zu den schlechtesten Trassen im Stadtgebiet. Schlagloch reiht sich an Schlagloch. Ein Flickenteppich, der seit Jahrzehnten immer nur stellenweise ausgebessert wird. Dass die Straße Mitte März auf Höhe der alten Ziegelei aufgebaggert war, dürften viele deshalb als normalen Vorgang betrachtet haben – und anfangs lief die Sache ja auch routinemäßig.
Die Staatsstraße war mit einer Überfahrplatte verschlossen
Um einen Hausanschluss zu setzen, hatte die Stadt Kitzingen eine Firma beauftragt. Die Arbeiten sollten bei laufendem Verkehr unter halbseitiger Sperrung stattfinden und kamen gut voran. Der Graben war ausgehoben, die Fahrbahn mit einer Überfahrplatte aus Stahl verschlossen. So weit herrscht noch Einigkeit, wenn man bei den Verantwortlichen im Rathaus und im Staatlichen Bauamt in Würzburg nachfragt.
Doch dann geschah Seltsames. Aus gut unterrichteten Quellen heißt es, die Baustelle sei quasi "über Nacht" eingestellt worden. Ein Mitarbeiter des Bauamts in Würzburg habe die Absicherung mit der Stahlplatte kritisiert, außerdem hätten die Verkehrszeichen nicht dem Standard entsprochen.
Nun wurde es vollends kurios: Statt nachzubessern und die bereits weit gediehenen Arbeiten rasch zu vollenden, wurde der Bau eingestellt – ohne zuvor den Anschluss zu setzen. Und: Die Straße wurde komplett wieder verschlossen, sogar die Asphaltschicht kam wieder drauf. In wenigen Wochen soll hier erneut aufgegraben werden – dann wohl unter Vollsperrung und mit weiträumiger Umleitung für die Autofahrer.
Haben Verkehrszeichen nicht der Norm entsprochen?
Kann das stimmen? Kann es sein, dass ein Bau gestoppt wird, weil Verkehrszeichen nicht der Norm genügen? Man hätte darauf gerne eine Antwort bekommen, aber auch auf wiederholte Nachfrage in Würzburg und Kitzingen gibt es keine klare Auskunft, sondern nur verklausulierte Botschaften. Das Staatliche Bauamt spricht von einer "geänderten örtlichen Situation und damit verbundener Bedenken zur Verkehrssicherheit". Die Entscheidung, die Baustelle einzustellen, habe man "nach einer gemeinsamen Ortsbegehung einvernehmlich" getroffen.
Fragt man bei der Stadt nach, fällt die Antwort – als habe man sich abgesprochen – fast wortwörtlich aus. Auch hier ist von der "örtlichen Situation" die Rede.
Welcher Art die "Bedenken" sind, erfährt man leider nicht. Fragt man einen Mann, dessen Unternehmen seit Jahrzehnten Straßen und Wege baut, dann sagt er, das Verfahren mit Stahlplatte und halbseitiger Sperrung sei "gängige Praxis", und daran habe sich auch nichts geändert. In der Ortsdurchfahrt Unterdürrbach im Landkreis Würzburg trifft man gerade auf eine Baustelle: Die Straße ist aufgegraben – unter halbseitiger Sperrung und mit Stahlplatte gesichert.
Wie es Richtung Kaltensondheim jetzt weitergeht? Von der Stadt heißt es: "Wir werden wahrscheinlich nicht umhinkommen, (...) eine Vollsperrung durchzuführen. Diese ist für einen verkehrsarmen Zeitraum, voraussichtlich Pfingsten, geplant." Dann rückt erneut ein Bautrupp an, reißt alte Gräben auf – und versucht sie möglichst rasch wieder zuzuschütten.