
"Fahrradfreundlich" möchte sich heute jede Kommune nennen, doch was sind Städte und Gemeinden bereit, dafür zu tun? Nicht so viel, wie sich das ein Viel-Radler wie Matthias Schuhmann wünscht. Der Iphöfer Stadtrat und Markt Einersheimer Grundschulrektor legt sich seit Jahren für eine Verbesserung des Radverkehrs ins Zeug, aber getan hat sich aus seiner Sicht nicht allzu viel. Sein ernüchterndes Fazit: "Wir sind hier extrem hintendran." Müsste der Pädagoge eine Zensur vergeben, die Stadt käme wohl noch schlechter weg als der Freistaat Bayern beim jüngsten Fahrradklima-Test des ADFC. Durchschnittsnote 4 hagelte es da für Bayerns Radwege – gerade noch ausreichend. Was tun also?
Das Rad neu erfinden kann und will Schuhmann nicht – es sind eher Schritte, wie man sie anderswo längst geht, zu denen er am Montagabend in der Stadtratssitzung aufrief. Sie betreffen zum einen den Schutz und die Sicherheit von Radfahrern in und um Iphofen, zum anderen einen gewissen Komfort. Schuhmann kommt viel herum mit dem Rad – Österreich, Belgien, Dänemark –, und überall sei die Situation besser als hier. "Bei uns in der Region ist es üblich, dass Wege kaputt oder nicht befahrbar sind."
Ist er auf dem (Feld-)Radweg Richtung Mainbernheim unterwegs, muss er auf tiefe Risse in der Fahrbahn achten. Fährt er den Radweg nach Markt Einersheim, den er täglich zur Arbeit nutzt, dann ärgert er sich, dass dort auch nach Wochen noch Erde und Kies liegen und eine gefährliche Rutschbahn bilden.

Am meisten regt Schuhmann auf, dass er als Radfahrer immer wieder von der örtlichen Beschilderung ausgebremst werde. Quert ein Radweg die Straße, so stünden dort regelmäßig Schilder "Ende Radweg". Faktisch bedeutet das nichts anderes, als dass der Radfahrende dem Autoverkehr im Zweifel Vorrang zu gewähren hat. "Das kenne ich nur aus unserer Gegend", sagt Schuhmann. "Und ich verstehe nicht, warum."
Die Antwort liefert an diesem Abend Zweiter Bürgermeister Hans Brummer. "Damit der Radfahrer sich nicht in falscher Sicherheit wiegt." Brummer spricht von einer "psychologischen Bremse", denn verlässt sich der Radfahrer auf seine Vorfahrt, könne es passieren, dass er gegen einen beim Abbiegen unkonzentrierten Auto- oder Lkw-Fahrer den Kürzeren zieht. Auch Bürgermeister Dieter Lenzer hält diesen Weg für sicherer.
Überhaupt muss Schuhmann ziemlich strampeln, um mit seinen Forderungen und Appellen durchzudringen. Dass Iphofen keinen einzigen reinen Radweg hat, sondern bestenfalls kombinierte Geh- und Radwege, kommt als Kritik durchaus an. Hoffnung, dass sich daran etwas ändert, wird ihm aber nicht gemacht. "Ausschließlich Radwege wird es hier nicht geben", erklärt Brummer. Und auch der Wunsch, beim geplanten Radweg nach Markt Bibart auf eine gefährliche Querung der B8 zu verzichten, dürfte kaum zu erfüllen sein. Dazu fehle es an den nötigen Grundstücken und am politischen Willen der Gemeinde Markt Einersheim, die sich lieber einen Radweg durch ihr Dorf wünscht. Dann, so fordert Jürgen Adler, halt mit einer Unterführung, wie sie schon einmal im Gespräch war.
Vorerst wird es wohl bei kleinen Schritten bleiben: einem Fahrrad-Schutzstreifen in der Bahnhofstraße etwa, wozu es allerdings der Zustimmung des Landkreises bedarf. Und der stellt, wie Lenzer sagt, Bedingungen. "Wir müssen die Notwendigkeit nachweisen, wie gefährlich die Situation für Radfahrer hier tatsächlich ist." Einfacher sollte die heikle Situation vor dem örtlichen Fahrradladen zu klären sein. Dort, so Peggy Knauer, stellten Autofahrer, die selbst Rad fahren, immer wieder Straße und Gehsteig zu. "Diejenigen, die eine Verbesserung der Situation fordern, schaffen selbst eine Gefahrenlage. Das ist hanebüchen."
Neben dem Alltagsverkehr beschäftigt Schuhmann auch der Freizeit- und Tourismusverkehr. Seit 2017 etwa werde über eine Mountainbike-Strecke auf dem Schwanberg gerungen. Die Sache war weit gediehen, dann aber legte die Anrainergemeinde Wiesenbronn ihr Veto ein, und die Sache war vom Tisch, weil: "Iphofen allein ergibt keinen Sinn", wie Tourismuschefin Claudia Bellanti sagt. Nicht nur bei ihr mache sich deshalb Frust breit.
Für die Mountainbiker gibt es immer noch keine eigene Strecke
Mountainbiken, so berichtet Schuhmann, sei heute längst eine Massenbewegung, betrieben von 3,8 Millionen Deutschen, mehr als es aktive Fußballer gibt. In der Rhön seien 1400 Kilometer Mountainbike-Strecke ausgewiesen. "Wir sprechen am Schwanberg von 17 Kilometern." Bürgermeister Lenzer nahm nach der letzten Kommunalwahl 2020 erneut Kontakt mit seinem neu gewählten Wiesenbronner Kollegen auf. "Wir sind bei dem Thema nicht übereingekommen."
Beschlossen ist bislang nichts – außer dass man sich in der Sache jetzt Expertise von außen holen will. Der Stadtrat hat sich am Montag darauf verständigt, den Radverkehr in der Stadt von einem Fachbüro untersuchen zu lassen. Die eigentliche Änderung, so war der Diskussion zu entnehmen, müsse ohnehin in den Köpfen der Leute stattfinden. "Benzin ist immer noch so günstig", sagte Peggy Knauer, "dass selbst kurze Strecken mit dem Auto gefahren werden."
All diese Erkenntnisse hat man anderswo schon vor Jahrzehnten gemacht, jetzt noch Mal zu diskutieren anstatt zu handeln ist unverantwortlich.
Wie man gute Kreuzungen baut sieht man in den Niederlanden, die Zitate im Text sind billige Ausreden.
Die Radfahrer dann noch zu beschuldigen auf dem Gehweg zu parken während gefühlt jedes 2. Auto illegal halb auf dem Gehweg steht ist die Höhe. Dann muss man eben gute Fahrrad Park Infrastruktur schaffen!