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Kitzingen
18-Jähriger starb bei Taxi-Fahrt: Das sind die Folgen für den Taxi-Fahrer
Auf der Staatsstraße zwischen Prosselsheim und Astheim verunglückte im August 2023 ein Taxi. Der Fahrgast starb. Nun stand der Fahrer vor Gericht.
Vor dem Amtsgericht Kitzingen musste sich ein Taxifahrer verantworten, weil bei einem Unfall ein Fahrgast ums Leben kam.
Foto: Silvia Gralla | Vor dem Amtsgericht Kitzingen musste sich ein Taxifahrer verantworten, weil bei einem Unfall ein Fahrgast ums Leben kam.
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 12.08.2024 02:39 Uhr

Für den Taxifahrer ist es ein ganz normaler Montag. Nach einer Fahrt nach Erlangen am Morgen geht es weiter nach Schweinfurt, ehe ihn am frühen Nachmittag die dritte Fahrt zum Würzburger Bahnhof führt. Dort wartet – telefonisch angemeldet – ein Fahrgast, der nach Volkach (Lkr. Kitzingen) gebracht werden will. An diesem Sommertag im vergangenen August ist der Verkehr überschaubar, die Straße gut befahrbar.

Und doch kommt es auf der Staatsstraße zwischen Prosselsheim und Astheim zur Katastrophe: In einer leichten Rechtskurve fährt das Taxi geradeaus. Einfach so. Erst schrammt der Mercedes ein Verkehrsschild, um dann frontal mit 60 bis 80 km/h gegen einen Baum zu krachen. Der Aufprall ist so stark, dass das Fahrzeug um die sieben Meter zurück auf die Straße fliegt. Der 18-jährige Fahrgast ist auf der Stelle tot; der Fahrer überlebt knapp mit schweren Verletzungen.

Fast genau ein Jahr später. Der Taxifahrer muss sich am Kitzinger Amtsgericht vor Strafrichterin Ilka Matthes verantworten. Der Vorwurf: fahrlässige Tötung. Im Mittelpunkt steht die bohrende Frage, wie es zu dem Unfall in einer leichten Kurve kommen konnte. Das Auto war wie erlaubt mit knapp 100 Stundenkilometern unterwegs. Es gab keine technischen Probleme. Und doch ist etwas passiert, was sich keiner erklären kann.

Der Taxifahrer überlebt den Unfall nur knapp

Am allerwenigsten der 67-jährige Fahrer: Er weiß nur noch, wie er die Würzburger Stadtgrenze passierte – dann ist da eine Gedächtnislücke, erzählt er dem Gericht. Erst als er schwer verletzt aus dem Auto geborgen wird, setzt die Erinnerung wieder ein. Dass er überlebt hat, bezeichnet er "als Wunder". Mehrere Operationen hat er hinter sich, drei weitere noch vor sich. Er hat einen Pflegegrad.

Ohne Hilfe kann er sich beispielsweise nicht anziehen. Sein Leben hat sich – wie auch das der Familie des Opfers – komplett verändert. Nichts ist mehr, wie es war. Von dem florierenden Taxiunternehmen seiner Frau, in dem er seit 15 Jahren geringfügig beschäftigt ist, blieb wenig übrig, nachdem er nicht mehr fährt. Von vier Lizenzen gibt es nur noch eine. 

Die Frage nach dem Warum – sie bestimmt das Leben des Angeklagten und der Hinterbliebenen. Und das wird auch so bleiben, weil die Verhandlung keine neuen Ansatzpunkte liefert: Der Gutachter kann nur feststellen, dass es keine Bremsspuren gab und nicht gelenkt wurde. Die Zeugen sind ebenfalls ratlos. Die entgegenkommende Mutter mit Kind etwa: 300 Meter vor ihr fährt das Taxi ohne Grund gegen einen Baum.

Ein Zeuge sieht "ein paar Schlenker" des Taxifahrers

Der Fahrer des Wagens vor dem Taxi hatte beobachtet, dass es kurz vor dem Unfall "ein paar Schlenker gab". So, als hätte der Taxifahrer schauen wollen, ob der Weg frei ist, um zu überholen. Auch die Polizeibeamten, die nach wenigen Minuten am Unfallort eintreffen, stehen vor einem Rätsel: "Das war kein typischer Unfall", sagt eine Polizistin aus. Und auch ihr Kollege kann sich keinen Reim machen, was da passiert ist.

Völlig klar ist dagegen, dass der 18-Jährige nicht angeschnallt war. Weshalb er beim Frontalzusammenstoß mit dem Baum vom Rücksitz über den Beifahrersitz hinweg mit voller Wucht nach vorne katapultiert wurde. Der Taxifahrer beteuert: Er habe auf die Gurtpflicht hingewiesen und auch gesehen, dass der Fahrgast den Gurt über den Bauch gezogen habe. Eingerastet war der Gurt jedoch nicht, wie die Obduktion ergab. Womöglich konnte der Gurt auch gar nicht einrasten: Der 18-Jährige war äußerst korpulent.

Der Staatsanwaltschaft sieht ein "Augenblicksversagen"

Die Todesfahrt wird für immer ein Rätsel bleiben: Von einem "Augenblicksversagen" sprach die Staatsanwältin. Auf mögliche gesundheitliche Probleme zielte die Nebenklage ab, da bei dem Fahrer eine leichte Diabetes festgestellt wurde. Seine Eignung als Taxifahrer beeinträchtige das offiziell nicht.

Der Verteidiger sagt: "Es war nichts vorhersehbar!" Und der 67-Jährige, der seit zwei Jahren Rentner ist, hat ein Leben lang als Rettungsassistent Menschen geholfen – und muss nun damit klarkommen, dass durch ihn ein junger Mann zu Tode kam.

Am Ende, so das Gericht, müsse man "von irgendeiner Fahrlässigkeit" ausgehen. Mehr lasse sich nicht feststellen. Diese Fahrlässigkeit ahndet das Gericht mit einer Geldstrafe von 5400 Euro (120 Tagessätze zu je 45 Euro). Zudem wurde ein sechsmonatiges Fahrverbot ausgesprochen. Beide Seiten würden "irgendwie mit diesem Tag leben" müssen, so die Richterin. Wie das gehen soll, ist auch ein Jahr nach dem Drama noch unklar.

 
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Kommentare
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  • Olaf Priebe
    Dramatisch, da es keine Erklärung für den Unfall gibt!
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  • Johannes Metzger
    Generell bin ich ja bei Verkehrsrowdies auch für ein Fahrverbot. Was es in diesem Fall bringen soll, kann ich aber nicht nachvollziehen.
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