Kurz vor Weihnachten erschien an der Wohnung von Marlies Liska in der Kitzinger Siedlung ein Mann. In der Hand einen orangen Zettel, den er gegen Unterschrift übergeben sollte. Liska las darauf das Wort "Abmahnung", die Annahme verweigerte sie. Der Mann verschwand wieder. Aus der Welt war die Sache damit aber nicht. Denn kurz darauf, so erzählt es Liska, die seit mehr als zehn Jahren in einem Block der Kitzinger Bau GmbH wohnt, kam mit der Post ein Schreiben. Darin Worte wie "Vertragsverstoß", "Kündigung", "unverzüglich". Liska wusste: "Nun geht es ans Eingemachte."
Doch inzwischen hat sich der Wind gedreht. Nicht mehr für Liska geht es plötzlich ums "Eingemachte", sondern für die Chefin der Bau GmbH, Rebecca Hick. Seit sie im Januar 2019 den Posten der Geschäftsführerin übernommen hat, gibt es Ärger und Unmut. Mieterinnen und Mieter beschweren sich im Rathaus, bei Oberbürgermeister Stefan Güntner (und zunehmend auch bei dieser Redaktion) über zweifelhafte Nebenkostenabrechnungen, über Drohgebärden und über Hicks zum Teil schroffen Umgangston.
Jetzt steht fest: Der Ende 2023 auslaufende Vertrag zwischen Hick und der Stadt soll nicht mehr verlängert werden. So berichten es Mitglieder aus Stadtrat und Aufsichtsrat im vertraulichen Gespräch. So bestätigt es auf Nachfrage auch der OB. Die betroffene Geschäftsführerin schweigt zu der Sache.
Als diese Redaktion im vergangenen November ein Dossier über Unregelmäßigkeiten bei der Nebenkostenabrechnung der Bau GmbH veröffentlichte, war Liska eine von zwei Betroffenen, die sich nicht anonym, sondern mit vollem Namen zitieren ließen. Die Vorwürfe an die Baugesellschaft, eine hundertprozentige Tochter der Stadt, und deren Geschäftsführerin Rebecca Hick reichten von Unwirtschaftlichkeit bis zu rechtswidrigem Handeln. Da liegt der Verdacht nahe, Hick habe sich zu einer Art Gegenschlag hinreißen lassen und sich gezielt auf Liska eingeschossen. Hat sie?
Bei dem betreffenden Schreiben der Bau GmbH, das Liska im zweiten Anlauf "gegen Zustellungsnachweis" erreichte, handelt es sich um eine "Abmahnung wegen ständig unpünktlicher Mietzahlung". Aufgelistet werden auf einer DIN-A4-Seite die Buchungsbewegungen auf Liskas Mieterkonto vom 1. Januar 2022 bis 1. Dezember 2022, die belegen sollen, dass die Mietzahlungen "nicht vertragsgerecht" entrichtet seien. Konkret geht es um eine Forderung von 832,21 Euro, die "unverzüglich auszugleichen" sei. "Sollten weitere verspätete Zahlungen vorliegen, müssen Sie mit der Kündigung des Mietvertrages rechnen." Unterzeichnet ist das Schreiben "mit freundlichen Grüßen" von Geschäftsführerin Rebecca Hick.
Die Sache ist nur: Nach Darstellung von Liska und ihrem Rechtsbeistand erging die Forderung und somit auch die Abmahnung zu Unrecht. "Ich habe definitiv keine Mietrückstände", hält Liska in einem Schreiben an die Baugesellschaft fest. Sie habe im März 2021 zwei Monatsmieten überwiesen – einmal am 1., einmal am 29. März – und sei danach immer zwei Wochen vor Fälligkeit ihrer Zahlungsverpflichtung nachgekommen. So schreibt es die Würzburger Kanzlei Voigt & Partner in der unmittelbaren Erwiderung an die Bau GmbH. Der Abmahnung fehle damit die Rechtsgrundlage.
Stellt man der Baugesellschaft und ihrer Geschäftsführerin die Frage, ob die Forderung zu Recht ergangen sei, kommt die Antwort von der Stadt Kitzingen. "Zu Vertragsangelegenheiten mit einzelnen Mietern", so heißt es aus dem Rathaus, "äußert sich die Stadt Kitzingen aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht." Liska spricht sehr offen über den Fall. Sie sagt, eine Entschuldigung der Bau GmbH habe sie nie bekommen. Und: Sie sei bereit, weiter für ihre Rechte zu kämpfen. "Ich habe keine Angst."
Die wenigsten der 514 Mieterinnen und Mieter der Kitzinger Bau GmbH wagten sich so offen aus der Deckung wie Marlies Liska. Doch die Kritik, vor allem an Geschäftsführerin Hick, wurde in den vergangenen Jahren immer lauter und damit unüberhörbar auch für die Mitglieder des Aufsichtsrats und des Stadtrats. Hick gilt als Fachfrau, aber auch als distanziert und wenig einfühlsam. Mit Mietern kommunizierte sie in der Regel schriftlich und nicht selten fordernd. Das Vertrauen litt, die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit bröckelte zusehends.
Die Stadt versucht über die Personalie, wieder Ruhe bei der Bau GmbH zu schaffen
Irgendwann war auch die Geduld weiter Teile des Stadtrats und des Oberbürgermeisters erschöpft, der Hick immer wieder gegen Angriffe verteidigt hatte. Nun hat sich der Stadtrat, so berichten es Teilnehmende der entscheidenden Sitzung, gegen eine Verlängerung des Ende dieses Jahres auslaufenden Vertrags mit Hick gestellt – auch auf Druck des Aufsichtsrats, der sich noch im ausgehenden Jahr 2022 ziemlich bedeckt gehalten hatte. Eine Mehrheit gegen Hick war seinerzeit nicht absehbar.
Mit der jetzt beschlossenen Ablösung der Geschäftsführerin zum Jahresende versucht die Stadt, wieder Ruhe in ihrer vielleicht wichtigsten Tochtergesellschaft zu schaffen. Trotz diplomatischer Bemühungen war es dem OB als Chef des Aufsichtsrats und oberstem Dienstherrn Hicks nicht mehr gelungen, die zunehmend heiß gelaufene Debatte zwischen Teilen der Mieterschaft und der Bau GmbH zu befrieden. Die Beschwerden, die auch Güntner auf den Tisch bekam und die er in persönlichen Gesprächen abzufedern versuchte, entwickelten sich zu einem Grundrauschen, das an den Nerven aller Beteiligter zerrte. Schließlich sah man keinen anderen Weg mehr, als sich von der Geschäftsführerin zu trennen. Einen Neuanfang unter ihrer Führung trauten die meisten ihr nicht mehr zu.
Für manchen im Aufsichtsrat braucht es mehr, als die Chefin zu tauschen
Auf der offiziellen Tagesordnung des Mitte März wie immer nichtöffentlich tagenden Aufsichtsrats taucht das Thema nicht auf. Gesprächsstoff birgt die Sache gleichwohl, da nach dem beschlossenen Aus für Hick schon die Nachfolgediskussion eingesetzt hat. Ob die Stelle – wie damals bei Hick – von außen besetzt wird oder ob im Rathaus nach einer internen Lösung gesucht wird, ist gegenwärtig ebenso offen wie der künftige Kurs der Baugesellschaft. Mit dem Austausch der Geschäftsführerin, so mahnt ein Mitglied des Aufsichtsrats, sei es nicht getan. "Es braucht auch strukturell eine Neuausrichtung."
Der OB möchte sich zu der heiklen Personalie vorerst nicht äußern, da das Gespräch mit Hick noch ausstehe. Der umstrittenen Geschäftsführerin war schon vor der entscheidenden Stadtratssitzung Mitte Februar mitgeteilt worden, dass sie wohl keine Zukunft bei der Bau GmbH habe. Nach der Sitzung wurde sie über das Ergebnis informiert. Im Rathaus geht man davon aus, dass Hick ihren bis 31. Dezember laufenden Vertrag erfüllen werde. Eine Gesprächsanfrage mit Frist bis Donnerstagmittag hat Hick verstreichen lassen. Sie ist und bleibt für diese Redaktion nicht zu sprechen.
https://www.northdata.de/Kitzinger+Baugesellschaft+mbH,+Kitzingen/Amtsgericht+W%C3%BCrzburg+HRB+201
Wir Kitzinger Vermieter wissen, was hier gespielt wird ...
Die Frau ist laut Artikel was ihren Beruf betrifft "vom Fach". In Sachen Menschenkenntnis bedürfte es laut Artikel wohl mehr als nur Nachhilfe.
Leider sind solche Schwachstellen häufig bei sog. "Fachidioten". Es gibt eben auch Dinge die man nicht an Schulen, in Ausbildungen und auf Universitäten lernt.